Christine Majerus: Ein Vollblut-Profi

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Mit dem 4. Platz bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft in Valkenburg hat Christine Majerus erneut unterstrichen, dass sie zur absoluten Weltspitze gehört. Eigentlich brauchte es hierfür aber keinen Beweis mehr, denn die 30-Jährige fährt seit Jahren auf höchstem Niveau, und das nicht nur im Cyclocross.

Das Querfeldein ist zwar die große Leidenschaft der Sportlerin des Jahres, ihre Brötchen verdient sie allerdings bei den Straßenrennen. Und hier ist sie ein fester Bestandteil des wohl besten Damenteams der Welt. Zur festen Größe bei Boels-Dolmans sowie WM-Vierte im Cyclocross wird man nicht von ungefähr. Der Erfolg von Christine Majerus hat mehrere Gründe. Die wichtigsten haben wir genauer betrachtet.

Mentale Stärke

Um Radsport auf einem Top-Level zu betreiben, reicht es nicht, nur starke Beine zu haben. Der Kopf spielt eine entscheidende Rolle und ist wohl eine der größten Stärken von Christine Majerus. Als einzige Luxemburgerin in der Weltspitze steht sie bei jedem Rennen unter Beobachtung. Auch den Druck sowie die unzähligen Termine und Verpflichtungen im Rahmen der Heim-WM 2017 in Beles schien sie mühelos wegzustecken.

Das beste Beispiel für ihre mentale Stärke lieferte Majerus aber zu Beginn der letzten Straßensaison: Sie wurde in den ersten Rennen ständig von Krämpfen geplagt und wusste nicht, woran es liegen könnte. Trotz eines intensiven Winters – der sicherlich auch eine gewisse mentale Müdigkeit zur Folge hatte – blieb die Sportsoldatin fokussiert und schaffte es sehr schnell wieder auf ihr gewohntes Niveau. Als Belohnung hierfür sprang nichts Geringeres als der Gesamtsieg beim Festival Elsy Jacobs heraus.

Echter Teamspirit

Christine Majerus ist ein Teamplayer, eine Eigenschaft, die sie für ihre Equipe so wertvoll macht. In vielen Formationen wäre Majerus eine unumstrittene Leaderin. Bei Boels-Dolmans verbringt sie die meisten Rennen damit, für ihre Teamkolleginnen zu arbeiten. Auch wenn die meisten Radprofis beteuern, dass sie sich gerne für ihre Mannschaftsgefährten einsetzen, so sind es bei dem einen oder anderen nichts als Floskeln. Nicht aber bei Majerus. Ihre Freude bei einem Sieg einer Boels-Dolmans-Fahrerin ist nicht gespielt, davon kann man sich mehrmals in der Saison überzeugen.

Genau diese Teamfähigkeit ist ein Teil des Erfolgs der Luxemburgerin. Denn ihre Teamkolleginnen wissen den selbstlosen Einsatz von Majerus zu schätzen und stellen sich dann auch gerne mal in den Dienst der Cessingerin, wie zum Beispiel beim Festival Elsy Jacobs oder anderen Rennen, in denen Majerus Freiheiten genießt.

Akribische Arbeiterin

Christine Majerus überlässt nichts dem Zufall. Als sie das Projekt Beles 2017 anging, hat sich ein Team um sie herum aufgebaut, das sie den gesamten Winter über zu den Rennen begleitete. Somit war man für das Saisonhighlight richtig gut eingespielt. Auf die gleichen Helfer konnte Majerus auch dieses Jahr zurückgreifen.

Ihr Trainer Michel Zangerlé beschreibt seinen Schützling als äußerst ehrgeizige Perfektionistin. Im Spitzensport, wo es um minimale Unterschiede geht, eine unabdingbare Eigenschaft – neben dem Talent natürlich –, um es ganz nach oben zu schaffen. Das ist auch ein Grund, wieso Majerus sich mit 30 Jahren noch immer steigern kann. Im physischen Bereich wird sie keine großen Sprünge mehr machen, aber die Erfahrung spielt eine wichtige Rolle. Jedes Rennen, jedes Training bringt neue Erfahrungswerte, die Majerus auch zu nutzen weiß.

Beständigkeit

Grafik: Editpress

Ein 6. Platz bei der Straßen-Weltmeisterschaft im September 2017 in Bergen, ein 4. Platz bei der Cyclocross-WM im Januar 2018 in Valkenburg. Majerus ist einer der wenigen Sportler, die es schaffen, äußerst konstant auf hohem Niveau zu fahren. Im Damenradsport hat man es schon öfter gesehen, dass es dominierende Fahrerinnen gab, die aber nach wenigen Jahren in ein Loch fielen, zum Beispiel Marianne Vos oder Pauline Ferrand-Prévot.

Es ist aber nicht nur die Konstanz, die Majerus auszeichnet, sondern auch die Fähigkeit, im richtigen Moment noch eine Schippe draufzulegen. Das zeigt ihre Cyclocross-Saison (siehe oben stehende Grafik). In den letzten Jahren lag die Luxemburgerin im UCI-Ranking zwischen Platz 19 und 13. Bei der WM schaffte sie es immer unter die Top Ten. Ähnlich sieht es auf der Straße aus. Auch hier hat man den Eindruck, dass Majerus immer noch einen Gang hochschalten kann, wenn sie die Möglichkeit erhält, auf ein persönliches Resultat zu fahren.

Dankbar und engagiert

Dass sich Sportler nur für „ihren“ Sport interessieren, trifft in keinster Weise auf Christine Majerus zu. Sie weiß, dass sie durch ihren Sport eine Person des öffentlichen Lebens ist und damit auch eine gewisse Verantwortung einhergeht.

Majerus schreckt auch nicht davor zurück, ihre Meinung zu äußern, ob es sich nun um gesellschaftliche Themen handelt oder aber um den Sport. Auch hier redet sie dann Klartext, wenn andere sich lieber bedeckt halten. „Dass die dopende Russin Olga Zabelinskaya mitfahren darf, ist eine Ultra-Sauerei und sie hat mir schon in London einen Platz geklaut“, so die Luxemburgerin vor den Olympischen Spielen in Rio.
Zudem zeigt sich die Radfahrerin sozial engagiert. Im Rahmen der Cyclocross-WM in Beles hat sie zum Beispiel T-Shirts verkauft und den Erlös an die Fondation Kim Kirchen gespendet. „Der Sport hat mir sehr viel gegeben und ich meine, dass es wichtig ist, auch etwas zurückzugeben“, erklärte Majerus hierzu. Athleten, die auch über ihren Sport hinaus etwas bewirken wollen, sind jedenfalls eine Bereicherung für die Gesellschaft.