Sorge um Reformer

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Bei der Beerdigung eines Demonstranten werden Studenten von Regimetreuen umzingelt. Die Machthaber rufen zu Kundgebungen gegen die Opposition auf. Die Justiz will Reformer bestrafen.

Im Iran droht eine neue Konfrontation zwischen Regime und Opposition. Bei der Beerdigung eines getöteten Demonstranten kam es am Mittwoch in Teheran zu Zusammenstößen. Der Mann hatte sich an Massenprotesten gegen die Machthaber im Land beteiligt, zu seiner Beisetzung zogen nun zehntausende Regierungsanhänger auf.

Als Antwort auf die Proteste der Reformer will die Regierung an diesem Freitag massenhaft Anhänger mobilisieren. Bei Kundgebungen sollen sie insbesondere ihre Stimme gegen die Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karrubi erheben. Auch das staatliche Fernsehen widmete einen Großteil seiner Nachrichtenprogramme der Kampagne gegen die Reformer. Anhänger und Familienangehörige reagierten besorgt.

Lage spitzt sich zu

Bei der Beerdigung hätten sich Zusammenstöße zwischen Freunden und Bekannten des getöteten Demonstranten und Regimetreuen entwickelt, berichtete das iranische Staatsfernsehen auf seiner Webseite. Angaben zu Verletzten lagen zunächst nicht vor. Die Staatsmacht war bei den Protesten in Teheran und mehreren anderen Städten am Montag massiv gegen die Demonstranten vorgegangen, zwei Menschen wurden getötet, zahlreiche Teilnehmer festgenommen. Nach einem Aufruf der Opposition waren erstmals seit Ende 2009 wieder Tausende auf die Straßen gegangen.

Reformer verurteilten die blutige Unterdrückung der Proteste. Zugleich wiesen Mussawi und Karrubi am Mittwoch Unterstellungen zurück, die Proteste würden vom Ausland gesteuert. „Die Grüne Welle (die Opposition) setzt sich nur für die Werte der Revolution (von 1979), für Freiheit und verfassungsmäßige Rechte ein, und diese Bewegung stützt sich auf die Kraft des iranischen Volkes und nicht von Außenstehenden“, betonte der frühere Ministerpräsident Mussawi auf seiner Webseite.

Todesstrafe gefordert

Mehr als 200 Abgeordnete hatten am Dienstag im iranischen Parlament die Todesstrafe für Mussawi und Karrubi gefordert. Sie hätten die jüngsten Proteste mit Hilfe westlicher Länder organisiert, warfen die aufgebrachten Parlamentarier ihnen vor. Anhänger des Regimes zogen am Mittwoch vor ein Justizgebäude im Zentrum Teherans und forderten die sofortige Verhaftung und Hinrichtung der Oppositionsführer. Mussawi und Karrubi stehen derzeit unter Hausarrest. Der iranische Generalstaatsanwalt Gholam-Hussein Mohseni-Edschehei sagte der Nachrichtenagentur Mehr, die Oppostionsführer würden bestraft.

Nach Angaben von Oppositions-Websites gab es am Nachmittag seit 48 Stunden keine Informationen mehr über den Verbleib von Mussawi und Ehefrau Sahra Rahnavard. Die Töchter des Paares zeigten sich angesichts der jüngsten Todesdrohungen gegen Mussawi äußerst beunruhigt. Weder sie noch die Bodyguards ihres Vaters dürften in die Nähe des Wohnhauses der Eltern im Zentrum Teherans. Sie wüssten nicht einmal, ob die Eltern noch zu Hause oder an einen anderen Ort gebracht worden seien.

„Zahle jeden erforderlichen Preis“

„Ich war mehr als 40 Jahre ein Soldat im Dienste dieses Landes und habe keine Angst vor Drohungen. Ich bin bereit, jeden erforderlichen Preis zu zahlen“, betonte Karrubi auf seiner Webseite. „Aber statt zu drohen, solltet ihr (die Regierung) lieber alle politischen Gefangenen freilassen, die Unterdrückung der Menschen beenden, Pressefreiheit zulassen und die Verfassung achten“, schrieb der angesehene Geistliche weiter.

Die Proteste richten sich insbesondere gegen den erzkonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Regimegegner werfen ihm vor, im Juni 2009 nur durch Manipulation die Präsidentschaftswahlen gewonnen zu haben. Bei den jüngsten Massenprotesten wurden nach Angaben des Generalstaatsanwalts etliche Demonstranten festgenommen, einige würden noch festgehalten, weil sie „Verbrechen“ begangen hätten. Augenzeugen sprachen von mindestens 16 Festnahmen.