Sonntag9. November 2025

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Luxemburgs Anti-Terror-Maßnahmen

Luxemburgs Anti-Terror-Maßnahmen
(Fpizzolante)

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Premierminister Xavier Bettel stellte am Dienstag im Parlament einen Gesetzesentwurf vor, mit dem Terror- oder Gefahren für die Staatssicherheit besser bekämft werden sollen.

Nicht die Polizei entscheidet über die Anwendung der neuen Bestimmungen, sondern immer ein Magistrat. Die Gesetze sollen der Realität angepasst werden, so Premierminister Xavier Bettel. Nachstehend die Änderungen:

– Voruntersuchung: die gibt es auch zurzeit. Sie wird auf In-flagranti-Delikte (auf frischer Tat) ausgedehnt. In diesem Fall kann der Staatsanwalt beim Untersuchungsrichter eine schnelle Überprüfung von bestimmten Angaben beantragen, auch wenn noch keine offizielle Untersuchung in die Wege geleitet wurde. Beispiel: eventuelle Telefonortung im Falle von Kidnapping.

– Hausdurchsuchungen sind gemäß Artikel 65 des „Code d’instruction criminelle“ (CIC) außer bei In-flagranti-Delikten nur zwischen 6.30 und 20.00 Uhr möglich. Weil Zeit aber bei dringendem Verdacht auf Terror- oder Gefahr für die Staatssicherheit wichtig ist, sollen sie jetzt in solchen Fällen rund um die Uhr gemacht werden können.

Abhören

– Der Polizeigewahrsam („garde à vue“) ist laut Artikel 39 des „Code d’instruction criminelle“ zurzeit auf 24 Stunden begrenzt. In Fällen von „indices graves et concordants de nature à inculpation“ in Sachen Terror oder Staatssicherheit soll er auf 48 Stunden ausgedehnt werden können. Hierfür muss eine richterliche Anordnung vorliegen. Nach 24 Stunden kann der Verdächtige einen Anwalt hinzuziehen.

– Neben Telefongesprächen soll auch auf Skype oder Viber abgehört werden dürfen.

– Die Polizei darf sich bei Verdacht auf Terror- oder Gefahr für die Staatssicherheit anonym bzw. unter Pseudonym in Chats einmischen. Es darf aber nicht zu einer Provokation durch die Polizei kommen, ansonsten die Untersuchung für nichtig erklärt wird.

Wanzen und Trojaner

– Bei dringendem Terrorverdacht kann die Polizei Abhörgeräte oder Wanzen installieren. Bislang galt das nur für Lauschangriffe von außen. Jetzt darf sie auch innerhalb von Räumen oder in Autos Wanzen anbringen. Dabei muss sie die Artikel 88.1 und 88.2 des CIC beachten. Die Maßnahme muss außergewöhnlichen Charakter haben. Sie muss von einem Untersuchungsrichter angeordnet sein und von dem Präsidenten der Ratskammer des Berufungsgerichtes gegengezeichnet sein.

– Artikel 88.1 und 88.2 regeln auch das Ausspähen von Computern durch sogenannte Trojaner. Laut Bettel darf nicht jeder ausgespäht werden. Nur bei dringender Gefahr darf hierauf zurückgegriffen werden. Auch hier muss eine richterliche Anordnung vorliegen, die vom Präsidenten der Ratskammer bestätigt sein muss. Man könne als Rechtsstaat nicht sagen, der Computer sei heilig und daher untätig bleiben, wenn Gefahr bestehe, während Terroristen eben all die moderne Kommunikationsmittel für ihre Pläne nutzen, so Bettel.

Prepaid-Karten

– Prepaid-Karten für Handys wird es auch weiterhin geben. Sie dürfen aber nicht mehr anonym erworben werden. Aktuell sind 200.000 solcher Karten in Umlauf. Sorgen bereiten die 17.000-20.000 Karten, die bislang noch nicht genutzt wurden. Man wolle vermeiden, dass Luxemburger Karten bei Terrorakten im Ausland auftauchen. Daher müssen sich alle Kartenbesitzer nachträglich identifizieren. Wenn nicht, verfällt die Karte ab einem bestimmten Zeitpunkt.

– Um einen schnellen Zugriff auf den Nutzer einer Nummer zu haben, wird beim „Institut luxembourgeois de régulation“ (ILR) ein Posten geschaffen, von dem die Telefonnummern direkt abrufbar sind, ohne dass der jeweilige Netzbetreiber eingeschaltet werden muss. Hierdurch will man wertvolle Zeit gewinnen. An Wochenenden sind die Betreiber oft nur schwer erreichbar.

– Ein falscher Alarm wird künftig härter bestraft. Die Regierung wird in jedem Fall, der vor Gericht kommt, Zivilpartei ergreifen und die entstandenen Kosten vom Alarmauslöser einklagen.

Zeitlich begrenzt

Folgende Maßnahmen haben zeitlich begrenzten Charakter und dürfen nur ergriffen werden, wenn die Stufe 3 oder 4 des nationalen Sicherheitsplans ausgerufen wird:

– Die Polizei kann auf öffentlicher Straße und in allen Fällen die Identität der Menschen kontrollieren.

– Die Polizei kann auch ohne Anordnung eines Untersuchungsrichters Körperdurchsuchungen vornehmen und Autos durchsuchen sowie Handtaschen und Rucksäcke kontrollieren.

Weitere Maßnahmen mit präventivem Charakter:

– Das Unterrichtsministerium wird eine Stelle schaffen, an die Eltern sich wenden können, wenn ihnen bestimmte Dinge auffallen oder wenn sie spezifische Fragen haben.

– Für Familien, die feststellen, dass sich ein Familienmitglied radikalisiert und Rat suchen, wird eine spezielle Anlaufstelle erschaffen.