Am 11. Januar fällt das Urteil

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Antoine Deltour und Raphaël Halet sind erneut vor den Richtern.

Die Sitzung im LuxLeaks-Prozess am Donnerstag war schnell vorbei. Nach knapp 50 Minuten war alles gelaufen. Sowohl Antoine Deltour als auch Raphaël Halet waren bei der Verhandlung anwesend. Eine Entscheidung wurde aber noch nicht getroffen. Das Urteil wird am 11. Januar 2018 gesprochen.

Dass das Kassationverfahren schnell vorbei war, ist nicht ungewöhnlich. Bei den meisten Fällen, mit denen sich der Kassationsgerichtshof befassen muss, läuft der größte Teil des Verfahrens schriftlich ab. Zu Beginn der gestrigen Sitzung ging der Vizepräsident des Kassationsgerichtshofes, Nico Edon, auf die Zusammenfassung der Akte ein. Sowohl das Urteil aus erster als auch das aus zweiter Instanz wurden vorgetragen. Zudem erklärte Edon die Argumente von Deltour und Halet, die vor den Kassationsgerichtshof gezogen sind.

Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft sagte, dass der sogenannte „pourvoi en cassation“ der beiden Parteien zwar zulässig sei, die Argumente aber nicht ausreichen würden, um das Urteil des Berufungsgerichts zu „cassieren“. Antoine Deltour wurde in zweiter Instanz vom Vorwurf, Whistleblower zu sein, freigesprochen. Er wurde wegen Diebstahls verurteilt. Das Argument von Me Philippe Penning, dem Verteidiger von Deltour, dass es ein Paradox in der Verurteilung geben würde, war eindeutig. „Wir verstehen nicht, wie man als Whistleblower anerkannt und dann aber wegen Diebstahls verurteilt werden kann“, meinte er. Antoine Deltour betonte: „Wenn das Urteil am 11. Januar nicht ‚cassiert‘ wird und es nicht zu einem erneuten Prozess kommt, werde ich bis nach Straßburg vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.“

Kohl, der „Kronzeuge“

Zudem stellt sich die Frage, ob Antoine Deltour im eigenen oder im öffentlichen Interesse gehandelt hat. „Ohne im Besitz von Daten zu sein, kann man auch nicht zum Whistleblower werden. Deswegen leuchtet es mir in keinster Weise ein, warum ich wegen Diebstahls verurteilt wurde“, sagte er dem Tageblatt gegenüber.

Raphaël Halet war ebenfalls vor den Kassationsgerichtshof gezogen. Sein Rechtsanwalt Me Bernard Colin betonte: „Ich bin der Meinung, dass mein Mandant keinen fairen und gerechten Prozess hatte, wie das in der Menschenrechtskonvention vorgesehen ist. Marius Kohl, ein wichtiger Zeuge, hatte sich sowohl in erster als auch in zweiter Instanz krankgemeldet und wurde nicht vor Gericht gehört. Unserer Meinung nach ist Kohl der Kronzeuge in diesem Fall.“

Marius Kohl, alias Mr. Ruling, leitete bis zu seiner Rente die Steuerabteilung Sociétés 6, über die die Steuer-Rulings abgewickelt wurden. Über seinen Schreibtisch gingen demnach die Anträge der ausländischen Firmen. In erster Instanz hatte der Zeuge sich krankheitshalber entschuldigen lassen. Das gleiche Szenario spielte sich in zweiter Instanz ab. Raphaël Halet verwies darauf, dass jeder laut Artikel 6 der Konvention für Menschenrechte das Recht auf einen fairen und gerechten Prozess hat. Dies wäre aber im LuxLeaks-Prozess nicht der Fall gewesen.

Am 11. Januar wird sich zeigen, wie es im LuxLeaks-Prozess weitergehen wird.


Perrin reicht Klage ein

Edouard Perrin, Journalist von France 2, hat nun Klage wegen Amtsmissbrauchs gegen PricewaterhouseCoopers (PwC) eingereicht. Der PwC-Mitarbeiter Antoine Deltour gab im September 2011 Dokumente an Perrin weiter, der Teile davon in seiner Fernsehsendung „Cash Investigation“ veröffentlichte. Zeitgleich wurden die Dokumente vom „International Consortium of Investigative Journalists“ veröffentlicht. Der LuxLeaks-Skandal zeigte auf, dass die „Ruling“-Praxis in 22 EU-Ländern gang und gäbe war, trotz anderslautender Rundschreiben der EU-Kommission.

In einer zweiten Sendung im Jahre 2012 verwendete Perrin dann noch anderes Material von PwC, und zwar 16 Steuererklärungen mit Anhängen von großen internationalen Firmen. Dieses stammte von Raphaël Halet, der ebenfalls bei PwC arbeitete, aber Deltour nicht kannte. Er hatte sich nach der ersten Fernsehsendung an Perrin gewandt. Ein Datum für den diesbezüglichen Prozess ist allerdings bis heute nicht bekannt.


„Support Antoine Deltour“

Rund 50 Unterstützer hatten sich gestern kurz nach 8 Uhr im Hof der „Cité judiciaire“ versammelt. Sie wollen zwei ehemaligen Mitarbeitern der Auditfirma PricewaterhouseCoopers bei ihrem Prozess zur Seite stehen. „Es geht nicht darum, die Justiz selbst zu kritisieren, sondern dass hier Personen, die ursprünglich für Gerechtigkeit sorgen wollten, nun auf der Anklagebank sitzen“, so einer der Demonstranten.

Auf großen Schildern war zu lesen „Protection pour les lanceurs d’alerte“ oder „Support Antoine Deltour“. Sowohl in erster als auch in zweiter Instanz waren wesentlich mehr Unterstützer anwesend. „Es geht um Steuergerechtigkeit und nicht darum, Whistleblower wegzusperren. Auf der Anklagebank müssten große Konzerne sitzen, die ‚Tax Rulings‘ angewandt haben“, meinte ein Mann, der sich für die Gerechtigkeit einsetzt. „Es ist ein Skandal, dass Deltour, also die Person, die die Dokumente seines ehemaligen Arbeitgebers an einen Journalisten weitergereicht hat, nun angeklagt ist. Er hat zusammen mit den beiden anderen Beschuldigten einen großen Dienst geleistet“, sagte eine Frau, die bereits an den zwei Instanzen des Prozesses teilgenommen hat. Auch die Journalisten-Menge war bei dem gestrigen Kassationsprozess wesentlich übersichtlicher. Die großen Agenturen wie AFP oder dpa waren zwar anwesend, doch der große Andrang von ausländischen Fernsehteams blieb aus. Für den ersten Prozess gab es Anfragen aus Schweden und sogar aus Japan. Zu den Schaulustigen zählten gestern auch jede Menge Rechtsanwälte, Vertreter der Staatsanwaltschaft und Richter.