Den „Spätlesetrinker“ gibt es nicht. Das zumindest ergibt sich aus Gesprächen mit den Winzern. Das in kleinen Mengen produzierte edelsüß schmeckende Produkt wird vor allem von Genießern bevorzugt. Die „Affaire de goût“ passt gut zu Foie gras oder einem würzigen, gut gereiften Käse. Genau das steht in vielen Haushalten ein paar Wochen auf dem Plan für das Festmahl. „Den Hauptumsatz machen wir an diesen Feiertagen“, bestätigt Bernd Karl, der Chefkellermeister der Domaine am Standort Wellenstein, „Spätleseweine werden vor allem zu besonderen Anlässen getrunken“.
Der Wein für „spezielle Anlässe“ hat seinen Preis. Der halbe Liter kostet um die 20,00 Euro. Außerdem ist er nach ein bis zwei Jahren „Reifung“ nur begrenzt verfügbar. 3.000-4.000 Flaschen bringt der eine Hektar an Trauben, der verstreut in den Weinbergen bei Grevenmacher und Wellenstein jetzt gerade abgeerntet wird.
Der Botrytis-Pilz hilft
Laut Gesetz muss der Wein, um als Spätlese durchzugehen, mindestens 105 Oechsle haben. „Wir streben 130-135 Oechsle an“, sagt Karl und führt noch eine Besonderheit an. „Wir lassen nur acht bis zehn Trauben am Stock“, erklärt er und spricht von Pinot Gris. Die Spätlese der genossenschaftlich organisierten „Vinsmoselle“ wird ausschließlich aus Pinot Gris gewonnen.
Die dürfen auch „Untermieter“ aufnehmen, die beim normalen Wein als „Schädlinge“ weggespritzt werden würden.
Damit der Botrytis-Pilz seine Arbeit tun kann, wird bei der Spätlese der chemische Pflanzenschutz systematisch heruntergefahren. Der Pilz durchlöchert die Haut der Trauben, Wasser tritt aus und der Zuckergehalt erhöht sich. „Er verleiht dem Wein auch eine besondere Geschmacksnote“, sagt Karl. Wie zufrieden sind die Experten denn nun in diesem Jahr, dass beim Wein eine sehr gute Qualität, aber weniger Mengen hervorgebracht wurden? „Uns fehlen ungefähr 35 Prozent an Menge in diesem Jahr“, beschreibt Karl den Unterschied zu vorigen Jahren. Neun bis neuneinhalb Millionen Liter Wein produziert die Genossenschaft jährlich.
„Mir sinn déck zefridden“
In der Menge der geernteten Spätlese wird sich der Ausfall nicht niederschlagen. „Wir steuern das ja“, sagt Karl und spricht die „grüne Lese“ an, bei der die Stöcke auf bestimmte Traubenmengen reduziert werden. Verschiedene Trauben bleiben und dürfen weiter wachsen, andere werden zugunsten der Qualität abgeschnitten. „Mir sinn déck zefridden“, bestätigt Serge Gales, Vizepräsident der „Domaines Vinsmoselle“ – auch wenn ihm die zunehmende Wilderei durch Wildschweine Sorgen bereitet.
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