Hybrid-TeachingUni.lu: An neuer Form der Lehre scheiden sich die Geister

Hybrid-Teaching / Uni.lu: An neuer Form der Lehre scheiden sich die Geister
Hört man nur auf den öffentlichen Diskurs, dann könnte man meinen, dass das Hybrid-Teaching eine große Errungenschaft sei. Dabei ist diese Form der Lehre nur eine Art Ersatz, damit die Uni.lu überhaupt funktionieren kann.  Foto: Editpress/Alain Rischard

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Zum Wintersemester wurde eine neue Form der Lehre an der Uni.lu eingeführt: das „Hybrid-Teaching“. Es soll den Betrieb an der Uni ein wenig normalisieren. Doch die Meinungen über diese Mischform des Unterrichts gehen weit auseinander. Studenten, Dozenten und Uni-Mitarbeiter berichten über ihre Erfahrungen. 

Eigentlich habe man keine andere Wahl. Das „Hybrid-Teaching“ sei Teil einer neuen Phase der Risikosteuerung der Pandemie. Immerhin besser als die völlige Distanz des letzten Semesters, sagt Prof. Dr. Stefan Braum, Strafrechtsprofessor und Studiendirektor des Masterstudiengangs „Droit pénal européen des affaires“ an der Uni.lu. Gegen diesen Umstand habe er nichts einzuwenden, weil es eine sachgerechte Art sei, mit der gegebenen Situation umzugehen. Dennoch hat Braum ein paar Bedenken. Doch dazu später.

Was ist eigentlich Hybrid-Teaching? – Um einerseits prall gefüllte Hörsäle an der Uni zu vermeiden und um andererseits den Studenten zu ermöglichen, nicht nur zu Hause vor dem Laptop zu hocken, wird für das aktuelle Wintersemester eine Mischform der Lehre angeboten. In der Praxis sieht das so aus: Nur eine begrenzte Zahl an Studenten darf in den Hörsälen Platz nehmen, damit die nötige Distanz eingehalten werden kann. Die restlichen Studierenden sitzen zu Hause, oder zumindest nicht im gleichen Hörsaal, und bekommen den Kurs über Webex zugestreamt.

In den synchronen Wochen findet normaler Unterricht statt. Hier kann der Dozent selbst entscheiden, ob er diesen im kompletten „Remote“-Modus hält (hier sind sowohl die Studenten als auch der Dozent zu Hause über Webex verbunden) oder im Hybrid-Modus. Eine Mitarbeiterin der Uni.lu sagt im Tageblatt-Gespräch, dass sich nur wenige Dozenten für den Hybrid-Modus entscheiden würden. Dafür gebe es verschiedene Gründe. Einer davon sei der enorme Mehraufwand, der damit zusammenhängt.

In den asynchronen Wochen findet kein normaler Unterricht statt. Hier verteilen die Dozenten lediglich Aufgaben, Gruppenarbeiten, Leseaufträge usw. Diese werden von den Studenten dann selbstständig oder auch in Gruppen auf dem Campus gelöst. Die Idee dahinter ist, dass nicht alle Studierenden jede Woche vor dem Laptop sitzen müssen, sondern davon eine kleine Pause bekommen. Aber in der Realität seien auch diese asynchronen Wochen ein erheblicher Mehraufwand, sagt die Mitarbeiterin. Dies beziehe sich auf die komplexe Übermittlung von Inhalten, da in den asynchronen Wochen kein direkter Kontakt stattfindet.

Hybrid-Teaching verursacht erheblichen Mehraufwand

Dass das Hybrid-Teaching ein Mehraufwand an Arbeit für die Lehre ist, kann auch Stefan Braum bestätigen. Einen erheblichen Mehraufwand bedeute das Hybrid-Teching aber nicht nur für Professoren, sondern insbesondere für die Leute in der Verwaltung, sagt er. Diese würden sich sehr engagieren, damit dieser Ansatz in die Praxis umgesetzt werden kann. Dazu gehört die Organisation der Räumlichkeiten. Auch müssen die Protokolle und die Distanzierungen eingehalten werden.

