Donnerstag6. November 2025

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Täter sollte bei Polizei erscheinen

Täter sollte bei Polizei erscheinen
(dpa)

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Hatte der Amokläufer von Lüttich Angst, wieder ins Gefängnis zu müssen? Darüber spekuliert die belgische Innenministerin. Hintergrund könnte auch der Anbau von Cannabis gewesen sein.

Der Amokläufer von Lüttich war am Tag seiner Tat bei der Polizei vorgeladen. Nordine A. habe möglicherweise „Angst gehabt, wieder ins Gefängnis gebracht zu werden“, sagte die belgische Innenministerin Joëlle Milquet am Mittwoch im Rundfunk.

Das Motiv des Täters ist laut Staatsanwaltschaft weiterhin unklar, einen Abschiedsbrief hinterließ er nicht. Der 33-Jährige war 2008 wegen Waffenbesitzes und Anbau von Cannabis zu einer Freiheitsstrafe von knapp fünf Jahren verurteilt worden, inzwischen aber wieder auf freiem Fuß.

Tote Putzfrau

Nach ersten Erkenntnissen begann der Amoklauf bereits am Dienstagmorgen: Der Täter Nordine A. hat laut Staatsanwältin zuerst die 45 Jahre alte Putzfrau des Nachbarn in einem Schuppen mit Kopfschuss getötet.

Danach habe er drei Granaten auf eine Bushaltestelle in der Innenstadt geworfen. Dort starben ein Kleinkind von 17 Monaten sowie zwei Studenten von 15 und 17 Jahren. Kurz danach richtete sich Nordine A. selbst mit einem Revolver. Eine 75-jährige Frau, die zunächst für tot erklärt worden war, habe überlebt, sagte die Staatsanwältin.

Täter war der Polizei bekannt

Der 33-Jährige war der Polizei als gewalttätig bekannt und bereits wegen illegalen Waffenbesitzes vorbestraft. Er sei ein Einzeltäter gewesen, ein terroristischer Hintergrund werde ausgeschlossen, teilten die Behörden mit. Nach der Tat hatte sich der Mann den Angaben zufolge selbst erschossen.

Die Zahl der Todesopfer stieg in der Nacht zum Mittwoch auf insgesamt mindestens fünf. Wie die Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf Krankenhausangaben berichtete, starb am späten Dienstagabend ein erst 17 Monate altes Kleinkind an seinen schweren Verletzungen. Die Zeitung „la Libre“ berichtete in ihrer Onlineausgabe von zwei weiteren Todesopfern, die jedoch nicht offiziell bestätigt wurden.

Über 120 Verletzte

Mehr als 120 Menschen wurden verletzt. Mehrere von ihnen befanden sich am Mittwochmorgen noch in kritischem Zustand, darunter ein 20-Jähriger, der schwere Hirnverletzungen erlitten hatte. Viele der Opfer seien von Geschossen oder Splittern verletzt worden, hieß es.

Am Mittwochabend sollte nach einem Bericht des belgischen Rundfunks RTBF mit einer Schweigeminute vor dem Fußball-Europa-League-Spiel des RSC Anderlecht gegen Lokomotive Moskau der Opfer gedacht werden.

Blutiger Attentat am Weihnachtsmarkt

Der 33 Jahre alte Täter hatte am Dienstagmittag auf einem zentralen Platz in der Innenstadt von Lüttich gleich neben einem Weihnachtsmarkt Handgranaten gezündet und um sich geschossen. Außer dem Kleinkind und dem Täter selbst starben auch zwei 15 und 17 Jahre alte Jugendliche sowie eine 75-Jährige Frau.

Wie die Lütticher Staatsanwältin Danièle Reynders mitteilte, war der 33-Jährige wegen seiner Gewaltdrohungen polizeibekannt. 2008 war er wegen illegalen Waffenbesitzes zu knapp fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Am Dienstag sollte er zu einer Anhörung bei der Polizei erscheinen, tauchte dort aber nicht auf.

Gezielte Attacke auf Menschenmenge

Der Anschlag ereignete sich gegen Mittag auf dem St.-Lambert-Platz in der Innenstadt, gleich neben einem Weihnachtsmarkt. Der Attentäter wohnte ganz in der Nähe. Er warf nach ersten Erkenntnissen mehrere Handgranaten auf eine Bushaltestelle, an der viele Menschen warteten, dann schoss der 33-Jährige auf die Wartenden.

Laut Staatsanwaltschaft starb einer der beiden Jungendlichen noch am Tatort, meldete Belga. Das knapp anderthalb Jahre alte Kleinkind erlag nach Krankenhausangaben am späten Abend um 22.45 Uhr seinen schweren Verletzungen.

Ein Land unter Schock

Das Blutbad sorgte für Entsetzen und tiefe Trauer. Der belgische Premierminister Elio Di Rupo besuchte ebenso wie König Albert II. den Tatort. „Das ganze Land teilt Ihren Schmerz“, sagte Di Rupo an die Adresse der Familien der Opfer. Er betonte, es habe sich um einen Einzeltäter und nicht um Terrorismus gehandelt. Auch der Lütticher Bürgermeister Willy Demeyer sprach von einer „Einzeltat, die tiefe Betroffenheit im Herzen der Stadt gesät hat“. Die Regierung setzte ein Sondertreffen der Minister für Mittwochmorgen an.

Auch der luxemburgische Premier Jean-Claude Juncker drückte in einem Brief an Elio di Rupo am Dienstag das Mitgefühl der gesamten Regierung an die Opfer und deren Familien aus. Die großherzogliche Familie richtete ihre Anteilnahme der Opfer „des Dramas“ in Lüttich an den Belgischen König aus.