Wen würden die Luxemburger wählen?

Wen würden die Luxemburger wählen?
(Reuters/Charles Platiau)

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Unsere Nachbarn sind nicht zu beneiden: Le Pen, Fillon, Macron, Mélenchon - die "Présidentielles" laden nicht zum Träumen ein. Wen würden die Luxemburger wählen? Die neue Umfrage.

Wen würde ich bei den „Présidentielles“ wählen? Diese Frage hat sich wohl so ziemlich jeder von uns einmal gestellt. Die Antwort ist alles andere als leicht. Selbst viele Franzosen inner- und außerhalb Frankreichs können sich wenige Tage vor dem ersten Wahlgang nicht entscheiden.

Umso interessanter ist die Frage, wen die Luxemburger wählen würden, wenn sie das Recht hätten, an den „Présidentielles“ teilzunehmen. Genau mit dieser Fragestellung befasst sich unsere am Freitag erscheinende Umfrage.

Im Fokus stehen also nicht in Frankreich oder in Luxemburg lebende französische Staatsbürger. Uns interessiert vielmehr, wen luxemburgische Staatsbürger bei den „Présidentielles“ wählen würden.

Dabei konzentriert sich das Tageblatt in Zusammenarbeit mit dem renommierten Pariser Meinungs- und Marktforschungsinstitut IFOP, das künftig in Luxemburg exklusive Studien für unsere Zeitung durchführen wird, auf mehrere Aspekte, und zwar:

– das Interesse der Luxemburger an den französischen Präsidentschaftswahlen,

– die Bekanntheit der Präsidentschaftskandidaten bei den Luxemburgern,

– hypothetisches Wahlverhalten der Luxemburger beim ersten und zweiten Wahlgang.

Es ist kein Geheimnis, dass Luxemburg und Frankreich ein besonderes Verhältnis verbindet: Das kulturreiche Land ist und bleibt für die Luxemburger ein beliebter Tourismusstandort, viele luxemburgische Studenten wählen eine französische Universität, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Nationen sind tief und nicht zuletzt ist die Attraktivität Frankreichs für viele Luxemburger im interkulturellen Vergleich kaum zu schlagen.

Auch ist der kulturelle Austausch zwischen beiden Ländern besonders intensiv. Kaum ein luxemburgischer Künstler lässt es sich nehmen, im Nachbarland aufzutreten, auszustellen oder zumindest seine Arbeit dort zu verbreiten.

Tiefe Risse

Gleichzeitig sind die luxemburgisch-französischen Beziehungen mit Blick auf die zahlreichen französischen Grenzgänger und die hierzulande lebende französische Gemeinschaft angespannt. Spätestens seit dem „3 x Nein“- Referendum zeigten sich teils erschreckend tiefe Risse in unserer Gesellschaft.

Versucht Luxemburg, sich auf der internationalen Bühne durch seine Mehrsprachigkeit und Offenheit zu vermarkten, so brachte vor allem der Sprachenstreit nach dem Referendum unausgesprochene Verkrampfungen zutage, die nicht so ganz zu dem angestrebten Wohlfühl-„Nation Branding“ passen wollten.

Gerade im Umgang mit den rund 90.000 französischen Grenzgängern entstehen in Luxemburg regelmäßig Reibungsflächen. Dies reicht von sachlicher Kritik, teils berechtigten Integrationsforderungen über Petitionen zur französischen Sprache bis hin zu jenen, die sich mit dem stumpfen „En français“-Bashing begnügen.

Allerdings sind es nicht nur diese eher emotionalen Komponenten, die das hypothetische Wahlverhalten der Luxemburger bei den französischen Präsidentschaftswahl beeinflussen könnten. Auch die Nuklearfrage politisiert selbst Luxemburger, die sich ansonsten vielleicht nicht so sehr für das politische Geschehen interessieren.

Cattenom

Gerade das wenige Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernte, altersschwache Kernkraftwerk Cattenom bestimmt immer wieder die politische Diskussion im Großherzogtum. Ob François Mitterrand oder François Hollande: Die französischen Präsidenten müssen sich bei ihren offiziellen Besuchen in Luxemburg immer wieder dafür rechtfertigen, weshalb Cattenom nicht geschlossen wird. „Luxemburg hat das Kernkraftwerk, genau wie ich, geerbt und wir müssen jetzt alles tun, damit es klappt“, verteidigte sich Mitterrand beispielsweise 1992.

Umgekehrt steht Luxemburg regelmäßig am Pranger, sich mit seinem Wirtschaftsmodell auf Kosten der anderen bereichern zu wollen. Auch hier erstreckt sich der Diskurs über ein Spektrum zwischen berechtigter Kritik und stupiden, uniformierten Vorwürfen.

Wurde Luxemburg während des „LuxLeaks“-Skandals leider als Einzeltäter dargestellt und der Blick auf Resteuropa häufig vergessen, ist es vor allem die Mär vom Steuerparadies, die dazu führt, dass alle Luxemburger in Frankreich wohl mehrheitlich als steinreich wahrgenommen werden.

Dass die Normalsterblichen in Luxemburg jedoch ihre Steuern bezahlen und 15 Prozent der Bevölkerung aus diversen Gründen gar vom Armutsrisiko bedroht sind, wird bei diesen „Meisterstücken“ des Stereotypen verbreitenden französischen TV-Journalismus ausgeklammert.

Interkultureller Vergleich

All dies zeigt, dass die Luxemburger wegen ihrer vielfältigen Hintergründe, aber auch wegen der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen beiden Ländern ein gemischtes Verhältnis zu Frankreich pflegen.

Das Tageblatt hat sich deshalb bewusst für den luxemburgischen Blickwinkel, aber auch für die Zusammenarbeit mit IFOP entschieden. Dies um die Tageblatt-Leserschaft einerseits von der langjährigen Erfahrung eines der besten europäischen Meinungsforschungsinstitute profitieren zu lassen. Andererseits um wegen der oben beschriebenen Beziehungen den oft vernachlässigten interkulturellen Vergleich in den Vordergrund zu rücken.

Empfinden die Luxemburger die Wahl ebenso kompliziert wie die Franzosen? Oder kristallisiert sich ein ganz anderer Trend heraus?

Zu diesen Fragen versuchen wir erste Hinweise zu geben, die jedoch nur als zeitlich begrenztes Stimmungsbild zu verstehen sind. Wegen Unsicherheiten bei den Umfragen wird zu diesem Zeitpunkt selbst in Frankreich Marine Le Pen, François Fillon, Emmanuel Macron und Jean-Luc Mélenchon zugetraut, in das entscheidende Duell am 7. Mai zu gelangen.

Ob dies in Luxemburg ebenfalls der Fall ist – oder aber nicht –, das erfahren Sie in unserer Freitagsausgabe (21.4.2017).