Korruption, Vetternwirtschaft und kaum Steuereinnahmen: Das sind die Missstände, die Griechenland in den Abgrund stürzten.
Vetternwirtschaft
Vetternwirtschaft nahm in Griechenland über die letzten Jahrzehnte ein unglaubliches Ausmaß an. Laut einer Schätzung der griechischen Zeitung "Real News" verdankt jeder dritte Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz einer Gefälligkeit eines Freundes oder Verwandten. (Tageblatt/Dimitri Messinis)
Unerreichbar für den Fiskus
Erleichtert wurde der Steuerbetrug nicht zuletzt dadurch, dass viele Griechen nicht auf den Lohnlisten grösserer Firmen stehen. Jeder Dritte arbeitet auf eigene Rechnung oder für einen Familienbetrieb und kann deshalb kaum kontrolliert werden. Ihr Anteil ist damit mehr als doppelt so gross wie in der Euro-Zone. (Tageblatt/Simela Pantzartzi)
"Leere" Taschen
95 Prozent der Steuerzahler meldeten der Steuerbehörde jährliche Einnahmen von weniger als 30.000 Euro. (AP/Martin Ruetschi)
"Kaum" Reiche
Gerade einmal 5.000 Griechen gaben in ihrer Steuererklärung an, mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr zu verdienen. Die Jachthäfen und Edelclubs rund um Athen sprechen eine andere Sprache. (Tageblatt/Gaetan Bally)
Schiffe für "Touristen"
In vielen Fällen hätten die Jachtbesitzer sogar Verluste gemeldet und gar keine Steuern gezahlt. Jachtbesitzer, die als solche beim Fiskus bekannt waren, gaben kurzerhand an, sie vermieteten ihre Schiffe an Touristen, bei denen es sich in Tat und Wahrheit um Verwandte handelte. (Tageblatt/Michael Sohn)
Blühender Schwarzmarkt
Der griechische Schwarzmarkt kommt nach Angaben der Weltbank auf fast einen Drittel des Bruttoinlandprodukts. In Italien sind es zum Vergleich 27 Prozent, in Deutschland 15 Prozent. (Tageblatt/Michael Reynolds)
Fehlende Quittungen
Kaum ein Handwerker, Arzt oder Verkäufer, der für seine Arbeit eine Quittung ausstellt. Detailhändler kleben üblicherweise zwei Preise auf ihre Produkte - einmal mit und einmal ohne Mehrwertsteuer. (Tageblatt/Aris Messinis)
Grassierende Korruption
Die Antikorruptions-Organisation Transparency International hat Griechenland vor Ausbruch der Krise auf Platz 71 von 180 Ländern gelistet. Die Hellenen sind somit korrupter als Ghana und Botswana. 1.600 Euro Schmiergeld zahlt eine griechische Familie durchschnittlich pro Jahr. (Tageblatt/Lennart Preiss)
Steuereintreiber
Als die korruptesten gelten die Staatsdiener. Gemäß Amnesty International gehört der Fiskus zu den drei staatlichen Behörden, die am häufigsten Schmiergeld verlangen. Bei der Summe stehen ironischerweise die Steuerfahnder an der Spitze: Im Schnitt lassen sie sich 1.684 Euro in die Hand drücken. (Tageblatt/Orestis Panagiotou)
Zu viele Beamte
Resultat: Vor allem Beamte gibt es viel zu viele. Vor der Krise arbeiteten laut Schätzungen fast eine Million Menschen für den Staat. Das ist jeder vierte berufstätige Grieche und so viel wie in England, das fünfmal mehr Einwohner hat. (Tageblatt/Alkis Konstantinidis)
Wuchernde Transportunternehmen
Ein Beispiel für einen aufgeblähten Staatsbetrieb: Die Athener Trambahn. Die Zahl der Angestellten nahm zwischen 2004 und 2009 um 533 zu. Das Streckennetz aber wuchs um gerade mal zwei Kilometer. (Tageblatt/Alexandros Beltes)
Bizarre Zulagen Trotzdem zahlen griechische Staatsbetriebe bizarre Zulagen: Busbetriebe für Pünktlichkeit, die Bahn fürs Händewaschen und die Elektrizitätswerke für das Bedienen eines Kopiergerätes. (Tageblatt/Simela Pantzartzi)
Nutzlose Ämter
Es gibt Gerüchte oder bestätigte Fälle von hunderten nutzloser Staatsgremien und Ämtern in Griechenland. Letztes Jahr wurde gar eine Gesundheitsbehörde abgeschafft, die nie existierte. Zumindest hatte sie keine Angestellten. (Tageblatt/Gaetan Bally)
18 Monatsgehälter
Mitarbeiter von Ministerpräsident Papandreou sollen 16 Monatsgehälter kassiert haben. Auf bis zu 18 Monatsgehälter kamen Angestellte des ehemaligen staatlichen Konzerns Hellenic Petroleum. Daneben stehen jedem Mitarbeiter jährlich fünf Tage Sonderurlaub in einem Luxushotel ihrer Wahl zu. (dapd/Katerina Mavrona)
Rasch in Rente
In Rente mit 51 ist nicht unüblich für griechische Beamte. Griechen gehen im Schnitt mit 61 Jahren in den Ruhestand. (Tageblatt/Oliver Lang)
Vererbbare Renten
Renten von Soldaten und Polizisten können sogar an ihre Nachfahren weitervererbt werden. (Tageblatt/Dimitri Messinis)
Kaum Steuereinnahmen
Trotz seines wohlbestückten Beamtenapparates nimmt kein anderes Land der Eurozone so wenig Steuern ein wie Griechenland. Die Einnahmen aus Einkommenssteuern machten 4,7 Prozent des BIP aus. EU-weit beträgt der Wert 8 Prozent. (Tageblatt/Gaetan Bally)
Griechenland, die Wiege der europäischen Kultur, steht vor einem Scherbenhaufen. Trotz rigider Sparmaßnahmen sieht die finanzielle Zukunft des Landes düster aus.
Kein Wunder: Über Jahre lebten viele Hellenen in Saus und Braus und saugten den Staat buchstäblich aus. Damit ist jetzt Schluss: Die Hellenen stehen seit Beginn der EU-Krise unter strenger Beobachtung.
Werfen Sie in der Bildstrecke einen Blick zurück auf die guten alten Zeiten, als Nichtstun bei staatlichen Behörden und Steuerhinterziehung noch zum guten Ton gehörten.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können