„Tripartite als beratendes Gremium“

„Tripartite als beratendes Gremium“
(Tageblatt/Martine May)

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"Auf die Tripartite können wir keine Zukunft bauen", sagte Luxemburgs Finanzminister in einer Rede am Samstagabend im Rahmen der 53. Journée de l'ingénieur. Das Gremium solle in Zukunft nur noch eine beratende Funktion haben.

Die derzeitige Krise in Europa sieht der Finanzminister als Wendepunkt. Luxemburg müsse sich – in einer Welt, die sich verändert – neu definieren. Insgesamt habe man in Luxemburg in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel erreicht. „Jetzt geht es darum, auf wenig zu verzichten, um das meiste zu bewahren“, so Luc Frieden.

Die ALI

Die Vereinigung der Luxemburger Ingenieure („Association luxembourgeoise des ingénieurs“, ALI) setzt sich ein, um die Interessen von Ingenieuren und Wissenschaftlern zu vertreten. Dazu zählen unter anderem die Absicherung der Diplome, die Fortbildung der Mitarbeiter, die Vertretung Luxemburgs bei internationalen Organisationen sowie die Beratung der Regierung beim Festlegen von Regeln, die die Branche betreffen.

Die Vereinigung wurde 1935 gegründet und zählt heute 1.351 Mitglieder –darunter 77 Frauen.

www.ali.lu

Dabei sind es vor allem die Staatsfinanzen, die ihm Sorgen bereiten. „Seit Jahren steigen die Ausgaben schneller als die Einnahmen. Seit Jahren müssen wir jedes Jahr neue Schulden machen“, fasste er die Lage zusammen. Das sei nicht nachhaltig – vor allem, da ein Großteil der Steuereinnahmen von politischen Entscheidungen abhänge. Dazu zählt er die für Luxemburg so wichtigen Einnahmen auf Benzin, Tabak, den Investmentfonds und dem Internethandel.

Neues Wirtschaftsmodell

Luxemburg müsse ein neues Modell entwickeln, damit auch in Zukunft neue Unternehmen neue Jobs und somit auch neue Steuereinnahmen schafften. „In den nächsten fünf Jahren wird das Wachstum nicht mehr so stark sein, wie wir das von der Vergangenheit her kennen“, so der Minister. „Dabei bräuchten wir diese Einnahmen, um all unsere Automatismen zu bezahlen.“ Die Steuern deutlich zu erhöhen sei keine Alternative, da dies die Wettbewerbsfähigkeit des Landes kaputt machen würde. Er fordert das ganze Land auf, über ein „Zukunftsmodell 2014“ nachzudenken.

Auch der Mindestlohn ist für den Minister ein Thema: „Wir müssen wieder Industrie ins Land ziehen.“ Dabei ist der Mindestlohn in Luxemburg der höchste in ganz Europa, so Luc Frieden. „Zieht das neue Firmen an? Schafft das neue Jobs?“ fragt er sich. „Lasst uns einige Prinzipien aufgeben, um mehr Menschen eine Zukunft im Land zu ermöglichen“, so seine eigene Antwort.

„Langfristig notwendig“

Daneben sei es notwendig, eine konsequentere Reform des Rentensystems anzugehen. „Und wir müssen das nicht nur für unsere Kinder tun“, so der Minister. „Ich gehe in 20 Jahren in Rente.“ Wenn die Wirtschaft bis dahin nicht wieder schneller wachse, sei bereits für seine eigene Rente kein Geld mehr in der Kasse, befürchtet er. Kurzfristige Reformen seien zwar „schmerzhaft“, aber „langfristig notwendig.“

„In einer Welt, die sich verändert, muss man den Mut haben, Entscheidungen treffen zu können“, so Luxemburgs Finanzminister, „auch wenn nicht jedermann damit einverstanden ist“. Schnelle Entscheidungen zu treffen sei jedoch mit einem Gremium wie der Tripartite nicht möglich. „Dabei haben wir keine fünf Jahre mehr zu verlieren“, unterstrich er. Er sieht die Tripartite in Zukunft als Gremium, das die Politik nur noch beraten soll. Dabei repräsentiere das Gremium die nationale Wirtschaft nicht einmal mehr, sagte er: „Auf der Arbeitgeberseite sitzt ein Nicht-Luxemburger – und auf der Arbeitnehmerseite keine einzige Frau.“