KatzenallergieForschende aus Luxemburg erzielen erste Erfolge auf dem Weg zu einer wirksamen Therapie

Katzenallergie / Forschende aus Luxemburg erzielen erste Erfolge auf dem Weg zu einer wirksamen Therapie
Der amtierende „Chief Mouser to the Cabinet Office“ Larry vor seinem Amtssitz in London, den er sich mit dem britischen Premier teilt  Foto: AP/dpa/Frank Augstein

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Wissenschaftler am medizinischen Forschungsinstitut „Luxembourg Institute of Health“ (LIH) haben eine neue Methode gefunden, mit der Katzenallergien besser beizukommen ist als mit herkömmlichen Therapien. Das Tageblatt hat sich mit der Forscherin Cathy Léonard über die Entdeckung unterhalten und dabei einen Einblick in die Arbeit ihres Teams erhalten.

Katzenallergien sind sehr verbreitet. Die Symptome reichen von gereizten Augen bis hin zu Asthma. Linderung versprechen Therapien, die oft langwierig sind und nicht immer von Erfolg gekrönt. Forschende aus Luxemburg glauben, einen großen Schritt in Richtung beschwerdefreies Leben für die Betroffenen gemacht zu haben.

„Eine Allergie ist eine Reaktion des Immunsystems, die nicht normal ist“, erklärt Cathy Léonard, Forscherin am LIH. Es kann scheinbar jeden treffen. Man atmet Pollen ein. Man isst etwas. Das Immunsystem überreagiert ein erstes Mal. Beim nächsten Kontakt mit dem Auslöser erinnert sich das Immunsystem an diese Reaktion und anstatt den Stoff als belanglos und ungefährlich einzustufen, bekämpft es ihn. Das kann schlimme Folgen haben. Pollen und Tierhaare können Schnupfen oder Asthma hervorrufen. In manchen Fällen kann es zu einem anaphylaktischen Schock kommen und manchmal kann eine fehlerhafte Reaktion des Immunsystems tödlich enden.

Wie Allergien entstehen, ist nicht abschließend geklärt. Die Wissenschaft vermutet allerdings stark, dass unsere Reinlichkeit etwas damit zu tun hat. Unser Immunsystem wird demnach nicht mehr genügend geschult. „Das Immunsystem vergisst, wie es mit alltäglichen Stoffen umzugehen hat. Die Kinder spielen nicht mehr so viel draußen im Matsch und mit Tieren und haben deshalb weniger Kontakt mit diesen Molekülen“, so Léonard. Zudem waschen wir ständig unsere Haut und benutzen starke Reinigungsmittel, um Oberflächen zu reinigen. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die im engen Kontakt mit Tieren leben, zum Beispiel auf Bauernhöfen, weniger Gefahr laufen, eine Allergie zu entwickeln, als Stadtkinder, die weniger Kontakt zur Natur haben. Ein Dilemma. Die gleiche Reinlichkeit, die uns Erreger (nicht zuletzt das Coronavirus) vom Hals halten soll, schadet dem Immunsystem. „Es braucht ein Gleichgewicht“, sagt die Wissenschaftlerin.

Bislang sind Therapien langwierig

Zur Katzenallergie ist das Team um Léonard über einen Umweg gekommen. Ursprünglich interessierten die Forschenden sich für das Molekül Albumin, das beim Blutdruck eine wichtige Rolle spielt. Dieses Molekül kommt in der Natur sehr häufig vor. Alle Säugetiere haben es. Es ist auch deshalb für die Wissenschaftler interessant, weil es ein bekanntes Allergen ist. „Bei Katzen ist es das zweithäufigste Allergen“, so die Wissenschaftlerin. Tatsächlich gibt es nämlich acht verschiedene Stoffe, auf die Katzenallergiker reagieren können. Sie sind von Fel d 1 bis Fel d 8 durchnummeriert. Für seine neuste Arbeit hat sich das Team nun Fel d 1, das häufigste Katzen-Allergen, vorgenommen. Die Katzen geben es über den Speichel ab und verteilen es bei der Katzenwäsche im Fell.

