Samstag1. November 2025

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Kein einfaches Verhältnis zu den USA

Kein einfaches Verhältnis zu den USA
(Tageblatt)

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Jetzt sind alle 168 Depeschen der US-Botschaft in Luxemburg im Internet abrufbar. Wie aus den veröffentlichten Dokumenten hervorgeht, beurteilten die Amerikaner vor allem Außenminister Jean Asselborn kritisch.

Vorweg gesagt, die Botschafts-Depeschen widerspiegeln nicht die offizielle US-Außenpolitik in Washington. Hier wird lediglich die Meinung/Kommentar der diplomatischen Vertretung der USA auf Kirchberg dokumentiert. Zahlreiche Meldungen sind als „Vertraulich“ und sechs als „Geheim“ eingestuft. Aus den Depeschen ist herauszulesen, dass der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn nicht gerade ein Liebling der Amerikaner ist – im Gegensatz zu Finanzminister Luc Frieden. Er wird in einer Depesche von März 2007 „proamerikanisch“ genannt. Auch werden die Unterschiedlichen Meinungen in der CSV-LSAP-Regierungskoalition dokumentiert. Hier einige Auszüge:

Hamas in Luxemburg aktiv?
Am 15. Juni 2008 wird vor der US-Botschaft auf Limpertsberg eine verdächtige Person festgenommen. Bei einer anschließenden Personenkontrolle stellt sich heraus, dass der Vater und der Bruder von Khalil Abo Mitglieder der radikal-islamischen Hamas-Bewegung angehören. Der Festgenommene wird von den Sicherheitsbehörden auch unter dem Zweitnamen Ezoubeir Traboulsi geführt.

Khalil Abo´s Name wurde auch als Alias von Ali Ahmad Ammar, besser bekannt als „Carlos“, einem Top-Terroristen für „militärische Operationen“ für europäische Länder genannt. Auch sein Zweitname wurde als Alias für ein Mitglied der „Radikal Kämpfenden Islamische Vereinigung in Libyen“ (LIFG), Mustab Sha´ban, zugeordnet, heißt es im Juli 2008 in einer Meldung der US-Botschaft an das Außenministerium in Washington.

Die LIFG wird im Westen als Terrororganisation eingestuft. Warum der Mann die US-Botschaft beobachtet hat, geht aus der Depesche nicht hervor. Auch über seinen weiteren Verbleib gibt es keine Angaben.

US-Depesche zum Thema US-Raketenabwersystem für Europa (März 2007)

Die damalige US-Botschafterin Ann Wagner teilt die Meinung Asselborns beim Thema US-Raketenabwehr über Europa in keinster Weise. Rückendeckung gab es für die USA allerdings vom damaligen Justizminster Luc Frieden. Asselborn spreche bei dem Thema für sich, heißt es. Damals empfahl die US-Botschaft, den Druck auf Asselborn zu erhöhen. „Wir werden seine öffentliche Meinung sehr genau beobachten, heißt es in der Meldung weiter.

US-Depesche zum Thema Bankgeheimnis (März 2009)

Der Druck der USA, Frankreich und Deutschland 2009 auf sogenannte Steueroasen sorgten bei Finanzminister Luc Frieden für schlaflose Nächte. Bei einem Gespräch zeigte sich Frieden über den Druck der USA und der Nachbarländer besorgt. Er wolle hier Fehlinterpretationen zu dem Thema vermeiden, heißt es. Auf Empfehlung der US-Botschaft an Washington, sollte der Druck auf die Luxemburger Regierung erhöht werden, um sie in die „richtige Richtung“ zu steuern, heißt es bissig.
In der Depesche zeigt sich zudem, dass gespannte Verhältnis 2009 zwischen Asselborn und Frieden bei dem Thema. Der Außenminister hatte in einem Interview über eine mögliche Lockerung des Bankgeheimnis gesprochen – zum Ärger von Frieden.
Dies seien Träumereien und spiegeln nicht die Position Luxemburg wider, so Frieden. Nur er sei bei dem Thema Ansprechpartner, heißt es in der Depesche.

Zwei US-Depeschen zum Thema Afghanistan (Dezember 2009/Januar 2010)

Bei einem Treffen mit Vertretern aus dem Außen- und Verteidigungsministerium wird über die Luxemburger Beteiligung am Afghanistan-Einsatz gesprochen. Sorgen macht der Luxemburg Seite dabei die zunehmende Kritische Meinung der Öffentlichkeit im eigenen Land über den Kries. Dies sei besonders nach dem Luftangriff auf zwei Tanklastwagen mit 113 Toten Anfang September 2009 deutlich geworden. Hier werde die Meinung besonders von deutschen Medien beeinflusst, heißt es.
Aus der Depesche geht auch hervor, dass es in Luxemburg bereits einen Abzugsplan für die eigenen Soldaten für 2011 gab. Von einer Aufstockung der Soldaten vor Ort wurde allerdings abgesehen. Die Armee befinde sich in einer Reformphase und Luxemburg ist an zahlreichen weiteren Auslandseinsätzen (Kosovo, Bosnien und Kongo) beteiligt. Aus diesem Grund wolle man (2013) die Truppenstärke um 40 Prozent von derzeit 1000 auf 1400 Mann erhöhen. Eine ensprechende Entscheidung sei bereits gefallen, aber noch nicht veröffentlich worden, heißt es weiter.

Kritik in den Medien wird laut

Unterdessen haben die Wikileaks-Veröffentlichungen in der europäischen Medienlandschaft für heftige Kritik gesorgt. Nach ihrer bisherigen Zusammenarbeit bei der Veröffentlichung von Geheimdokumenten stehen vier große Zeitungen und Magazine mit der Enthüllungsplattform Wikileaks nun offenbar auf Kriegsfuß. In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisierten der „Spiegel“, die „New York Times“, „El País“ und der „Guardian“ am Freitag die Offenlegung des gesamten Archivs an unredigierten US-Botschaftsdepeschen scharf. Die Entscheidung von Wikileaks werde missbilligt, weil dadurch die Quellen in Gefahr geraten könnten, hieß es.

Wikileaks hatte die Veröffentlichung des restlichen Bestandes von insgesamt mehr als 250.000 Dokumenten damit begründet, dass diese ohnehin im Internet kursierten. Zuvor warfen die Betreiber der Plattform dem Reporter David Leigh von der britischen Zeitung „Guardian“ sowie einem namentlich nicht genannten Deutschen vor, ein Passwort nicht ausreichend geschützt beziehungsweise verbreitet zu haben.

Schuldzuweisung und Stellungsnahme

Leigh und der „Guardian“ wiesen die Vorwürfe zurück. Sie erklärten, das Problem habe vielmehr bei Wikileaks selbst gelegen. So hätten die Betreiber der Plattform versehentlich eine verschlüsselte Datei ins Internet gestellt, zudem habe Wikileaks-Gründer Julian Assange den grundlegenden Fehler begangen, ein altes Passwort ein weiteres Mal zu benutzen.

Die französische Zeitung „Le Monde“, die in der Vergangenheit ebenfalls mit Wikileaks zusammengearbeitet hatte, kündigte an, sich der Stellungnahme der vier anderen großen Zeitungen und Magazine anzuschließen. Die Stellungnahme wurde am Freitag zunächst auf der Internet-Seite des „Guardian“ veröffentlicht.