Freitag7. November 2025

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Wenn Parlamente sich beleidigen lassen

Wenn Parlamente sich beleidigen lassen

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Für den ersten Eindruck hat man keine zweite Chance. Dies kann der Chamber zumindest auf ihrer Facebook-Seite zum Verhängnis werden.

Wer die Seite der „Chambre des députés du Grand-Duché de Luxembourg“ aufruft, sieht zuerst die Kategorie „Bewertungen“. Die ersten beiden User-Kommentare dieser Kategorie hinterlassen einen erschreckenden Eindruck. Hier werden zumindest sehr fragwürdige („Mit Gambia auf dem Weg nach Absurdistan“) bis grob beleidigende („Der sit gangstern. Ons arme leid suen ze klaurn. Git klaut bei ierch selwer“) Äußerungen getätigt. Eine Reaktion der Verwalter der Facebook-Seite der Chamber bleibt aus.

„Der sit gangstern. Ons arme leid suen ze klaurn.“

Ein Verhalten, das der Blogger und Experte für die Luxemburger rechtsradikale Szene in sozialen Medien, Maxime Weber (siehe „T“ vom 5.9.2016), prinzipiell anprangert. Das Dulden, Nicht-Löschen und das Sich-nicht-Distanzieren von Facebook-Kommentaren stuft er als falsch ein. Zeitdruck können die Verwalter der Chamber-Seite jedenfalls nicht als Ausrede benutzen. Die genannten Kommentare stammen vom November beziehungsweise Juli 2014. Die Luxemburger „Chambre des députés“ steht allerdings nicht alleine da, wenn es um ungepflegte Facebook-Seiten geht.
Auch die Parlamente unserer Nachbarstaaten Deutschland und Frankreich sind mit grob beleidigenden Kommentaren konfrontiert. Man muss nicht lange suchen, um auf der offiziellen Facebook-Seite des deutschen Bundestags Äußerungen zu finden wie „Merkel Schleich dich endlich du bist eindeutig an alle Anschläge und Vergewaltigungen schuld du bist der Täter und gehörst weg von Deutschland wenn du auf Ausländer stehst dann geh ins Ausland du Rind!!!!“ oder „Kein Wunder das wir nur noch belogen werden wenn da so ein Pack drin sitzt“. Auch hier reagieren die Verwalter der Facebook-Seite des Bundestages nicht.

„Un message simple et efficace: dégagez, et vite, Bande d’assassins“

In Frankreich ist die Lage nicht besser. Auch hier sind in der Kategorie „Bewertungen“ der offiziellen Facebook-Seite der „Assemblée nationale“ Kommentare zu finden, die den Tatbestand der Beleidigung problemlos erfüllen. Dies geht von „Salut les incapables parasites payés à ne rien faire“ bis hin zu „Un message simple et efficace: dégagez, et vite, Bande d’assassins“. Von einer Löschung oder zumindest Distanzierung von solchen Kommentaren ist auf der Facebook-Seite der „Assemblée nationale“ nichts zu finden.
Ob die Passivität der genannten Parlamente der richtige Weg ist, bleibt zweifelhaft. Mit ihrer Präsenz in den sozialen Netzwerken wollen sie vor allem Jugendliche auf sich und ihre Arbeit aufmerksam machen. Regelmäßig gibt es Posts über Sitzungen, verschiedene Reformen und unterschiedliche Aspekte der Arbeit der Abgeordneten. Die fragwürdigen und oftmals beleidigenden Kommentare auf offiziellen Facebook-Seiten von Parlamenten könnten den Institutionen jedoch beim Versuch, eine engere Bindung zu Jugendlichen aufzubauen, erheblichen Schaden zufügen. Dies gilt besonders dann, wenn die Posts weder gelöscht noch getadelt oder entkräftet werden.