Von Pleiten und Pleitieren

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LUXEMBURG - Die Zahl der Konkurse könnte in diesem Jahr einen neuen Rekord erreichen. In den ersten sechs Monaten gingen 522 Unternehmen pleite. Nicht alle waren bloß zahlungsunfähig.

2012 wurde erstmals die 1000er Marke überstiegen. 1021 Konkurse verzeichneten die Gerichtsbezirke Luxemburg (902) und Diekirch (119). 2011 waren es 971. Konkurs anmelden muss ein Unternehmen, wenn es seinen Mitarbeitern den Lohn nicht mehr ausbezahlen kann, Sozialversicherungsbeiträge schuldet oder andere Rechnungen nicht mehr begleichen kann. 2013 könnte ein neues Rekordjahr werden. Bis Ende Juli verzeichneten die Gerichte weit über 500 Insolvenzanmeldungen. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform sprach von 522 Pleiten.

Doch nicht immer ist die unsichtbare Hand des Markts im Spiel. Allein in seiner Mittwoch-Nummer veröffentlichte das Tageblatt elf Gerichtsurteile über einfachen oder betrügerischen Bankrott. Der Begriff weist darauf hin, dass es sich bei dieser Art von Betriebseinstellung um mehr als bloße Zahlungsunfähigkeit handelt. Bankrott ist demnach nicht mit Konkurs gleichzustellen.

Als einfacher Bankrotteur oder Pleitier gilt laut Handelsgesetzbuch, wer seine Zahlungsunfähigkeit nicht ordnungsgemäß erklärt, falsche Angaben gemacht, seine Bücher nicht regelkonform geführt hat oder der einer Gerichtsvorladung nicht nachgekommen ist. Das Adjektiv betrügerisch verdient sich der Pleitier, der vor der Insolvenzerklärung Vermögenswerte aus dem Unternehmen beiseite schaffte, um sie dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen. Unterschiedlich hoch fallen folglich auch die möglichen Strafen aus. Bei einfachem Bankrott droht laut Artikel 489 des Strafgesetzbuches eine Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu zwei Jahren, bei betrügerischem Bankrott sind es bereits zwischen fünf und zehn Jahren.

Kaum Bankrotterklärungen

Im Vergleich zur allgemeinen Pleite-Zahl ist die der Bankrott-Erklärungen gering. Dies wurde ebenfalls im Gesetzprojekt zur Reform des Insolvenzrechts betont, das im Januar 2013 deponiert wurde. In den Jahren 2009 und 2010 sprachen die Gerichte in Luxemburg und Diekirch lediglich 31 Bankrott-Urteile aus, davon wurden 26 Fälle als einfacher Bankrott bezeichnet. Lediglich bei 5 sprach man von Betrug. Und auch bei den nun veröffentlichen Gerichtsbeschlüsse fällt die entsprechende Zahl von jener der Insolvenzfälle deutlich ab: Elf gegenüber rund 500 Konkursen im ersten Halbjahr, davon nur drei betrügerischer Art.

Eine Erklärung für diese verdächtig niedrige Zahl betrügerischer Konkurse könnte die prozedurale Schwerfälligkeit sein. Tatsächlich betrachtet das Gesetz derzeit betrügerischen Bankrott als Verbrechen, während die einfache Variante als Straftat eingestuft wird. Betrügerischer Bankrott setzt jedoch die Ermittlungsmaschinerie der Justiz in Bewegung. Das erschwere die Prozeduren und schrecke vor Strafverfolgungen ab, heißt es im Erklärungstext zum Gesetzentwurf über die Reform des Insolvenzrechts. Die geringe Zahl eingeleiteter Prozeduren zeuge davon.

Entkriminalisiert

Die vorgesehene Reform wird den Unterschied zwischen einfachem und betrügerischem Bankrott beseitigen. In Zukunft wird nur noch von Straftat die Rede sein, das Strafmaß soll auf 1 Monat bis zu zwei Jahren vereinheitlicht werden.

Nur drei der elf im Tageblatt veröffentlichen Gerichtsbeschlüsse handeln von betrügerischem Bankrott. Meist wurde den Beschuldigten schlechte Buchführung und mangelhafte Kooperationsbereitschaft mit dem Insolvenzverwalter vorgeworfen oder sie erschienen nicht zu den zum Termin mit den Justizbehörden. Die betrügerischen Pleitiers hatten ihrerseits auch noch firmeneigene Vermögenswerte verschwinden lassen. Ein weiteres Detail dürfte die Arbeit der Bankrott-Ermittler erschwert haben. Alle Bankrotteure hatten ihren Wohnsitz im Ausland.