„Strafzahlung“ vom Tisch

„Strafzahlung“ vom Tisch
(AFP/Nikolay Doychinov)

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Immer noch kein Kompromiss über die Verteilung der Flüchtlinge in Europa. Am Nachmittag kommen die EU-Innenminister zu ihrem Krisentreff zusammen. Der Streit zwischen Serbien und Kroatien wird schärfer.

Unmittelbar vor dem Krisentreffen der EU-Innenminister zeichnet sich noch keine Einigung über die geplante Umverteilung von weiteren 120.000 Flüchtlingen ab. Die Botschafter der 28 EU-Staaten suchten am Dienstagvormittag bei Beratungen in Brüssel einen Kompromiss. „Strafzahlungen“ für Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, sind dabei wieder vom Tisch.

Europa kann

Laut OECD-Bericht sollte Europa die Flüchtlingskrise problemlos lösen können. Die Länder hätten die Kapazitäten sowie die Erfahrung die zur Entschärfung nötig wären. Priorität hätte allem voran die Rettung der Leben der Flüchtlinge. Dann solle man sich um die Vereinfachung der bürokratischen Hürde bemühen. Letzter Punkt auf der Prioritätenliste sei dann schlussendlich die Lösung des Konflikts in den Herkunftsländer.
(Tageblatt.lu)

Offen ist nach Angaben von EU-Diplomaten nach wie vor, welche Länder durch die Verteilung entlastet werden sollen. Die EU-Kommission hatte Griechenland, Italien und Ungarn vorgeschlagen, wo besonders viele Migranten ankommen. Aus Italien sollen es 15.600 sein, aus Griechenland 50.400. Da Ungarn die Umsiedlung aber generell ablehnt, ist noch offen, was mit dem ungarischen Kontingent von 54.000 Asylbewerbern geschieht.

Serbien stellt Ultimatum

Unterdessen hat Serbien Brüssel und seinem Nachbarn, dem EU-Mitglied Kroatien, ein Ultimatum zur Öffnung der geschlossenen Grenzen gestellt. „Wir warten, dass die EU bis 14.00 Uhr reagiert“, sagte Regierungschef Aleksandar Vucic am Dienstag in Belgrad. Andernfalls werde die Reaktion seines Landes zeigen, dass „Kroatien nicht Serbien erniedrigen und dessen Wirtschaft zerstören kann“.

Eine „Strafzahlung“ für Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, soll es nun doch nicht geben. Das wurde am Dienstag aus Regierungskreisen in Berlin bekannt. In einem Entwurf für die Konferenz hatte es zunächst geheißen, dass die Länder für jeden Flüchtling, dessen Aufnahme sie verweigerten, einmalig 6.500 Euro zahlen sollten. Im Gespräch sei jetzt eine zeitliche Streckung der Aufnahme, damit alle EU-Mitglieder dem Kompromisspapier zustimmen können.

Verhärtete Fronten

Offen bis zuletzt war auch, ob es bei dem Treffen in Brüssel zu einer kontroversen Abstimmung über die umstrittenen Umverteilungspläne der EU-Kommission kommen wird. Die polnische Regierungschefin Ewa Kopacz sagte, sie erwarte harte Verhandlungen. EU-Diplomaten gehen aber nicht davon aus, dass die Gegner einer Quote per Mehrheitsbeschluss überstimmt werden – obwohl dies formal möglich wäre. Es bestehe weitgehend Konsens, dass bei einer so wichtigen Frage alle Staaten zustimmen sollten, so Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn (Link).

„Wir müssen uns zusammenreißen, sonst werden wir auseinandergerissen“, sagt Außenminister Asselborn im Interview mit dem Deutschlandfunk am Dienstagmorgen. Die Luxemburgische Ratspräsidentschaft strebe einen Kompromiss an, den allen 28 Mitgliedstaaten gerecht werde, so Asselborn.Eine verpflichtende Quote gilt als nicht durchsetzbar. Das Ziel lautet, dass sich – wenn schon nicht alle – so doch möglichst viele Länder an der Aktion beteiligen sollen.

Insgesamt geht es um die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen innerhalb Europas – die Umsiedlung von 40.000 Menschen ist bereits beschlossen.

Hoher Migrationsdruck

Auch jenseits der aktuellen Flüchtlingsströme rechnet die OECD weiter mit umfassender internationaler Migration. „Der Druck ist hoch in einer Reihe von Herkunftsländern“, heißt es in einem am Dienstag in Paris präsentierten Ausblick der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). So geben in Nigeria 44 Prozent der über 15-Jährigen an, dauerhaft auswandern zu wollen. In Albanien sind es 39, im Senegal 37 und in Syrien 31 Prozent. Bei fast allen dieser Länder wird mindestens ein EU-Land unter den ersten drei bevorzugten Zielen genannt.

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