Portugal schnallt den Gürtel enger

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(dpa)

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"Wir haben keinen Handlungsspielraum", verlautet es aus der portugiesischen Regierung. Deshalb soll ein einschneidendes Sparprogramm umgesetzt werden. Der Unmut in der Bevölkerung wächst.

Im Euro-Krisenland Portugal hat die Regierung ihre umstrittenen Sparpläne für 2013 mit drastischen Steuererhöhungen und Sozialkürzungen bekanntgegeben. Die Befürchtungen der Bevölkerung seien verständlich, „aber es gibt keinen Handlungsspielraum“, warnte Finanzminister Vítor Gaspar auf einer Pressekonferenz zur Erläuterung der Maßnahmen am Montagabend in Lissabon. Kurz zuvor hatte die Mitte-Rechts-Regierung den Haushaltsentwurf zur Debatte ins Parlament eingebracht. Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich unterdessen immer mehr Menschen, die den Rücktritt der Regierung forderten.

Lissabon will unter anderem die Einkommenssteuer erhöhen und zudem eine allgemeine Steuerzuschlagzahlung von vier Prozent des Brutto- Einkommens einführen. Der niedrigste Einkommensteuersatz soll zum Beispiel von 11,5 auf 14,5 Prozent klettern. Der Spitzensteuersatz wird nach diesden Plänen von 46,4 auf 48 Prozent heraufgesetzt und schon ab 80.000 Euro (bisher 153.000) pro Jahr erhoben werden. Ab dieser Grenze wird zudem weiterhin die Zahlung einer weiteren, schon 2012 kassierten Sonderzahlung von 2,5 Prozent fällig.

Es wird gekürzt

Allein mit diesen Maßnahmen im Bereich der Einkommensteuer plant die Regierung mit Mehreinnahmen von 2,8 Milliarden Euro. Außerdem will man aber auch neben anderen Aktionen 2013 die Renten stark kürzen, die Immobilien-, die Kfz- und die Mineralölsteuer erhöhen, die Ausgaben für Arbeitslosen- und Krankengelder um jeweils sechs und fünf Prozent und auch die Feiertagszulagen sowie Gelder für Überstunden im öffentlichen Dienst um die Hälfte senken. Zudem sollen die Betriebskosten der Staatsunternehmen reduziert werden.

Gaspar hatte schon im Vorfeld der Einbringung ins Parlament von „enormen Steuererhöhungen“ gesprochen, die aber zur „gerechteren Verteilung der Sanierungslast“ führen würden. Die Wirtschaftszeitung „Jornal de Negocios“ sprach von den „schlimmsten Steuererhöhungen in der Geschichte der (portugiesischen) Demokratie“. Die stärkste Oppositionsbewegung, die Sozialistische Partei (PS), die noch bis vor kurzem alle Sparprogramme mitgetragen hatte, bekräftigte zuletzt mehrfach, sie wolle diesmal gegen den Haushaltsentwurf stimmen.

14. November Generalstreik

Neben Gewerkschaften, Opposition und Kirchenvertretern hatten auch Unternehmer und sogar Politiker der Sozialdemokratischen Partei (PSD) von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho das neue Sparprogramm als rezessionsfördernd angeprangert. Der Gewerkschaftsdachverband CGTP rief vor ein paar Tagen zu einem Generalstreik am 14. November auf.

Als Fortsetzung der Serie von Massenkundgebungen der vergangenen Wochen beteiligten sich am Montagabend zunächst rund 2000 Menschen an einer „Belagerung des Parlaments“. Die Demonstranten forderten den Rücktritt der Regierung und protestierten gegen die Geldgeber-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) sowie gegen den Sparkurs. Dieser führte zu einer tiefen Rezession und einer Rekordarbeitslosenquote von 15,9 Prozent.

Verlängerter Sanierungsplan

Portugal war bei der Sanierung der Staatsfinanzen lange auf Erfolgskurs. Wegen eines Einbruchs der Steuereinnahmen infolge der Rezession musste die Regierung im August aber einräumen, dass man das Defizitziel 2012 ohne zusätzliche Maßnahmen nicht erreichen werde. Die Troika, die Portugal 2011 ein 78-Milliarden-Euro-Hilfspaket gewährte, lockerte daher die Defizitziele für 2012 und 2013 und verlängerte den Sanierungsplan des Landes um ein Jahr bis 2014.