Eine Mitarbeiterin der Uni.lu, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sagt, dass es für die Universität, im Zuge der Sparmaßnahmen aufgrund der Coronakrise, eine sehr hohe finanzielle Belastung sei, deren Sinn man hinterfragen sollte. Auch verfüge die Uni nicht über die nötige Manpower, um dies umzusetzen. „Alle administrativen Stellen sind unterbesetzt.“ Dies gelte sowohl für die IT-Stellen als auch für das Studiensekretariat. Letzteres komme nicht mit den Anmeldungen der Studenten hinterher. Auch bemängelt sie, dass das Hybrid-Teaching sehr kurzfristig auf die Beine gestellt wurde. Zumindest herrschte lange keine Klarheit über die genaue Umsetzung dieser Lehrform. Sie fragt: „Was wurde eigentlich im Sommer gemacht?“

Manchmal seien zudem bizarre Wünsche an die Verwaltungen gerichtet worden, so die Mitarbeiterin. Jemand habe sich wohl Prioritäten bei der Reservierung von Räumlichkeiten verschafft. Daraufhin mussten über hundert Umbuchungen innerhalb kürzester Zeit erfolgen, damit bestimmte Hörsäle auf einmal für das komplette Semester reserviert werden konnten, sagt sie.

Wenn das in dem Tempo weitergeht, dann wird bald wieder alles auf Distanzunterricht umgestellt werden.

Uni-Mitarbeiterin

Die Mitarbeiterin macht sich zudem Sorgen, ob das Hybrid-Teaching ein ganzes Semester Bestand haben wird. In der ersten Woche habe es bereits elf positive Infektionsfälle an der Uni.lu gegeben. „Wenn das in dem Tempo weitergeht, dann wird bald wieder alles auf Distanzunterricht umgestellt werden.“ Aber dann sitze die Uni auf den Kosten der bereits beim Fonds Belval reservierten Räume. Diese könne die Uni nicht stornieren. Zudem sitze man dann auf den Anschaffungskosten der teuren Technik samt Mikrofonen.

Allgemeine Unzufriedenheit auf dem Campus

Die Stimmung auf dem Campus sei nicht gut. Man spüre eine allgemeine Unzufriedenheit. Die Uni-Mitarbeiterin versteht nicht, was das Hybrid-Teaching an Mehrwert bringen soll, und nennt ein Beispiel: „Acht Studenten sitzen im Präsenzunterricht und die anderen zu Hause und sind per Webex zugeschaltet. Was ist daran innovativ? Das verstehe ich nicht.“

Sie stört sich daran, dass das Hybrid-Teaching nach außen als ein Prestige-Konzept vermittelt wird. So eine Art Aushängeschild, sagt sie. Und gleichzeitig fühlen sich die Leute in den Administrationen in ihrer erheblichen Mehrarbeit nicht gewürdigt.

Acht Studenten sitzen im Präsenzunterricht und die anderen zu Hause und sind per Webex zugeschaltet. Was ist daran innovativ? Das verstehe ich nicht.

Uni-Mitarbeiterin

Auch Professor Braum stößt sich an der Tatsache, dass Hybrid-Teaching und die Digitalisierung der Lehre in der öffentlichen Darstellung „ein wenig überschätzt werden“. Er sagt: „Aber das ist nur ein Ersatz, der uns angesichts der Pandemie in die Lage versetzt, so gut wie möglich noch universitäre Lehre zu betreiben.“ Man dürfe nicht verkennen, dass damit inhaltlich ein Verlust an Qualität in der Lehre verknüpft sei. „Dieser unmittelbare Kontakt, dieser Austausch mit den Studierenden, das gemeinsame Nachdenken und Reflektieren, das Erarbeiten von wissenschaftlichen Inhalten, das alles kann in der digitalen Form des Distanzunterrichts nicht geleistet werden.“

Braum sagt, dass er für dieses Semester seine Lehrinhalte anders darstelle, als er es normalerweise tue, weil bestimmte Formen der direkten Kommunikation wegfallen. Man müsse akzeptieren, dass dies qualitativ nicht dasselbe sei. Kein noch so tolles digitales Instrument könne den direkten Kontakt zu den Studierenden ersetzen. „Das müsste in der Öffentlichkeit deutlicher zum Bewusstsein kommen“, sagt er. Eine der Stärken des Campus in Luxemburg sei es, dass man sich fast unmittelbar um jeden Studenten kümmern könne. Deswegen habe man auch stets viele Bewerber gehabt. Dies werde ein wenig verkannt, indem man mitunter die Digitalisierung der Lehre politisch als etwas besonders Erstrebenswertes darstellt.

Meine Befürchtung ist, dass Haushaltspolitiker am Ende auf die Idee kommen, dass digitales Lernen und Unterrichten viel billiger ist

Prof. Dr. Stefan Braum, Strafrechtsprofessor und Studiendirektor

„Meine Befürchtung ist, dass Haushaltspolitiker am Ende auf die Idee kommen, dass digitales Lernen und Unterrichten viel billiger ist“, sagt er. Und dass man nach und nach die Öffentlichkeit der Lehre stückweise zurückfahre. Da sollte man aufpassen.

