Weitere Risse in 737-Jets befürchtet

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Das Loch im Dach, das einen Jet zur Notlandung gezwungen hatte, wird für Boeing zu einer ernsten Angelegenheit. Denn das Unglück scheint auf einen Konstruktionsfehler hinzudeuten.

In Hunderten älterer Boeing 737 drohen Risse in der Außenhaut. „Das kommt nicht komplett unerwartet“, sagte der verantwortliche Konzernmanager Paul Richter am Dienstag. „Wir haben grundsätzlich damit gerechnet, dass wir die Flugzeuge ab einem bestimmten Zeitpunkt kontrollieren müssen.“ Allerdings sei Boeing davon ausgegangen, dass sich eine Ermüdung des Materials erst „viel, viel später im Lebensverlauf“ der Kurz- und Mittelstreckenmaschinen zeige.

„Wir sind alle beunruhigt über die jüngsten Entwicklungen“, sagte Richter in einer Telefonkonferenz. Am Freitag hatte eine 15 Jahre alte 737-300 des US-Billigfliegers Southwest notlanden müssen, nachdem sich mit einen lauten Knall ein Loch im Dach aufgetan hatte. Wie durch ein Wunder wurde keiner der 123 Insassen ernsthaft verletzt. Southwest kontrollierte daraufhin alle ähnlichen Maschinen und stellte bei insgesamt fünf betagteren 737-Jets winzige Risse in der Außenhülle fest.

Schwachstelle Schnittkanten

Schwachstelle sind nach ersten Erkenntnissen von Boeing die Schnittkanten, an denen die verwendeten Aluminiumplatten aufeinander treffen. Bislang habe Boeing keine speziellen Prüfungen vorgeschrieben, räumte Richter ein. „Vor diesem Unfall war unser Plan, mit den Inspektionen bei 60 000 Flügen zu beginnen.“ Keine der jetzt untersuchten Maschinen habe auch nur annähernd eine derart hohe Flugleistung.

Die Unglücksmaschine von Southwest hatte nach Angaben der Gesellschaft knapp 40 000 der strapaziösen Starts und Landungen hinter sich. Durch den unterschiedlichen Druck am Boden und in großen Höhen verformt sich das Material, besonders die Nähte leiden. Schon früher und bei anderen Flugzeug-Typen war es deshalb zu Unglücken gekommen. Klafft erst ein Loch, drohen die Insassen hinausgesogen zu werden.

570 Flugzeuge betroffen?

Nach Angaben des Boeing-Managers müssen insgesamt 570 Flugzeuge der 737-Baureihe weltweit überprüft werden. Die US-Luftfahrtbehörde FAA hatte noch von 175 Maschinen gesprochen. Problematisch sind diverse 737-Typen der alten, sogenannten „Classic“-Baureihe aus den Jahren 1993 bis 2000. Hier sei ein neuartiges Verfahren zur Befestigung der Aluplatten eingesetzt worden, sagte Richter. Darin lägen wohl die Probleme begründet.

Die Maschinen sollten nun schon nach 30 000 Flügen zur Inspektion, erklärte der Manager und setzte damit die gleiche Marke wie die US-Luftfahrtbehörde. Anschließend empfiehlt Boeing alle 500 Flüge eine Nachkontrolle, zumindest bis auf weiteres. Zwei Techniker seien mit einer solchen Inspektion in etwa acht Stunden durch, sagte Richter.

737, der Verkaufsschlager

Die 737 ist das meistverkaufte Flugzeug der Welt und der direkte Rivale der jüngeren A320-Familie von Airbus. Nahezu alle großen Gesellschaften auf der Welt fliegen diesen Typ. Akute Probleme gab es indes nur mit Maschinen des Billigfliegers Southwest, was die Gesellschaft in ein schlechtes Licht rückte.

Bei Southwest müssen die Maschinen überdurchschnittlich viele Flüge am Tag absolvieren und altern dadurch auch schneller. Boeing-Manager Richter nahm seinen Großkunden aber in Schutz: „Southwest unterhält eine der größten 737-Flotten der Welt und sicherlich die größte Flotte an 737 ‚Classic‘.“ Das es gerade hier zu Vorfällen komme, sei deshalb nicht weiter verwunderlich. „Es ist einfach eine statistische Wahrscheinlichkeit.“