Tageblatt-Serie / Teil 4Lëtzebuerg lieft Sport: Der Sportkoordinator auf lokaler Ebene – ein Stellenprofil mit Spielraum 

Tageblatt-Serie / Teil 4 / Lëtzebuerg lieft Sport: Der Sportkoordinator auf lokaler Ebene – ein Stellenprofil mit Spielraum 
In Bettemburg findet der koordinierte Freizeitsport im Schwimmbad-Komplex statt. Organisiert wird der Kursplan von Sportkoordinator Kevin Fickinger. Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Im vierten Teil der Tageblatt-Serie „Lëtzebuerg lieft Sport“ wird die Funktion des Sportkoordinators analysiert. In acht Gemeinden oder Syndikaten ist bereits ein Beauftragter für die Entwicklung und den Ausbau des Sportangebots im Einsatz. Kevin Fickinger ist beispielsweise seit August 2014 in Bettemburg und Leudelingen für Bewegungskonzepte bei Jung und Alt zuständig. Ein Überblick.

Die Mission des Sportkoordinators: Kevin Fickinger hat sich nach seinem Abschluss in Sportmanagement eigentlich nie langfristig in einer Sekundarschullehrer-Rolle gesehen. Doch das Angebot auf dem Arbeitsmarkt war beschränkt. Erst als das Gemeindesyndikat Bettemburg-Leudelingen nach einem Bewegungs-Beauftragten suchte, öffnete sich 2014 diese neue Perspektive. Das erste Jahr verbrachte der Sportkoordinator damit, Kontakte im neuen Umfeld zu knüpfen: „Es ging darum, eine Bestandsaufnahme des Angebots zu machen.“ Mit dem Hintergedanken, auf Syndikatsebene vereinsunabhängige Freizeitaktivitäten anzubieten, also ohne eine Art von Konkurrenz für die bestehenden Klubs darzustellen. „Es gab vom ersten Tag an großes Interesse für unterschiedliche Programme, die nicht unbedingt an eine spezifische Sportart gebunden sind“, erinnert er sich.

Die Ziele: Sport für alle attraktiv und zugänglich machen – das ist die Hauptdevise des Jobs. Fickinger nannte im nächsten Atemzug aber ebenfalls drei weitere Aspekte: „Dann geht es gleichzeitig darum, Bewegung sowie Spaß an sportlichen Aktivitäten im frühen Alter zu fördern.“ In Bettemburg und Leudelingen findet parallel zu den Lasep-Stunden ein vom Syndikat organisiertes „Sport for Kids“-Programm statt. „Es ist eine Art Basis für Psychomotrizität und Bewegung. Wir wollten etwas für diejenigen anbieten, die sich aufgrund ihrer Veranlagungen in einem Sportverein noch nicht zurechtfinden würden.“ Dies führt unmittelbar zu Mission Nummer drei: „Sensibilisieren, um die Vorteile des Sports zu veranschaulichen.“ Einbegriffen sind sowohl Werbung als auch ein umfangreiches Angebot, das sich nach den Bedürfnissen der unterschiedlichen Altersklassen richtet. In diesem Sinne stellt der Sportkoordinator dann auch die erste Anlaufstelle für Bürger und Vereine dar, um Informationen zu zentralisieren und zu verteilen. 

Die Sorgen der Präsidenten: Ein regelmäßiger Austausch mit den lokalen Vorstandsmitgliedern ist das A und O. Wenig überraschend haben wohl alle Sportkoordinatoren mit ähnlichen Probleme zu kämpfen: „Wenn es ein Streitthema gibt, dann meistens die Auslastung der Sporthallen.“ Nachdem das Bettemburger Schwimmbad 2005 eröffnet wurde, konnten aufgrund der finanziellen Beteiligung des Sportministeriums im Januar 2019 die „Sport-loisir“-Halle sowie ein Indoor-Cycling-Raum im gleichen Komplex eröffnet werden. Somit hat der Freizeitsport seine eigenen vier Wände bekommen – und wieder etwas mehr Luft im Aufteilungsplan der Mehrzweckhallen geschaffen. Der sogenannte lokale „Masterplan“ soll eine optimale Aufteilung garantieren. „Der Wille des Sportministeriums, zu helfen und zu entwickeln, ist da. Das LTAD-Konzept ist ein weiterer Beweis dafür.“