Dozenten müssen ihre Kurse umgestalten

Für Dozenten bedeutet das Hybrid-Teaching, dass sie ihren Kurs umgestalten müssen. Im Hybrid- oder Remote-Modus wird eine andere Konzeption des Stoffs erforderlich, als dies im reinen Präsenzunterricht ist. Hinzu kommt der informelle Teil. Nach den Kursen haben Studenten oft Fragen, Anregungen oder wollen etwas diskutieren. Dieser wichtige Teil muss auf E-Mails ausweichen. Bei über 20 Studenten pro Kurs ist kein reiner Präsenzunterricht mehr möglich.

Wie kann man sich nun einen Kurs im Hybrid-Format vorstellen? Da die Hörsäle in Belval nicht mit zentralen Kameras ausgestattet sind, muss der Dozent seinen Laptop aufstellen und das Webex-Programm starten. Die integrierte Kamera des Geräts filmt den Dozenten. Dieses Bild wird an jene Studenten übertragen, die nicht im Hörsaal sitzen. Für die Tonübertragung hat der Dozent zwei Mikrofone zur Verfügung. Eines ist für den Hörsaal gedacht, das andere für die Übertragung. Möchte der Dozent während seines Vortrags herumlaufen, muss er beide Mikros mitnehmen. Zum Beispiel eins an seinem Gürtel befestigen und das andere in der Hand halten. Dabei muss er darauf achten, dass er sich nicht aus dem Kamerabild bewegt, weil ihn sonst die Studierenden zu Hause nicht mehr sehen. Hinzu kommt die Maskenpflicht. Diese gilt nicht, wenn der Dozent vorne steht oder sitzt. Läuft er herum, muss er den Atemschutz zwingend anziehen.

Manche Dozenten wollen ihre Studenten am Anfang des Semesters einmal sehen und begrüßen. Handelt es sich um eine größere Gruppe, dann muss diese gesplittet werden. Einige Dozenten geben auf freiwilliger Basis den gleichen Kurs mehrmals hintereinander, damit sie alle Studenten einmal sehen können. Es ist also ein Mehraufwand, den manche in Kauf nehmen. Andere wiederum verzichten auf den Hybrid-Modus und stellen ganz auf Distanz um.

Die Uni hat sich verändert. Für die Studenten ist diese ‚Rentrée’ so, als würden sie zum ersten Mal zur Uni gehen.

Estelle Née, Studentin und Mitglied der Studentenvereinigung UNEL

Das Hybrid-Teaching bedeutet für Dozenten und Verwaltung einen enormen Mehraufwand. Aber was sagen die Studenten zu dieser neuen Form der Lehre? Estelle Née, Studentin an der Uni.lu und Mitglied der Studentenvereinigung UNEL („Union nationale des étudiant-e-s du Luxembourg“), sieht das neue Konzept eher optimistisch, wobei auch sie auf manche Probleme hinweist. „Die Uni hat sich verändert“, sagt sie. „Für die Studenten ist diese ‚Rentrée’ so, als würden sie zum ersten Mal zur Uni gehen.“ Da seien die sanitären Maßnahmen wie Treppenhäuser, die nur nach oben oder nach unten führen, damit sich die Leute so wenig wie möglich kreuzen. Oder die Desinfektionsmittel, die Sicherheitsabstände, die nun omnipräsent seien. Und die neue Art der Lehre, das Hybrid-Teaching.

Technische Probleme beim Distanzunterricht

Letzteres sei eine Maßnahme, die es den Studenten ermögliche, teilweise wieder an Präsenzkursen teilzunehmen. Auf diese Weise könne man eine Art Normalität ins Studium bringen. „Vor der Sommerpause lief alles auf Remote, also nur über Distanzunterricht.“ Dies habe einige Probleme mit sich gebracht, sagt sie. „Es gab technische Probleme und alles war sehr unpersönlich, weil der Austausch nur digital war.“ Man habe bei einer Debatte dem anderen nicht ins Gesicht schauen können. „Die Leute haben sich hinter dem Bildschirm versteckt“, sagt sie. „Die Tatsche, dass wir jetzt wieder dahin gehen können, dass ein Dozent einen Kurs live in einem Hörsaal geben kann, bedeutet, dass die Qualität der Kurse steigt. Der Austausch ist viel interessanter.“

Née sagt, dass es eine große Nachfrage durch die Studenten gab, wieder an die Uni gehen zu dürfen. Manche konnten sich zu Hause nicht konzentrieren, weil es zu viel Ablenkung gab. „Man braucht sehr viel Disziplin, um auf sich alleine gestellt ein Studium im digitalen Format durchzuziehen.“ Ein weiterer Vorteil des Hybrid-Teachings sei die Tatsache, dass vulnerable Studenten zu Hause bleiben können und trotzdem auf einem Status quo mit den anderen Studierenden sind, weil sie genauso wie die anderen über den Stream aus dem Hörsaal alles mitverfolgen können. „Wir sind froh, dass wir wieder auf dem Campus sein können, um etwas mehr Leben hineinzubringen.“ Die meisten Menschen würden wieder zur Arbeit fahren, die Schulen haben geöffnet, und die Studenten sollten auch an ihre Uni dürfen, sagt sie.

