Bettels digitaler Auftritt bei KPMG

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Der Luxemburger Premier Xavier Bettel tritt bei der Einweihung des neuen KPMG-Firmensitz auf Kirchberg auf. Nicht real, sondern digital. Als Hologramm.

Ein neues Gebäude prägt den Kirchberg. „39 JFK“ ist der neue Sitz von KPMG. Die Pläne stammen aus dem Architektenbüro Valentiny HVP Architects.

Der optimale Tag, um ein neues Gebäude einzuweihen, war der gestrige Donnerstag nicht. Bei Kälte und einem Niederschlag, der unentschieden schien, ob er nun Schnee oder Regen sein will, wollte sich wahrlich keiner im Freien aufhalten, um das neue Gebäude zu bewundern. Der graue Himmel wog schwer. Unter diesen Umständen hat es ein neues Bürogebäude nicht leicht, in voller Pracht zu glänzen. Oder in diesem Falle rostrot zu erstrahlen. Scheinwerfer, die eine Ecke des Erdgeschosses in einem satten Blau beleuchteten, halfen nur wenig.

„Kein richtiges Stück Stadt“

Den Tag für die Einweihung herausgesucht hatte sich das Beratungsunternehmen KPMG Luxemburg. Bei der Immobilie handelt es sich um den neuen Firmensitz am Boulevard J.F. Kennedy mitten auf dem Kirchberg mit dem wenig einfallsreichen Namen „39 JFK“. Sie ahnen es, 39 ist die Hausnummer.

Der Fleck, an dem das Gebäude steht: „ein anonymer Ort“. Das sagt Architekt François Valentiny, dessen wohl bekanntestes Werk der Luxemburger Pavillon bei der Weltausstellung in Schanghai ist. Seine Mitarbeiterin Laurye Pexoto habe großen Anteil an dem Projekt „39 JFK“, erklärt Valentiny.

Der Kirchberg entwickle sich seit 50 Jahren, sei aber noch immer „kein richtiges Stück Stadt“ geworden, behauptet er. Das von Banken und Kanzleien geprägte Viertel ist für ihn größtenteils monofunktional. Kein guter Nährboden für ein Stadtleben. Lediglich den Teil „ënne beim Utopolis“ – mit Kino, Bars und Supermarkt – qualifiziert der Architekt als richtigen, lebendigen Stadtteil.

„Ohne extravagant zu sein“

Zurück zu dem Gebäude, um das es ja eigentlich geht, auch wenn die Anwesenheit von mehreren Ministern, dem Parlamentspräsidenten und des Hofmarschalls bei der Einweihung eher einen Staatsempfang nahelegen. Die wenig filigran anmutende Gitterkonstruktion aus Cortenstahl sticht wohl jedem, der daran vorbeifährt, ins Auge. Cortenstahl wird dann benutzt, wenn eine verrostete Oberfläche aus ästhetischen Gründen ausdrücklich erwünscht ist. „Wir wollten mehr Aufmerksamkeit in den öffentlichen Raum bringen“, sagt Valentiny. „Ohne extravagant zu sein“, fügt er hinzu.

Die Stahlkonstruktion ist nicht nur dekorativ. Sie trägt das Gebäude. Die Pfeiler, die sonst in die Mauer eingearbeitet sind, sozusagen das eiserne Skelett des Gebäudes, wurden freigelegt.

Hier erfülle die Fassade nicht nur ihre zwei traditionellen Funktionen, die da wären drinnen von draußen zu trennen und dekorativ zu sein. Ihr wird, so erklärt es der Architekt, eine „konstruktive“ Dimension hinzugefügt. Das Konstruktive definiert die Ästhetik.

KPMG Managing Partner Georges Bock sprach am Donnerstag von „einer neuen Art des Arbeitens“, die nicht nur für die Architektur des Gebäudes, sondern auch für sein Unternehmen gelte. Interessanter Fakt: In den 17.000 m2 des neuen Gebäudes sind die Arbeitsplätze nicht fest vergeben. Jeder Mitarbeiter kann sich einen Platz suchen, wo er will.

Eine neue „Landmarke“

Doch der Stahl erinnert manch einen auch an die Industriegeschichte Luxemburgs. Die Assoziation machte unter anderem Finanzminister Pierre Gramegna, welcher gekommen war, um dem „wundervollen Unternehmen“ für seinen neuen Hauptsitz zu gratulieren. „Und was für ein Gebäude Sie hier errichtet haben … erstaunlich“, schwärmte der Finanzminister. „Großartige Arbeit.“ Das Gebäude sei eine neue „Landmarke“.

Das Gebäude symbolisiere, nicht nur mit seinen Fenstern, sondern auch mit seinem großen Atrium im Innern, Transparenz. Dem Finanzminister gelingt so der rhetorische Brückenschlag zur Steuertransparenz, welche sich die Luxemburger Regierung auf die Fahne geschrieben hat. Von Gramegna kam dann auch der dringliche Aufruf an KPMG, den Kunden zu vermitteln, transparent zu wirtschaften. „Transparency is not an option. It’s a must“, so Finanzminister Gramegna.

Bettel als Hologramm

Premierminister Xavier Bettel hielt sich in seiner Ansprache kurz. Grüßte, machte einen Scherz. Dabei stand er selbst nicht physisch auf der Bühne. Nein, er wandte sich als Hologramm an die Gäste.

Mit der Einweihung am Donnerstag ist KPMG das zweite der Big4-Unternehmen, das ein neues Gebäude einweiht. Vor nicht allzu langer Zeit hat der Konkurrent PwC seinen neuen Sitz in Gasperich eingeweiht. Das dritte und das vierte Unternehmen im Bunde werden bald folgen – Deloitte nach Gasperich und EY (früher Ernst&Young) auf den Kirchberg.