Speziell für Allergiker gezüchtete (oder behandelte) Katzen sieht die Wissenschaftlerin deshalb auch kritisch. Dabei gelingt es typischerweise, ein Allergen zu reduzieren, jedoch nicht alle acht.

Aber gibt es nicht schon Therapien? „Bislang sind Therapien gegen Katzenallergien wenig effektiv. Eine solche Desensibilisierung kann drei bis fünf Jahre dauern, bis sie greift“, so Léonard. Desensibilisierung bedeutet, dass der Patient erst kleinen und dann immer größeren Mengen des Allergens ausgesetzt wird, bis sein Immunsystem sich daran gewöhnt hat. Bei dieser Therapie, die auch als Immuntherapie bezeichnet wird, besteht obendrein das Risiko, dass es zu einer starken allergischen Reaktion kommt.

„Unser Ziel ist es, einen Zusatzstoff zu verwenden, der die Immuntherapie effizienter machen soll“, erklärt Léonard das Anliegen der Forschung am LIH. Dadurch könne die Zahl der Behandlungen verkleinert und dadurch das Risiko von Nebenwirkungen verringert werden. Solche Zusatzstoffe werden in der Fachsprache als Adjuvans bezeichnet und kommen auch in Impfstoffen vor. Der vom LIH benutzte Zusatzstoff ist nicht komplett neu. Er ist in den USA bereits für Hepatitis-Impfungen zugelassen.

Aber warum das Ganze? Können die Betroffenen den Vierbeinern nicht einfach fernbleiben? Muss wirklich jede Katze gestreichelt werden? So einfach ist es nicht. Die Allergene finden sich nicht nur in Katzenhaushalten. Über Schuhe und Kleidung werden sie von Mitbewohnern der Katzen überall hingetragen. Zum Beispiel in Schulen, Büros und öffentliche Gebäude. Katzenallergiker können deshalb selbst dann unter ihrer Allergie leiden, wenn keine Samtpfote ihren Weg kreuzt.

Noch nicht an Menschen getestet

So optimistisch die Forschenden auch sind, noch ist Vorsicht angesagt. Bislang wurde die Therapie nur in Tierversuchen an Mäusen getestet. Die Mäuse, die bei den Versuchen benutzt worden sind, wurden von den Wissenschaftlern absichtlich allergisch gemacht. Anders als in Tierversuchen ließen sich Reaktionen wie Asthma nicht untersuchen, sagt die Forscherin. Das Immunsystem der Mäuse, so Léonard weiter, ähnle in sehr vielen Punkten dem der Menschen. Allerdings gibt es auch Unterschiede. Um den Stoff an Menschen testen zu können, muss er deshalb angepasst werden, erklärt sie.

Für diese klinischen Versuche braucht das LIH zusätzlich einen Partner, der in der Lage ist, ihn derart sauber herzustellen, dass er Menschen verabreicht werden darf. Erst dann kann der Stoff die verschiedenen Phasen klinischer Tests durchlaufen. Zuerst wird er an gesunden Patienten getestet, bevor er dann schlussendlich erst im kleinen und dann im großen Rahmen an Katzenallergikern getestet werden kann. Die erhoffte schnelle Lösung für Katzenallergiker kann Léonard nicht anbieten. Bis ein Präparat in Umlauf kommt, könnte es noch Jahre dauern.

Bei ihren Versuchen haben die Forschenden mit drei Injektionen im Abstand von 15 Tagen gearbeitet. „Damit haben wir bei den Mäusen gute Resultate erzielt“, sagt Léonard. Würde eine Therapie beim Menschen ähnlich aussehen, wäre es eine deutliche Verkürzung gegenüber der augenblicklichen Behandlungsmethoden, die sich über Monate und Jahre hinziehen.

Derzeit beschäftigen sich die Forschenden am LIH mit der Frage, ob die Behandlung der Fel-d-1-Allergie mit ihrer neuen Methode auch eine Verbesserung bei anderen Katzenallergien hervorruft. Außerdem gehen sie der Frage nach, ob sich die Therapiemethode auf andere Allergien übertragen lässt.