Russland ermittelt in der Türkei

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(Reuters)

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Nach dem Mordanschlag auf den russischen Botschafter in Ankara hat Moskau ein Ermittlerteam in die Türkei geschickt, um die Tat aufzuklären.

Der junge Polizist Mevlut Mert Altintas, der seit zweieinhalb Jahren in einer Spezialeinheit in Ankara diente, hatte am Montagabend den russischen Botschafter Andrej Karlow bei einer Ausstellungseröffnung erschossen. Der 22-Jährige verschaffte sich laut der regierungsnahen Zeitung „Sabah“ mit Hilfe seines Polizeiausweises Zutritt zu der Ausstellung.

Dort positionierte sich Altintas wie ein Leibwächter hinter Karlow, bevor er ihm vier Mal in den Rücken schoss. Nach der Tat rief Altintas, er habe dies aus „Rache“ für Aleppo getan, wo die syrischen Regierungstruppen mit der Unterstützung der russischen Luftwaffe jüngst die letzten Rebellenviertel eroberten. „Allahu Akbar“ und „Vergesst Syrien nicht“ rief Altintas, der später von der Polizei erschossen wurde.

Viele Türken empört über russisches Vorgehen in Aleppo

Während sich das Verhältnis der Türkei zu Russland zuletzt verbessert hat, ist in der türkischen Bevölkerung die Empörung über das russische Vorgehen in Aleppo groß. In den vergangenen Tagen gab es in Ankara und Istanbul wiederholt Proteste vor den diplomatischen Vertretungen Russlands und des Irans, der im syrischen Bürgerkrieg ebenfalls Machthaber Baschar al-Assad unterstützt.

Trotz des Anschlags kamen am Dienstag in Moskau die Außenminister der Türkei, Russlands und des Irans zu Gespräche über den Syrien-Konflikt zusammen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, es dürfe „keine Zugeständnisse an Terroristen“ geben. „Diese Tragödie zwingt uns alle, noch entschiedener gegen den Terror zu kämpfen“, sagte Lawrow an der Seite seines Kollegen Mevlüt Cavusoglu.

Sechs Festnahmen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein russischer Kollege Wladimir Putin sprachen beide von einer „Provokation“. Beide Seiten betonten, noch enger zusammenarbeiten zu wollen. International wurde das Attentat scharf verurteilt. Der künftige US-Präsident Donald Trump sprach von der Tat eines „radikalen islamischen Terroristen“.

Nach dem Anschlag wurden sechs Menschen aus dem Umfeld des Attentäters festgenommen. Wie die Nachrichtenagentur Dogan berichtete, nahm die Polizei in Altintas‘ Heimatprovinz Aydin im Westen der Türkei unter anderem seine Schwester, seine Eltern und einen Onkel in Gewahrsam.

Bürgermeister von Ankara stellt Mutmaßungen an

Der Bürgermeister von Ankara, Melih Gökcek, mutmaßte, der Attentäter könnte zur Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen gehören, welche die Regierung für den gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verantwortlich macht. „Ein Anschlag auf die Freundschaft durch die verräterische Feto“, schrieb „Sabah“ unter Verwendung der türkischen Abkürzung für die Organisation.

Laut „Hürriyet“ prüften die Behörden mögliche Verbindungen des Attentäters zur Gülen-Bewegung, deren Mitglieder seit Jahren Polizei, Armee, Justiz und Verwaltung unterwandert haben sollen. Der Prediger Gülen, der seit langem im Exil in den USA lebt und jede Verwicklung in den Umsturzversuch im Sommer bestreitet, verurteilte in einer Erklärung „diesen abscheulichen Terrorakt auf das Schärfste“.

Schüsse vor US-Botschaft

Unterdessen feuerte ein Mann vor dem Eingang der US-Botschaft in der Nacht zu Dienstag mehrere Schüsse in die Luft, bevor er festgenommen wurde. Die Botschaft und die Konsulate in Istanbul und Adana wurden daraufhin am Dienstag für den normalen Verkehr geschlossen.