„Etwas Gutes tun“

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Die luxemburgische Hilfsorganisation „Aide au développement de la santé“ (ADS) feiert dieser Tage ihr 20-jähriges Bestehen. Diese Nichtregierungsorganisation (NGO), deren Initiator und Präsident der Escher Kardiologe Dr. Richard Schneider ist, hat sich zum Ziel gesetzt, die Herzmedizin in Vietnam und vor allem in Laos zu fördern. ADS hatte zuerst in den 1990er Jahren in Hué in Zentral-Vietnam im dortigen Zentralkrankenhaus damit begonnen, eine kardiologische Abteilung aufzubauen. Anfang der 2000er Jahre zog es die Ärzte von ADS nach Laos, wo die Herzchirurgie inexistent war. Bereits im Februar 2002 wurde die erste Operation am offenen Herzen im Krankenhaus Setthathirath in der laotischen Hauptstadt Vientiane von Professor Bernard Eisenmann aus Straßburg durchgeführt. Die junge Patientin von damals ist heute an der medizinischen Fakultät in Vientiane beschäftigt.

Schnell wurde entschieden, eine kardiologische Abteilung im staatlichen Krankenhaus Mahosot mit einem eigenen Gebäude zu errichten. Das „Institut lao-luxembourgeois du coeur“ wurde im November 2004 eingeweiht. Das Institut ist seitdem der Mittelpunkt des Wirkens von ADS in Laos. Während ihrer jährlich in der Regel sechs Missionen werden bald auch Sprechstunden und Untersuchungen in anderen Gegenden des südostasiatischen Landes durchgeführt. Denn ADS sieht ihre Arbeit auch als Teil des Kampfes gegen die Armut und versucht daher, Menschen zu erreichen, die weit von der Hauptstadt entfernt wohnen. So wurden etwa zwischen 2008 und 2011 in der Provinz Champassak in einem Pilotprojekt Echokardiografien an 20.000 Kindern durchgeführt.

An den Missionen von ADS, die eine Woche bis zehn Tage dauern, sind Herzchirurgen, Kardiologen, Anästhesisten, Geräteingenieure und weiteres medizinisches Personal aus Luxemburg, Frankreich (Straßburg), Deutschland und der Schweiz beteiligt, die alle ehrenamtlich arbeiten.

Zwischenzeitlich lässt die NGO vor allem Kardiologen und Anästhesisten unter anderem in Europa ausbilden. Ziel ist es, dass eines Tages laotische Ärzte das Herzinstitut in Eigenregie führen können. Seit 2011 können sie denn auch autonom arbeiten, zumindest was die einfacheren operativen Eingriffe anbelangt. Kompliziertere Fälle werden noch von den Ärzten von ADS behandelt. Diese wollen sich bei ihren künftigen Missionen allerdings nur noch darauf beschränken, kleine Kinder zu operieren, wie uns Dr. Richard Schneider erklärte. Ein Zeichen, dass die jahrelange Arbeit von ADS erfolgreich war.

Warum haben Sie sich mit ADS ausgerechnet in Vietnam und später in Laos
engagiert?

Ich war von 1993 bis 1996 Sekretär von „Médecins sans frontières“ in Luxemburg. In deren Auftrag besuchte ich ein Krankenhaus in der Gegend von Quang Tri im zentralen Vietnam. Ich sollte in diesem Spital eine Bewertung der gynäkologischen Abteilung vornehmen. Dort habe ich dann ebenfalls viele herzkranke Kinder vorgefunden. Ich war allerdings auch von der Freundlichkeit der Menschen dort und der Landschaft begeistert. So fasste ich den Entschluss, dorthin zurückzukehren und meine eigene Nichtregierungsorganisation (NGO) zu gründen. In dieser Zeit nahm ich ebenfalls an einem Kongress in der Schweiz teil, wo ich gleichgesinnte Berufskollegen traf, die mitmachen wollten. 1996 begannen wir in Hué. Warum dort: Es bestand noch aus alten Zeiten eine Konvention zwischen dem CHU in Straßburg und Rennes und dem Uni-Krankenhaus von Hué, die jedoch nicht mehr von den Franzosen erfüllt wurde. Wir mussten also wieder von vorne beginnen. Deshalb haben wir in Hué begonnen, wo wir bis 2010/11 tätig waren.

