Donnerstag23. Oktober 2025

Demaart De Maart

Nicht optimal aufgestellt

Nicht optimal aufgestellt

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Zu wenig Niederschlag zu Beginn des Jahres und extreme Hitze bereits Mitte Mai. Die Kombination beide Faktoren könnte zu einem echten Problem für die Versorgung mit Trinkwasser werden.

Doch ganz so dramatisch, wie das aus dem Mund des Premierministers am Freitag klang, scheint die Situation denn doch nicht zu sein. Mit 15 bis 30 Litern pro Quadratmeter und pro Monat (von Februar bis Mai) lagen die Niederschlagsmengen 2011 um rund 40 Prozent unter dem Jahresmittel der letzten 30 Jahre. Hinzu kommen fast schon hochsommerliche Temperaturen im Mai.

Infobox Die Fakten

o Rund 40 Prozent des Trinkwasserbedarfs werden derzeit vom Sebes („Syndicat des eaux du barrage d’Esch-sur-Sûre“) abgedeckt.

o Etwa 60 Prozent des Bedarfs werden durch Grundwasser aus rund 300 Brunnen und Tiefbohrungen abgedeckt.

o 60 der 116 Gemeinden des Landes (vor allem im Osten des Landes) verfügen über keine eigenen Quellen. Sie werden von Nachbargemeinden oder einem der sechs regionalen Trinkwasser-Syndikate versorgt.

o 80 Prozent aller Quellenfassungen sind älter als 65 Jahre und müssten dringend erneuert werden. Viele der älteren Quellenfassungen sind nur unzureichend gegen das Eindringen von (verunreinigtem) Oberflächenwasser geschützt.

Ein Blick in die Zukunft

• Selbst bei einem sparsamen Umgang mit Trinkwasser wird der Verbrauch aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in den nächsten Jahrzehnten steigen. In Eschdorf baut das Sebes bis 2017 eine neue Aufbereitungsanlage mit einer Leistung von 110.000 m3/Tag. Gleichzeitig wird auch die Steigleitung von Esch-Sauer nach Eschdorf verdoppelt. Die Kosten für dieses Projekt belaufen sich auf 90 Mio. Euro, von denen die Hälfte aus Eigenmitteln gedeckt wird, 50 Prozent erhofft man sich vom Staat.

• Die zunehmende Abhängigkeit vom Stausee (er wird in den nächsten Jahren nicht mehr ein Drittel, sondern fast die Hälfte des Trinkwasserbedarfs absichern) macht die Experten nervös. Was passiert bei einem Störfall oder einer Verschmutzung der Sauer nach einem Unfall?

• Wasserwirtschaftsamt und Sebes prüfen derzeit die Möglichkeit eines zweiten Stausees. Verfolgt wird auch die Idee, auf Uferfiltrat aus der Mosel zurückzugreifen. In dem Fall könnte die kurz vor der Inbetriebnahme stehende Versorgungsleitung der Sebes, die vorerst in Junglinster endet, verlängert werden, um einen direkten Anschluss an das nationale Versorgungsnetz zu ermöglichen.

• Als regionale Lösung wird an die Nutzung des Grundwassers in den leerstehenden Galerien im Süden des Landes gedacht.

• Ebenfalls als regionale Lösung ist der mögliche Anschluss an Rheinland-Pfalz angedacht.

Existenzgefährdende Entwicklung

Was Sonnenanbeter erfreut, wird für die Landwirtschaft zu einer existenzgefährdenden Entwicklung. Eine vergleichbare Situation gab es zuletzt 1976. Damals waren die Sommermonate Juli und August von einer extremen Trockenperiode betroffen und die fast reifen Körner vertrockneten am Halm. In diesem Jahr sind viele Kulturen bereits kurz nach der Aussaat vertrocknet oder kränkeln vor sich hin. Bewässerungsanlagen wie man sie in südlicheren Regionen kennt, gibt es (noch?) nicht.

