Sonntag9. November 2025

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„Poeckes kannte die Vorschriften“

„Poeckes kannte die Vorschriften“
(dpa)

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Am vierten Prozesstag werden die ermittelnden Behörden befragt. Emile Gras von der Kriminalpolizei nennt Details zu den Ermittlungen.

Zweite Woche im Luxair-Prozess. Nach den Flugunfallexperten haben die Ermittler das Wort. Sie schildern, was sie kurz nach dem Unglück vor Ort sahen. Polizeiermittler Emile Gras sagte vor Gericht, dass damals nach dem Absturz 185 Helfer am Unfallort waren. Nach 8 Minuten waren am 6. November 2002 die ersten Helfer bei Niederanven. Entsprechende Beweise wurden sichergestellt: Das Flugzeugwrack, die Habe der Opfer, die Borddokumente. Es wurden auch Untersuchungen im Tower und bei der technischen Wartung vorgenommen.

Laut Aussagen der Fluglotsen sei es ein normaler Landeanflug, ohne Hindernisse auf der Piste gewesen. Einer der Fluglotsen sagte jedoch, dass der Kopilot sich „ungewöhnlich“ angehört habe. Auf Findel bemerkte man auch das ungewöhnliche Motorengeräuch. Ein Überlebender aus Frankreich konnte sich lediglich an das Herausfahren der Landeklappen erinnern.

Einige Absturzopfer lebten noch

Ein grausiges Detail: Einige der Opfer lebten noch, als sie geborgen wurden, starben aber im Laufe des Tages. Die Identifizierung der Opfer hätte keine Probleme bereitet.

Kurz nach dem Unfall hätte ein Mitarbeiter der Luxair die Landeprozeduren erklärt. Am 11. und 12. November sei auch der Pilot, Claude Poeckes, gehört worden. Im Gegensatz zu dem was behauptet wurde, sei er nie unter Druck gesetzt worden. Er kannte die Prozeduren genau, so Gras. Die Wartung sei ebenfalls den Regeln konform durchgeführt worden. Der technische Untersuchungsausschuss hätte alle Wrackstücke unter die Lupe genommen.

Gerüchte sind ohne Bedeutung

Einige Tage nach dem Unglück seien jedoch Gerüchte über die Kompetenzen der Piloten aufgetaucht, erklärte Gras. Richter Prosper Klein betonte, dass der Pilot alle erforderlichen Genehmigungen erhalten hätte. Gerüchte seien in dem Fall ohne Bedeutung. Wichtig sei nur, ob der Pilot am Unfalltag nicht unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol stand. Er sei aber komplett nüchtern gewesen.

Gras betonte anschliessend, dass die Verbesserungsvorschläge bei der Luxair vom technischen Direktor behandelt wurden. Richter Klein sagte, dass man bei Luxair bereits vor der Lieferung der ersten Fokker-Maschinen von den Problemen mit der Schubumkehr wusste. Offiziell darauf hingewiesen wurde aber erst kurz vor dem Unglück. Eine falsche Manipulation an besagtem Hebel soll zum Unfall geführt haben.

Gute Zusammenarbeit

Zeugenaussagen zufolge sei die Zusammenarbeit zwischen der Luxair und Fokker „sehr gut“ gewesen. Klein erklärte, dass angeblich sogar die Luxair Fokker auf die Fehlfunktionen aufmerksam gemacht habe. Er stellte die Frage, warum man das Problem in Luxemburg nicht sofort, 1994 behoben hätte, als die entsprechende „Service-letter“ veröffentlicht wurde.

Was die technische Wartung der Maschinen betrifft, so sei klar, dass intern bei der Luxair mehrere Personen über die Probleme auf dem Laufenden gewesen seien. Die Entscheidung über etwaige Verbesserungen konnte jedoch nur von den Direktoren getroffen werden, hieß es am Montag im Gerichtssaal.

Späte Erkenntnis?

Die Frage bleibt: Hätte man die notwendigen Änderungen nicht durchführen müssen, auch wenn sie nur optional waren, fragte Richter Klein. „Können Sie sich vorstellen, wie man sich fühlt, nach dem Unfall, wenn man die „Service-letter“ liest?“, entgegnete der ehemalige technische Direktor. Daraufhin der Richter: „Kommt die Erkenntnis nicht etwas spät?“.

Dem Ermittler zufolge wusste die Generaldirektion der Luxair wohl nichts von der „Service-letter“. Wie der technische Direktor berichtete, informierte man die Generaldirektion nur über Änderungen mit großer finanzieller Auswirkung.

Gebrauchsanweisungen

Im Flugzeug befanden sich zwei Gebrauchsanweisungen, eine ausführliche Version und eine Kurzfassung. Auch das Flug- und Wartungsbuch sei in Ordnung gewesen, so der Ermittler weiter. In Sachen Fortbildung seien keine Mängel festgestellt. Kapitän Poeckes war also über alle technischen Neuerungen im Bilde, stellte das Richtergespann fest. Das Buch von Poeckes sei die Version von 1997 gewesen, betonte jedoch der Staatsanwalt. Andere Piloten hätten 1998er oder 2000er Auflagen gehabt. In der Fassung, die Poeckes zur Verfügung stand, seien wahrscheinlich nicht alle techischen Änderungen integriert gewesen. Seltsam ist, dass die Kriminalpolizei das Buch des Piloten von seinem Vater erhalten hat und es nicht bei einer Durchsuchung gefunden wurde. Über das Verhalten der beiden Piloten gab es keine Reklamationen, erklärte Emile Gras weiter.

Überwacht wurde das Verhalten der Piloten im Cockpit nicht. Der sogenannte „Voice-Recorder“ wird nur im Falle eines Unglücks abgehört, erklärte Richter Klein. Man könne sich nur auf die aufgezeichneten Parameter berufen. Poeckes auf jeden Fall kannte seine Vorschriften aus dem „ff“, sagte der Richter. Das sei aus seiner Aussage hervorgegangen.

Der Anwalt des Piloten wollte wissen, wie die Flugbücher bei der Luxair verteilt werden. Gras zufolge würden die Bücher in die Fächer der Piloten gelegt. Der Präsident der Kriminalkammer präzisierte, dass die Bücher meistens bei Problembehebungen benutzt werden.

Am Dienstag wird die Anhörung der Zeugen fortgesetzt.