„Nicht alle sind an Bord“

„Nicht alle sind an Bord“
(Herbert P. Oczeret)

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Die Flüchtlingsfrage spaltet weiter die EU. Eine Quotenlösung ist angesichts des Widerstands osteuropäischer Staaten in weite Ferne gerückt.

Eine „große Mehrheit“ sei bereit, der Verteilung der 120.000 Flüchtlinge zuzustimmen, sagte Außenminister Jean Asselborn. „Aber nicht alle sind an Bord.“ Es sei nicht möglich gewesen, „ein einstimmiges Ergebnis zu erzielen“, sagte der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maizière. „Einige Staaten fühlen sich offenbar einer solidarischen Verantwortung angesichts dieser großen Herausforderung jedenfalls noch nicht verpflichtet.“

Deutschland, Frankreich und andere Staaten hätten deshalb die EU-Ratspräsidentschaft bitten müssen, „hierüber eine Mehrheitsentscheidung herbeizuführen“, an die sich dann auch die Gegner einer Verteilung halten müssten. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos sagte, in der Verteilungsfrage habe es „eine sehr hitzige Diskussion auf nationaler und europäischer Ebene“ gegeben. Die Kommission sei weiter entschlossen zu handeln.

Entscheidung im Oktober

Avramopoulos forderte ein weiteres Ministertreffen „in den kommenden Tagen“. Nach Angaben von Diplomaten fand keine Abstimmung zu der Frage der Umverteilung statt. Es sei aber klar gewesen, dass eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten die Umverteilung aus stark belasteten EU-Staaten wie Griechenland unterstütze, hieß es. Durch eine solche Entscheidung könnten die Gegner der Aufnahme von Flüchtlingen nun möglicherweise beim nächsten Innenministertreffen Anfang Oktober überstimmt werden.

Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve sprach von einer „großen Mehrheit“ für den Vorschlag. „Eine gewisse Zahl von Staaten wollte sich aber nicht am solidarischen Prozess beteiligen, vor allem die Länder der Visegrad-Gruppe.“ Dies sind Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn. Diplomaten zufolge war auch Rumänien dagegen. Cazeneuve warnte, es gebe „kein Europa à la carte, Solidarität ist nicht teilbar“.

„Wirksame Grenzkontrollen“

Einen rechtlich bindenden Beschluss gab es bei dem Treffen lediglich zur Verteilung von 40.000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland. Sie war bereits im Sommer auf freiwilliger Basis beschlossen worden war. Bisher machten nur ein Teil der Mitgliedstaaten Zusagen für die Aufnahme von insgesamt 32.000 Menschen. Einige Staaten kündigten nun weitere Zusagen bis Ende November an. „Konkrete Ergebnisse“ habe es auch zur Einrichtung sogenannter Hotspots zur Flüchtlingsregistrierung und -verteilung in Staaten an den Außengrenzen der EU wie Griechenland und Italien gegeben, sagte de Maizière weiter. Es gebe nun „einen Zeitplan zur Durchsetzung dieser Hotspots, der sehr kurzfrisitig ist“.

Zudem forderten die Minister „wirksame Grenzkontrollen“, wie es in der Erklärung zu dem Treffen heißt. Dazu sollen schnellstmöglich „Eingreifteams“ der EU-Grenzbehörde Frontex zur Unterstützung von Mitgliedstaaten an den Außengrenzen entsandt werden. Auch die Staaten des Westbalkans sollen in diesem Bereich mehr Hilfe bekommen. Stärker finanziell unterstützen will die EU die Arbeit des UN-Flüchtlingswerks UNHCR in Flüchtlingslagern im Irak, Libanon, in Jordanien und der Türkei. Ein Ratsvorschlag zu einer EU-weit gültigen Liste sicherer Herkunftsstaaten soll bis Oktober erarbeitet werden.

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