Ein neues Geschäftsfeld

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(Eric Rings)

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Estland will seine sensiblen digitalen Daten außer Landes lagern und sichern. Dazu hat das baltische Land Luxemburg ausgesucht. Gestern wurde das Abkommen zur weltweit ersten digitalen Botschaft unterschrieben. Hat das Vorhaben Erfolg, könnte Luxemburg sich zum Vorreiter eines neuen Geschäftsfeldes profilieren.

Für Luxemburg bahnt sich ein neues Geschäftsmodell an. Am Dienstag hat das Großherzogtum das weltweit erste Abkommen einer digitalen Botschaft (oder E-Embassy) mit Estland unterschrieben. In anderen Worten: Estland ist das erste Land, das seine sensiblen digitalen Daten in Luxemburg aufbewahren wird. Anfang 2018 soll die „E-Embassy“ operationell sein. „Ich bin zuversichtlich, dass weitere Länder dem Beispiel folgen werden“, so Luxemburgs Premier Xavier Bettel gestern vor der Presse. Zurzeit befindet sich Estlands Premierminister Jüri Ratas auf Arbeitsvisite in Luxemburg.

Den Haag

Im Fokus der Arbeitsvisite aus Estland stand die digitale Agenda. Auf dem Programm stand ebenfalls die Zukunft der EU nach dem Brexit. Dazu sagte Bettel: „Es gibt keinen ’soften‘ oder ‚harten‘ Brexit, es gibt einfach nur den Brexit.“ Zur Migration sagte Luxemburgs Premier: „Wir brauchen Langzeitlösungen. Wir reden nicht über Güter, sondern über Menschen.“
Heute finden zwei Gipfel der Benelux-Staaten in Den Haag statt. Einmal mit den baltischen Staaten und einmal mit den nordischen.

Luxemburg hortet bereits die Daten der EU-Kommission. „Das Ganze folgt der Strategie ‚Digital Luxembourg‘ mit High-Speed-Netzwerken speziell für Datenzentren“, erklärt Bettel. „Die sogenannte ‚digitale Revolution‘, wie sie manche nennen, bedeutet Evolution, wenn wir fähig sind, die Sache in die Hand zu nehmen. Es wird Revolution, wenn wir unfähig sind. Und es wird ein Albtraum, wenn wir gar nichts tun“, so Bettel. Luxemburgs Premier betont, dass man im digitalen Bereich EU-weit schnell voranschreiten sollte. Staaten, die nicht mitmachen wollen, sollen die anderen, schnell voranschreitenden ziehen lassen.

Zumindest die Zusammenarbeit zwischen Luxemburg und Estland stimmt in diesem Bereich. „Beide Länder haben eine fruchtbare Beziehung in den Bereichen ‚digital‘ und ‚cyber’“, so Ratas. „Unser gemeinsames Ziel ist die freie Datenbewegung.“ Der Schwerpunkt der Visite liegt auf der digitalen Agenda. Luxemburg habe maßgeblich zur Internet-Reichweite des NATO-Cyber-Verteidigungszentrums in Tallinn beigetragen, so Estlands Premier.

Die Sicherung von Daten

Aber wozu dient eigentlich eine digitale Botschaft? Es geht um die Sicherung von Daten. Diese werden außerhalb des eigenen Territoriums gelagert und abgesichert. In diesem Fall hat nur Estland das Recht, die Daten abzurufen.“ Es war unser Anliegen, ein Datenzentrum außerhalb Estlands zu finden“, so Ratas. „Wir hatten mehrere Länder auf dem Radar und haben uns für Luxemburg entschieden.“ Dieser Entschluss sei heutzutage in einer zunehmend digitalisierten Welt sehr wichtig.

„Man gibt einem Datenzentrum die gleichen Privilegien wie einer Botschaft, wie zum Beispiel die Unverletzbarkeit des Ortes oder die Sicherheit der Daten“, erklärt Gilles Feith, Direktor des IT-Zentrums der Regierung (CTIE). Dies seien die gleichen Privilegien, die die Wiener Konvention für Botschaften vorsehe. Diese Privilegien werden nur umgeleitet auf einen Raum, der sich in einem Datenzentrum befindet. In diesem Fall befindet sich der Raum in Betzdorf. „Das ist völlig neu. Das Konzept aber sehr alt“, so Feith. „E-Embassy ist einfach ein IT-Raum in einem Datenzentrum.“

„Niemand darf in diese Informationen oder Daten einsehen“

Dieser wird Estland durch die luxemburgische Regierung zur Verfügung gestellt. Dort seien Informationen gespeichert, die dem Staat Estland gehören. „Niemand darf in diese Informationen oder Daten einsehen, nur der Staat Estland selber“, betont Feith. „Alles wird aus der Ferne gesteuert und nur Estland ist damit verbunden.“ Das Abkommen muss noch vom Luxemburger Parlament ratifiziert werden.

Doch wie steht es um die Sicherheit? Die Cybersicherheit ist noch keine präzise Wissenschaft. Bettel sagt: „Risiken gibt es überall. Wir tun alles, was wir können.“ Wenn die EU-Kommission ihre Daten in Luxemburg ablegt, heißt dies, dass wir keine Anfänger sind.“ Estland habe Untersuchungen gestartet, um zu sehen, welche Garantien Luxemburg biete, und hat sich dann für das Großherzogtum entschieden.

Gilles Feith und sein Amtskollege in Estland haben sich getroffen und über die Bedingungen diskutiert. Diese wurden alle erfüllt. Auch gibt es detaillierte Schutzmaßnahmen. Luxemburg habe den höchsten Standard, den man heutzutage auf dem weltweiten Markt bekommen könne, so Bettel. Das Großherzogtum gehöre weltweit zu den Top-Rankings im Bereich Datenzentrum.

„Luxemburg ist dabei, sich zum Zentrum des digitalen Vertrauens zu entwickeln“, so Feith. Gestern sei es ein Zentrum des Vertrauens für die Banken gewesen. „Luxemburg hat die höchste Dichte an Datenzentren. In Deutschland oder Frankreich gibt es das nicht in dieser Form. Und dies, gekoppelt an die Garantien eines Staates mit Triple A, ist sehr solide.“