Straßburg„Chef einer kriminellen Bande“: Julia Nawalnaja spricht vor EU-Parlament

Straßburg / „Chef einer kriminellen Bande“: Julia Nawalnaja spricht vor EU-Parlament
Julia Nawalnaja rief die EU-Parlamentarier dazu auf, innovativ zu sein bei ihrem Vorgehen gegen Wladimir Putin Foto: AFP/Frederick Florin

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Julia Nawalnaja hielt am Mittwoch eine Rede im Europäischen Parlament (EP), in der sie die EU unter anderem dazu aufforderte, den russischen Machthaber Wladimir Putin auf andere Weise als mit Resolutionen und Sanktionen zu bekämpfen.

Es war eine emotionsgeladene Begegnung, die sich gestern in Straßburg zwischen der Witwe des in einer russischen Strafkolonie ums Leben gekommenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und den EP-Abgeordneten abspielte. Es war mehr als eine symbolische Geste, Julia Nawalnaja im Plenum das Wort ergreifen zu lassen. Vielmehr ging damit die Botschaft einher, dass für die Menschen in Russland, die in Freiheit und in einer Demokratie leben wollen, die Hoffnung nicht verloren ist.

Mit einem tiefen Seufzer setzt Julia Nawalnaja an und erzählt, dass sie bereits mehrmals in Straßburg war, mit ihrem Mann, Alexej Nawalny. Und dass dieser die Stadt nun nicht mehr sehen werde. Die vergangenen Tage habe sie damit verbracht, den Leichnam ihres Mannes zurückzubekommen und das Begräbnis vorzubereiten. Dieses werde am Freitag stattfinden, verkündet die sichtlich mitgenommene Russin und meint: „Ich bin nicht sicher, ob es eine friedliche Beerdigung werden wird oder ob die Polizei kommen wird, um jene zu verhaften, die sich von ihm verabschieden wollen.“

Alexej Nawalny sei während drei Jahren gefoltert worden, erzählt Julia Nawalnaja weiter. Besuche wurden ihm verweigert, dann Telefongespräche und schließlich das Schreiben von Briefen. „Der öffentliche Mord hat wieder einmal gezeigt, dass Putin zu allem fähig ist und dass man nicht mit ihm verhandeln kann.“

Alle glaubten, Putin könnte nicht besiegt werden. Wie aber würde Alexej Nawalny auf die Frage, was zu tun sei, antworten, fährt Julia Nawalnaja fort und bezeichnet ihren Mann dabei als „Erfinder“, der Millionen von Menschen inspiriert habe. „Wenn Sie wirklich Putin besiegen wollen, dann müssen Sie ein Erfinder werden und Sie müssen aufhören, langweilig zu sein“, rät sie. Resolutionen und Sanktionen würden nicht helfen. Denn Putin sei kein Mann, „der Moral und Regeln einhält“. Sie haben es nicht mit einem Politiker zu tun, sondern mit einem „blutrünstigen Mafiosi“: „Putin ist der Chef einer organisierten kriminellen Bande“, sagt Julia Nawalnaja. „Das Wichtigste sind die Personen, die Putin nahestehen, seine Freunde, Mitarbeiter und die Hüter des Geldes der Mafia.“ Deshalb sollten die EU-Staaten bei sich „nach den diskreten Anwälten und Finanziers, die Putin und seinen Freunden helfen, Geld zu verstecken“, suchen.

Putin muss zur Verantwortung gezogen werden für das, was er Russland angetan habe, „für alles, was er mit Alexej gemacht hat“. Dafür werde sie kämpfen. „Ich werde mein Bestes geben, seinen Traum zu verwirklichen. Das Böse wird besiegt werden und die schöne Zukunft wird kommen“, versprach Julia Nawalnaja.

„Seien Sie mutig“

Nach langanhaltenden Ovationen sind es die Vorsitzenden der Fraktionen, die den verstorbenen Kreml-Kritiker würdigen. „Das war geplant“, habe er gedacht, sagte der Vorsitzende der EVP-Fraktion, Manfred Weber, und meinte: „Wir werden nie den Traum eines freien und demokratischen Russland aufgeben.“ „Sie haben uns heute herausgefordert und wir haben Sie laut und deutlich gehört“, sagte der S&D-Redner Pedro Marques und appellierte an Julia Nawalnaja: „Seien Sie mutig (…) für die Menschen in Russland.“ „Ihr Mut ist beispielhaft und bewundernswert“, meinte die Liberale Valérie Hayer und versprach: „Wir sind an Ihrer Seite, bis zum Schluss.“ Während die Grünen-Vorsitzende Terry Reintke daran erinnerte, dass nun die verbleibenden politischen Gefangenen in Russland geschützt werden müssten, meinte Nicola Procaccini von den „Konservativen und Reformern“, dass Alexej Nawalnys Traum eines freien Russland nicht zu Ende sei.

Am Nachmittag stand dann noch eine Debatte darüber an, was die EU nun nach dem Tod von Alexej Nawalny unternehmen werde. Eine Debatte, über deren Verlauf sich der belgische EP-Abgeordnete Guy Verhofstadt ärgerte und die er als „unglaublich“ bezeichnete. Jeder versuche Nawalny Tribut zu zollen, das sei aber nicht das Thema, echauffierte sich der Liberalen-Politiker und verwies auf US-Präsident Joe Biden, der vier Tage nach der Ermordung Nawalnys 500 Sanktionen angekündigt habe. Und die EU tue nichts, so der Belgier. Es gebe eine Liste von Alexej Nawalny mit den Namen von 6.000 Personen, die sanktioniert werden könnten, so Guy Verhofstadt, der ein 14. Sanktionspaket forderte. Und am Vortag habe die US-Regierung erklärt, sie habe kein Problem damit, russische Vermögenswerte zu konfiszieren. Doch die EU-Kommission und der Rat schlügen dazu nichts vor, ärgerte sich Verhofstadt: „Ich finde das beschämend.“ Und forderte: „Ich will eine richtige Strategie gegenüber Russland“, Beifall für Julia Nawalnaja würde nicht reichen.

Robert Hottua
29. Februar 2024 - 23.12

Wie darf und muss ein gesellschaftliches Kräftepotential bezeichnet werden, das ab 1933 HITLER begrüßt und bejaht hat? MfG Robert Hottua

William
29. Februar 2024 - 10.25

"Sweet dreams are made of this".

rcz
29. Februar 2024 - 9.40

Träumt weiter von einem freien, demokratischen Russland. Bald kommt Putin für weitere 6 Jahre an die Macht und wird jede Einmischung in Innere Angelegenheiten unterbinden.

luxmann
29. Februar 2024 - 7.26

Die EU huldigt dem US agenten Nawalny...aber einem Verhofstad genuegt das noch nicht.