FußballRFCUL-Neuzugang Yannis Tafer: Gelassen und heißhungrig

Fußball / RFCUL-Neuzugang Yannis Tafer: Gelassen und heißhungrig
Racing-Sportdirektor Ilies Haddaji (l.) ließ nicht locker und überzeugte Yannis Tafer (r.) sechs Monate später dann doch Foto: RFCUL

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Im zweiten Anlauf klappte es: RFCU Lëtzebuerg hat mit Yannis Tafer den bekanntesten Neuzugang der Winter-Transferperiode präsentiert. Dem Franko-Algerier, ausgebildet in Lyon, wurde in der Jugend eine große Karriere vorhergesagt. Nach zehn Jahren im Profigeschäft, davon ein Großteil in der Schweiz, betritt er in Luxemburg Neuland, doch ganz unvorbereitet ist der 29-Jährige nicht. 

Obschon er das Großherzogtum seit geschätzt „zehn Jahren“ kennt, hat Yannis Tafer weder ein BGL-Ligue-Spiel gesehen, noch in dieser Zeit ein Stadion besucht. Seine Frau, eine Luxemburgerin, und der Nachwuchs lebten bereits im Süden des Landes, als Tafer 2019 nach Tunesien wechselte. „Was den Fußball angeht, habe ich dagegen noch keine Kenntnisse von dem, was mich erwartet“, erzählte er gestern. Nach über einem Jahrzehnt im Profigeschäft ist diese Tatsache allerdings nichts, worüber sich der 29-Jährige aufgrund seiner Erfahrung große Gedanken macht. „Es bleibt ein Fußballspiel. Ich stelle mich da ganz einfach in den Dienst der Mannschaft.“ 

Genau dieser Verein buhlte seit über sechs Monaten um die Dienste des vielseitigen Offensivspielers. RFCUL-Sportdirektor Ilies Haddadji bekam im Sommer allerdings eine Absage von Tafer, der damals noch auf weitere Angebote warten wollte. „Ich hatte andere Gelegenheiten auf dem Transfermarkt und wollte im Ausland frisch durchstarten.“ Dazu kam es aber nicht – und der Offensivspieler war sechs Monate vereinslos. Erst im Dezember wurden die Gespräche wieder konkreter. „Für mich ist es eine familiäre Wahl. Es gab andere, exotischere Adressen. Aber noch einmal ohne meine Familie wegzugehen, das wollte ich diesmal nicht mehr. Ich freue mich, jetzt hier zu sein.“

Aufgrund des Interesses des Racing wendete sich Tafer deshalb an einen einstigen Weggefährten, der sich mit der BGL Ligue bestens auskennt: Mario Mutsch, der mit dem Franko-Algerier für St. Gallen spielte, bestärkte Tafer in seiner Wahl. Mit Jeff Saibene war er an gleicher Stelle einem anderen Luxemburger begegnet, an den er nur gute Erinnerungen hat. „Er holte mich damals aus Lausanne zu sich. Unter ihm spielte ich aus persönlicher Sicht meine beste Saison.“ Seinen neuen Coach, Régis Brouard, kennt er dagegen noch nicht – bis auf die Anekdote aus Quevilly und die Pokalsensation gegen Tafers Ex-Klub Lyon. „Es ist ein starkes Zeichen, dass ein Trainer wie er beim Verein aktiv ist. Das zeigt, dass es in Richtung Professionalismus gehen soll.“

Tafer, der in der kommenden Woche seinen 30. Geburtstag feiert, hat im Laufe seiner Karriere aber nicht nur Höhepunkte erlebt. Toulouse wurde zum „sportlichen Misserfolg“. Als große Nachwuchshoffnung gehandelt, verletzte sich der U20-Nationalspieler Frankreichs – damals erfolgreichster Torschütze – unmittelbar vor der EM. Fast eine komplette Saison verschwand er danach vom Radar und tauchte in der Schweiz wieder auf. Aber auch dort verfolgte ihn das Verletzungspech vor einem entscheidenden Moment: Als ihn Christian Gourcuff 2015 für die algerische Nationalelf berief, zog er sich in einem Nachholspiel mit St. Gallen eine Verstauchung zu. „Ich kann trotzdem nichts bereuen. Eine Nominierung ist ein Bonus für konstant gute Leistungen im Verein.“

Die will er jetzt auch beim Racing zeigen. Vor Ort mitbekommen wird das aber niemand – noch sind Zuschauer bekanntlich verboten. Tafer, der sich seit Sommer dank eines Fitnessprogramms eines Freundes fitgehalten hat, konnte es jedenfalls kaum erwarten, wieder in einer Kabine zu sitzen, Mannschaftsgefühl zu spüren und gegen einen Ball zu treten, wie er verriet. „Ich bin überzeugt, dass ich ganz schnell wieder bei 100 Prozent sein werde.“ Auf die Gegner wartet ein vielseitiger Offensivspieler: „Ich bevorzuge zentrale Positionen. Meine Stärken sind der Torriecher und meine Effizienz.“ Auf die BGL Ligue wartet demnach ein heißhungriger Neuzugang. 

„Hörte nie auf, zu laufen“

Man merkte, dass die Wertschätzung nach wie vor groß ist: Yannis Tafer hatte ausschließlich positive Erinnerungen an die gemeinsamen Zeiten mit Mario Mutsch, weshalb die Worte des Luxemburgers vor dem Transfer auch eine Rolle spielten. „Wir haben uns immer gut verstanden. Er ist Profi durch und durch. Er war immer einer der Besten bei den Fitnesstests. Obschon er damals älter war als viele andere, lief er immer. Er hörte nie auf, zu laufen. Aber auch außerhalb vom Platz ist Mario ein super Typ. Es überrascht mich nicht, dass er bereits für den Verband arbeitet. Es steht ihm noch eine große Zukunft bevor, jetzt da er seine Trainerausbildung in der Tasche hat.“ Klingt demnach so, als würde es bald ein Wiedersehen von zwei St. Gallern in Luxemburg geben. 

Steckbrief

Yannis Tafer
Geboren am 11. Februar 1991 in Grenoble, Franko-Algerier
Positionen: offensives Mittelfeld, Sturm
Bisherige Vereine: Olympique Lyon, Toulouse, Olympique Lyon (F), Lausanne-Sport, St. Gallen (beide CH), ES Sahel (TUN), Xamax (CH), vereinslos, RFCUL
Statistiken: Schweizer Super League: 188 Einsätze, 31 Tore; Ligue 1: 26 Einsätze, 1 Tor
Nationalmannschaft: Ehemaliger Jugendnationalspieler Frankreichs, U19-Europameister