Ist das Kapitel Hué jetzt abgeschlossen?

Hué hat uns sehr viel gebracht, vor allem moralisch. Vor drei Wochen war ich noch dort, bei einer Feier zum 20-jährigen Jubiläum des Uni-Krankenhauses und der Zusammenarbeit mit ADS. Die Leute dort wollen noch Material von uns. Das Uni-Krankenhaus ist dem Bildungsministerium zugeordneten, das nicht viel Geld hat. Das andere Krankenhaus („Hôpital central de Hué“), das ebenso groß ist, ist dem Gesundheitsministerium zugeordnet und die bekommen das nötige Geld. Den anderen wollen wir nun weiterhin helfen. Es kommen beispielsweise zwei Ärzte aus Hué, die wir in Straßburg ausgebildet haben, während unserer Mission im Dezember nach Vientiane, wo sie sich in Sachen endovaskuläre Eingriffe* weiterbilden werden. Denn es fehlt neben medizinischen Apparaten in Hué vor allem noch immer an der nötigen Ausbildung.

Und wie kamen Sie nach Laos?

Warum Laos? Wieder auf einem Kongress, dieses Mal in Straßburg, habe ich eine laotische Ärztin kennengelernt, Pany Kessone, die mich gefragt hat, ob ich nicht auch im Laos etwas tun könne. Und so kam ich dorthin.

Hatten Sie von Beginn an vor, im Laos ein neues Krankenhaus zu errichten?

Es gab dort ein uraltes Krankenhaus mit 15 Betten für innere Medizin. Eine Kardiologie gab es dort nicht, die war inexistent. Deshalb haben wir anfangs die Patienten erst in Laos ausgesucht, sie nach Vietnam transferiert und dort operiert. Wir hatten ja von uns ausgebildete Leute in Vietnam. Das gefiel uns jedoch nicht und auch der laotische Gesundheitsminister drängte uns, ein Krankenhaus zu errichten. Die ersten drei Jahre haben wir daher in Vientiane in einem von den Japanern errichteten Krankenhaus operiert, Setthathirath. Das Problem jedoch war, dass wir das gesamte von uns benötigte Material nach Laos bringen mussten, das allerdings auch für unsere späteren Missionen bereitstehen musste, was allerdings wegen der Lagerung und der Wartung ein schwieriges Unterfangen war. Deshalb haben wir uns entschieden, ein neues Spital zu errichten. Der laotische Staat hat die Kosten für den Bau übernommen, wir haben den Rest, den Inhalt gestellt.

Was war Ihr Ziel, als Sie Ihr Engagement in Laos aufgenommen haben?

Mein persönliches Ziel war es, dort 2.000 Kinder zu operieren. Wir sind jetzt bei 1.750. In drei Jahren könnte das Ziel erreicht sein.

Wie war um das medizinische Personal bestellt?

Personal gab es keines, das musste erst ausgebildet werden, vor Ort, im Ausland, hauptsächlich aber in Thailand, wegen der Sprache. 200 Kilometer von Vientiane entfernt gibt es ein gutes Universitätskrankenhaus in Khon Kaen, das eine ganz gute Verbindung zu Laos hat. Daneben wurden während eineinhalb Jahren zwei Chirurgen in Straßburg bei Professor Bernard Eisenmann ausgebildet.

Ein solches Projekt auf einer derart großen Distanz durchzuführen in einem Land mit einer anderen Kultur, auf welche Schwierigkeiten sind Sie dabei gestoßen?

