Tihange 2 und Doel 3 abschalten

Tihange 2 und Doel 3 abschalten
(dpa/Oliver Berg)

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Die AKW-Blöcke Tihange 2 und Doel 3 in Belgien geraten immer wieder mit Zwischenfällen in die Schlagzeilen. Luxemburg hat seit langem Bedenken angemeldet. Jetzt fordert auch Berlin die Abschaltung der Pannenblöcke.

Die deutsche Bundesregierung hat Belgien ersucht, zwei Atomreaktorblöcke aus Sicherheitsgründen vorübergehend vom Netz zu nehmen. Die Umweltministerin Barbara Hendricks bat die Regierung in Brüssel, Tihange 2 und Doel 3 „bis zur Klärung offener Sicherheitsfragen“ herunterzufahren, wie ihr Ministerium am Mittwoch mitteilte. In den Reaktordruckbehältern der beiden Anlagen waren Risse gefunden worden. Die unabhängige Reaktorsicherheitskommission kann demnach nicht bestätigen, dass sie auch im Störfall sicher wären. Hinweise auf das Gegenteil gebe es allerdings auch nicht.

Der Schritt „wäre ein starkes Zeichen der Vorsorge“, erklärte Hendricks, die sich zurzeit zum deutsch-chinesischen Umweltforum in der chinesischen Stadt Nanjing aufhält, der Mitteilung zufolge. „Und er würde zeigen, dass Belgien die Sorgen seiner Nachbarn ernst nimmt.“ Eine rechtliche Handhabe hat die Ministerin aus Berlin aber nicht.

Luxemburg reagiert

Auch in Luxemburg gibt es seit längerem heftigen Widerstand gegen die Pannen-Akw. Zuletzt machte Greenpeace-Luxemburg (Link) auf die Gefahr der tausenden Haarrisse in den Wänden der Reaktoren mit einer Lichtaktion aufmerksam. Käme es in Tihange zu einer radioaktiven Panne, wäre das Stausee in Esch/Sauer betroffen, woher ein Teil das Trinkwasser für Luxemburg kommt, gaben die Umweltschutzer zu bedenken.

Das rund 70 Kilometer vom luxemburgischen Clerf und rund 90 Kilomerter von Vianden entfernte AKW Tihange und die Anlage Doel bei Antwerpen machen immer wieder mit Problemen Schlagzeilen. Bereits als 2012 Tausende Risse in den Reaktorbehältern festgestellt worden waren, hatte der Betreiber Electrabel die Reaktoren vorerst abgeschaltet. Im Februar 2015 sprachen sich Umweltministerin Carole Dieschbourg (déi gréng) und Gesundheitheitsministerin Lydia Mutsch (LSAP) deutlich gegen einen Neustart der Pannen-Meilern (Link) in Belgien aus. Sie nannten das Vorgehen der belgischen Behörden „inakzeptabel“. Auch Staatssekretär Camile Gira sprach vor einem Treffen mit der föderalen Automaufsichtbehörde im Januar von einer Blockadehaltung der belgischen Behörden: „Wir versuchten bereits seit Monaten einen Termin zu bekommen. Damals aber nicht wegen der Pannen, sondern wegen des geplanten Hochfahren von Tihange. Wir wurden aber immer wieder abgeblockt.“

Experten haben Sicherheitsbedenken

Die deutsche Umweltministerin Hendricks habe ihre Bitte aufgrund einer Stellungnahme der deutschen Reaktorsicherheitskommission (RSK) und nach Gesprächen mit Brüssel geäußert, teilte ihr Ministerium mit. Anfang April hatte sich eine neu gegründete deutsch-belgische Arbeitsgruppe zur nuklearen Sicherheit mit Tihange 2 und Doel 3 befasst. Dem Umweltministerium zufolge befürworten deutsche wie belgische Experten weitere Untersuchungen, Belgien habe dazu schon Vorschläge gemacht.

Aus dem Bericht der unabhängigen RSK-Experten geht hervor, dass sie davon ausgehen, dass die Wände der Reaktordruckbehälter im Alltagsbetrieb keine Probleme machen. Für den Störfall sind die Experten aber nicht sicher, dass ausreichend Sicherheitsreserven eingehalten werden. Wörtlich schreibt die RSK: „Aus heutiger Sicht gibt es keine konkreten Hinweise, dass die Sicherheitsabstände aufgezehrt sind. Es kann aber auch nicht bestätigt werden, dass diese sicher eingehalten werden.“

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