Das Feedback, das die UNEL durch die Studierenden bekam, war durchweg positiv. Viele Studenten seien froh darüber, weiter online arbeiten zu können und dennoch im Präsenzunterricht mit anderen Leuten interagieren zu können. „Laut unserem Feedback sind sich die Studenten mehr oder weniger einig, dass das Hybrid-Teaching gut klappt“, sagt Née. Die Uni.lu setze sich dafür ein, dass das alles gut funktioniert. Née zieht einen Vergleich mit unseren drei Nachbarländern und sagt, dass dies dort keineswegs so gut ablaufe.

Dennoch kann die UNEL-Vertreterin nicht leugnen, dass es auch Probleme gibt. In der ersten Woche seien teilweise zu viele Studenten in den Hörsälen gewesen. Die vorgeschriebene Distanz konnte so nicht immer eingehalten werden. Dies müsse man nun weiter beobachten. Als Reaktion darauf seien nun den Studierenden dieser Kurse größere Räume zur Verfügung gestellt worden. Dennoch meint Née, dass auch wenn einige Studenten mehr im Hörsaal sitzen, die Uni immer noch konform mit den Regeln sei, da die Studenten während der Kurse ihre Maske tragen müssen.

Andererseits sei diese Woche auch das gegenteilige Phänomen aufgetaucht. In manchen Kursen waren zu wenig Leute. Das sei an sich nicht wirklich ein Problem, dennoch könne es passieren, dass Dozenten sich in der Folge dazu entscheiden, den Kurs nur noch per Distanz anzubieten. Dies führe wiederum zu Unzufriedenheit bei jenen Studenten, die unbedingt am Präsenzunterricht festhalten wollen. Aus diesem Grund habe man nun angefangen, sich anders zu organisieren. Es wurden zwei Gruppen gegründet. Die erste besteht aus Studierenden, die lieber einen Präsenzunterricht haben. In der zweiten Gruppe seien jene, die lieber zu Hause angestreamt werden wollen. Die Situation an der Uni werde also am laufenden Band evaluiert und verbessert, erklärt Née.

Das Hybrid-Teaching habe ein weiteres Problem hervorgerufen, das man nun dabei sei, zu lösen, so die Vertreterin der Studentenvereinigung. „Es geht um den Stundenplan“. Sie gibt ein Beispiel: „Student X hat morgens von 8 bis 9 Uhr Präsenzkurs an der Uni. Danach hat er 15 Minuten Zeit, um sich in einen anderen Kurs einzuloggen, den er über den Stream verfolgen soll.“ Diese Zeit reiche nicht aus, um nach Hause zu gehen. „Die Studenten wohnen ja nicht alle in Esch.“ Dies habe dann zur Folge, dass die Studierenden sich in die Bibliothek oder in sonstige Räumlichkeiten der Uni zurückziehen, um ihren Kurs über den Laptop zu verfolgen. Aktiv könnten sie allerdings nicht mitmachen, da sie an den meisten Orten, wie zum Beispiel in der Bibliothek, still sein müssen. „Dieses Problem wurde wohl bei der Aufstellung der Stundenpläne nicht in Betracht gezogen“, sagt Née. „Wir sind gespannt darauf, wie das nun in Zukunft gehandhabt werden wird“, sagt sie.

BéGé
4. Oktober 2020 - 9.39

Well aus den aalen Unien an Heechschoulen elauter Haalwerweisen erauskomm sinn , waar ët heech Zeit an der fonkelneier Uni.lu Genien ze schaafen. Un engem Schléifer aus Bréissel ze erwaachen an déi aal Uni-an Heechschoulbraaken zu Pareis , Lêick,Aachen ,Zürich an esou weider zu nëtzlecheren Zwecken emzebauen an hier Studenten op Esch emzesiedelen , oder ?

Erasmus
3. Oktober 2020 - 16.11

Zënter 1088 wou zu Bologna déi éischt Uni gegrënnt gouf huet sech net vill geännert, et gëtt héich Zäit.