Der Kontakt war zu Beginn sehr schwierig. Jetzt allerdings nicht mehr. Sie haben ihre eigenen Ideen. Das größte Problem war allerdings: Die Laoten sind etwas lahm. Eine Operation am Tag reicht ihnen. Es wird in der Region gesagt, dass die Vietnamesen den Reis pflanzen, die Laoten schauen ihm beim Wachsen zu und die Kambodschaner ernten den Reis. Ein anderes Problem ist die Wartung der großen medizinischen Geräte. Wir haben einen Ingenieur ausgebildet, der auf der Höhe ist. Die großen Geräte jedoch, die Herz-Lungen-Maschine, die Monitore und die Anästhesie-Geräte, müssen ständig kontrolliert werden, denn sie sind vital für den Patienten.

Wie kommen Sie an das medizinische Personal, das Sie nach Vientiane begleitet?

Ich muss hier immer ein Ärzteteam zusammenstellen. Das ist nicht immer einfach. Die Kollegen aus Straßburg kommen allerdings immer mit, das sind stets die Ersten auf der Liste. Dann jedoch auch Kollegen aus dem INCCI („Institut national de chirurgie cardiaque et de cardiologie interventionnelle“, Anm. d. Red.) aus Luxemburg mit Dr. Arnaud Charpentier. Professor Friedhelm Beiersdorf aus Freiburg bringt medizinisches Personal mit und Professor Ortwin Friesewinkel vom Herz-Neuro-Zentrum Bodensee kommt allein.

Was motiviert die Kollegen aus Luxemburg, Frankreich, Deutschland und der Schweiz, die Sie in Ihrem Projekt unterstützen?

Die machen das auf ehrenamtlicher Basis. Ich kenne sie bereits sehr lange und ich denke, die machen das auch für mich. Aber es ist für sie ebenfalls ein großes Abenteuer und ich glaube, es macht ihnen Spaß, mitzumachen. Und sie arbeiten wie die Pferde während unseres Aufenthaltes in Laos. Die Motivation ist es, etwas Gutes zu tun. Das Problem nur ist, dass nicht immer jeder mitkann.

Wie sieht es mit der Motivation der Laoten aus?

Die wollen etwas lernen, das ist klar. Sie sind jedoch hauptsächlich wegen der Bezahlung dabei. Sie werden zwar vom laotischen Staat bezahlt, doch das sind 80 bis 90 Dollar im Monat. Und nach 3 Uhr am Nachmittag ist niemand mehr im Krankenhaus. Dann arbeiten sie mit ihren Familien in den Reisfeldern. Deshalb bekommen sie auch noch ein Gehalt von uns. Die Chirurgen haben alle noch eine Privatpraxis, um etwas Geld nebenbei zu verdienen. Sie bekommen alle 300 Dollar monatlich vom Staat. Wir zahlen ihnen dann noch eine Prämie, wenn die Leistung stimmt. Das motiviert sie. Denn nachdem wir damit begonnen hatten, hat sich die Anzahl an Operationen um 50 Prozent gesteigert.

Was macht ADS jetzt noch im lao-luxemburgischen Herzinstitut in Vientiane?

Wir operieren außer den komplizierten Fällen nur noch Kinder. Das werden die laotischen Chirurgen nie können. Das ist wie in Europa. Auch in Luxemburg werden keine Herzoperationen an kleinen Kindern vorgenommen. Die werden nach Paris oder Brüssel transferiert. Wenn sie im Laos die Herzchirurgie für Erwachsene beherrschen, dann ist das bereits nicht schlecht. Daneben machen wir endovaskuläre Eingriffe, denn das müssen die laotischen Ärzte noch lernen, was allerdings drei bis vier Jahre in Anspruch nehmen wird.
Außerdem begleitet uns noch Michel Nathan (Direktor des Escher CHEM, Anm. d. Red.), der Kurse in Sachen Krankenhausverwaltung anbietet. Dieses Unterfangen gestaltet sich allerdings etwas schwierig, da die jungen Leute in Laos kein Französisch mehr lernen und alles übersetzt werden muss.

Wann ist der Punkt erreicht, an dem Sie sagen: „Mission erfüllt“?

Wenn wir 2.000 Kinder operiert haben. Aber auch wenn die laotischen Kollegen komplett autonom sind und das Krankenhaus selbst verwalten können. Das können sie leider noch nicht.