Bis zu 50 Prozent könnte der Ausfall betragen. Eine dramatische Situation, deren Auswirkungen sich vor allem in den Wintermonaten zeigen werden, wenn die Bauern massiv Futter zukaufen müssen, um ihr Vieh zu ernähren.

Alarmistische Töne

Doch die Probleme der Landwirtschaft seien nur ein Element, dramatische Einschnitte könnten auch bei der Trinkwasserversorgung notwendig werden, erklärte am Freitag nach dem Ministerrat Premierminister Jean-Claude Juncker.

Alarmistische Töne, die bei den Verantwortlichen des Wasserwirtschaftsamts und des Sebes („Syndicat des eaux du barrage d’Esch-sur-Sûre) für Irritation sorgen. Auf die meisten Quellen habe der fehlende Niederschlag bislang keine gravierenden Auswirkungen, heißt es aus dem Wasserwirtschaftsamt.

Vor allem ein Infrastrukturproblem

Der Grundwasserstand sei zwar teilweise etwas niedriger als gewohnt, ein einzelner trockener Sommer allein sei aber noch keine Katastrophe. Eng könnte es aber werden, falls auch der Winter 2011/2012 und das Frühjahr niederschlagsarm ausfallen sollten. Das Wasser ist da, es besteht aber ein gewisses Infrastrukturproblem, meint Brigitte Lambert von der „division des eaux souterraines et des eaux potables“. Wenn die Nachfrage zu groß werde, könne es regional zu Versorgungsengpässen kommen.

Knapp zwei Drittel der Trinkwasserversorgung in Luxemburg wird über Quellen und Tiefbrunnen abgedeckt, ein gutes Drittel vom Sebes-Syndikat in Esch-Sauer. Auch dort haben die niederschlagsarmen Monate zu Beginn des Jahres 2011 ihre Spuren hinterlassen.

Unter dem optimalen Stauziel

Mit einer Quote von 315 Metern liegt das Niveau des Stausees derzeit rund sieben Meter unter dem optimalen Stauziel von 322 Metern. Maximal 56 Mio. Kubikmeter speichert der Stausee in Esch-Sauer, bei dem aktuellen Stand sind es rund 40 Mio. Kubikmeter.

Pro Jahr liefert das Sebes rund 20 Mio. Kubikmeter Trinkwasser. Die tägliche Leistung liegt derzeit bei maximal 70.000 Kubikmetern. Punktuell kann das Sebes zudem auf die sogenannte „Ersatzlösung“ zurückgreifen. Bis zu 35.000 m3/Tag können aus Tiefenbohrungen gewonnen werden, die 1991 realisiert wurden, als der Stausee für Wartungsarbeiten geleert war.

An Wasser fehlt es demnach nicht. Allerdings hat auch das Sebes ein Infrastrukturproblem. Vor allem die Ostregion des Landes ist derzeit nicht optimal angebunden. Gerade dort aber befinden sich die meisten „Sorgenkinder“ des Landes, Gemeinden mit – geologisch bedingt – wenig eigenen Quellen. Dieses Problem wird sich allerdings noch vor dem Sommer lösen.

Versorgungsleitung im Osten

Die neue Hauptversorgungsleitung von Grosbous über Mersch nach Junglinster ist fertiggestellt und kann nach Abschluss der Testläufe in den nächsten Wochen in Betrieb gehen, freut sich Direktor Georges Kraus.

Um auch für die Zukunft gerüstet zu sein, muss Luxemburg aber massiv in die Trinkwasserversorgung investieren. Eines ist dabei klar: Die Quellen können nicht intensiver angezapft werden. Ein weiteres Absenken des Grundwassers hätte weitaus verheerenderer Langzeitfolgen auf die Natur als ein paar heiße, trockene Sommer.

Wie genau die Wasserversorgung des 700.000-Einwohnerstaats Luxemburg im Jahr 2050 aussehen wird, steht noch nicht fest, geprüft werden derzeit eine ganze Reihe von Optionen.