Zwischen sechs Monaten und vier Jahren Gefängnis gefordert

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Mit dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft ging der Prozess um das schweren Eisenbahnunglück vom 11. Oktober 2006 knapp hinter der französischen Grenze am gestrigen Abend zu Ende. Substitutin Martine Woddelet forderte für die vier Angeklagten Haftstrafen zwischen sechs Monaten und vier Jahren./François Besch

LUXEMBURG – In ihrem detaillierten Strafantrag befasste sich Substitutin Martine Woddelet gestern Nachmittag, nachdem zunächst noch verschiedene Anwälte der Zivilparteien das Wort ergriffen hatten, mit dem Unglück vom 11. Oktober 2006 und der Rolle, die die vier Angeklagten dabei gespielt hatten.
Davor ging die Substitutin u.a. noch einmal auf den anfangs recht chaotischen Prozessablauf ein und wies darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft alles in die Wege geleitet habe, damit den Angeklagten in zeitlich akzeptablem Rahmen ein fairer Prozess gemacht werden könne.

Paul K.: Sechs Monate mit Bewährung

Fahrdienstleiter Paul K., der seinen Arbeitsplatz verlassen hatte, ohne auf seinen Nachfolger Claude T. zu warten, soll eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten erhalten, wobei sich die Substitutin einer integralen Bewährungsfrist nicht verschloss. K. habe durch sein fehlerhaftes Verhalten zur Entstehung des Unfalls beigetragen. Er hätte, wenn er auf Claude T. gewartet hätte, diesen über den Güterzug, der aus Thionville unterwegs war, selbst informieren können.
Zugute hielt die Substitutin dem Angeklagten, dass er sich während seines Verhörs bei den Unfallopfern resp. deren Angehörigen entschuldigt hatte.

Gilbert F.: 12 Monate mit Bewährung

Weichensteller Gilbert F. habe eine Reihe von Fehlern begangen, die zum Unfall beigetragen hätten. So habe er u.a. nicht lange genug auf den Alarmknopf gedrückt, als der Fehler bemerkt worden war.
Auch habe er nicht auf eigene Initiative die nötigen Schritte eingeleitet, die im Notfall laut Bahnreglement von jedem Agenten unternommen werden müssen.
Die Substitutin verlangt für F. eine Haftstrafe von zwölf Monaten, wobei sie sich einer integralen Bewährungsfrist nicht verschließt.

Patrick M.: 42 Monate für den „Unehrlichen“

Hart ins Gericht ging Martine Woddelet mit Patrick M., dem sie Unehrlichkeit vorwirft. M., der lieber Lasagne per Telefon bestellte, als sich um seine Arbeit zu kümmern, habe eine ganze Reihe von schwerwiegenden Fehlern begangen, ohne die es nicht zu dem Unglück gekommen wäre. Vor allem habe er es unterlassen, Claude T. darüber in Kenntnis zu setzen, dass der Güterzug aus Thionville noch unterwegs sei, obwohl ihm das von Paul K. erklärt worden war. Patrick M. habe, statt seine Fehler einzusehen, die ganze Schuld auf seine Arbeitskollegen abschieben wollen.
Für den Angeklagten fordert die Substitutin schließlich eine Haftstrafe von 42 Monaten, davon 21 Jahre fest!

Claude T.: 48 Monate, davon 24 fest

Was den Angeklagten Claude T. angeht, so begrüßte es die Substitutin, dass dieser sich im Laufe des ganzen Verfahrens nie aus der Verantwortung stehlen wollte und seine Fehler eingestand.
Allerdings sei er aber auch der Hauptschuldige, da er den schriftlichen Fahrbefehl erteilt hatte, ohne die elementarsten Sicherheitsmaßnahmen zu beachten.
48 Monate Haft, davon 24 auf Bewährung, forderte Martine Woddelet zum Abschluss des Verfahrens gegen den Fahrdienstleiter, der an jenem 11. Oktober 2006 fünf Minuten später zum Dienst antrat, was fatale Folgen haben sollte …