Der Strippenzieher: Als Sportkoordinator steht Kevin Fickinger nicht nur in Kontakt mit Vereinen, sondern mit vielen anderen Akteuren der Bewegungsförderung. Lasep sowie Schulen und „Maison relais“ sind weitere Partner, deren Mitarbeit im jungen Alter unabdingbar ist. „Das fängt schon damit an, dass geplant werden muss, wie die Kinder von der ‚Maison relais’ bis zur Halle gebracht werden können.“ 

Der offizielle Austausch: Es ist eine Erfahrung, die Kevin Fickinger bereits 2014 gemacht hat: „Man steht nach der Einstellung eigentlich vor einer weißen Tafel. Die Gemeinden kannten die Funktion des Sportkoordinators vorher nicht. Eine klare ‚Job-Description’ gibt es nicht, jeder hat andere Vorstellungen von den Aufgaben. In größeren Gemeinden gab es möglicherweise schon einen ‚Service des sports’, aber in kleineren Gemeinden beginnt man sozusagen bei null. Deshalb werden jetzt mit allen anderen Sportkoordinatoren Richtlinien ausgearbeitet.“

Workshops, organisiert von der Eneps („Ecole nationale de l’éducation physique et des sports“), bringen die Koordinatoren regelmäßig an den gemeinsamen Tisch. Die Profile der acht Koordinatoren reichen derzeit von Diplomierten aus dem sozialen Bereich bis hin zu ehemaligen Profisportlern: „Jeder hat also andere Herangehensweisen.“ Selbst die Karrieren, unter denen der Sportkoordinator eingestellt wird, sind nicht in jeder Gemeinde gleich. Auch Fickinger gehört zu diesem Team, das es den nächsten Koordinatoren leichter machen will. „Es fließt sehr viel Input bei unseren Gesprächen hinein. Die Eneps will den Pool zusammenbringen, damit in Zukunft landesweit in die gleiche Richtung gezogen wird.“ Das Sportministerium beteiligt sich zudem in den ersten drei Jahren an den finanziellen Ausgaben der Gemeinden, die einen neuen Posten für den Sportkoordinator schaffen – und kommt für 50% des Mindestlohns auf. 

Der Stand der Dinge: Im interkommunalen 14.000-Einwohner-Syndikat bestehen momentan 14 aktive Sportvereine. König Fußball wird beispielsweise sowohl in Nörtzingen als auch in Bettemburg gespielt. Leudelingen setzt auf Futsal. Im „An der Schwemm“-Gebäude entstand durch den Impuls des Sportkoordinators über die Jahre ein weitläufiges Programm. Sechsmal pro Woche betreuen ausgebildete Trainer die 55 Stunden des angebotenen Freizeitangebots: Von Hip-Hop für Jugendliche über Pilates, Qi Gong und Aqua-Jogging bis hin zur Ü55-Tanzgruppe. „Im August 2018 wurde der erste Trainer eingestellt.“ Was mit einer Gruppe von zehn Freelance-Coaches begann, ist zu einem Aufgebot von 18 Personen gewachsen. 

Der Erfolg war vom Start weg enorm: Im ersten Jahr schrieben sich gleich über 300 Menschen ein. Im laufenden Trimester 2022/23 sind es über 800 beim „Sport Loisir“ und 278 „an der Schwemm“. Einige Kurse sind innerhalb weniger Stunden ausgebucht. Da die einheimischen Bürger zwei Wochen Vorlaufzeit bekommen, ist es möglich, dass beispielsweise bei den sehr beliebten Schwimmkursen kaum bis gar keine Plätze für Menschen aus benachbarten Gemeinden öffnen. 

Die Kurse für Freizeitsportler werden allesamt von ausgebildeten Trainern geleitet – damit das Verletzungsrisiko auf ein Minimum reduziert werden kann
Die Kurse für Freizeitsportler werden allesamt von ausgebildeten Trainern geleitet – damit das Verletzungsrisiko auf ein Minimum reduziert werden kann Foto: Editpress/Hervé Montaigu