Dienstag18. November 2025

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Kaum Mitleid für Trierweiler

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Die Affäre des Präsidenten bewegt die Franzosen fast nicht. Wichtiger scheint ihnen die Frage, wer in Zukunft die Rolle der "First Girlfriend" spielt.

Stell dir vor, der Präsident hat eine Affäre, und alle fragen sich nur, wer denn nun die künftige First Lady sein wird: So scheint Frankreich in diesen Tagen auf den mutmaßlichen Seitensprung von François Hollande zu reagieren. Nach Boulevardberichten über seine nächtlichen Motorradfahrten zur Wohnung der Geliebten hält sich das Mitgefühl für die mutmasslich betrogene Freundin Valérie Trierweiler in engen Grenzen. Und das, obwohl Hollandes Lebensgefährtin nach Bekanntwerden der Sache wegen eines Zusammenbruchs in eine Klinik eingeliefert werden musste.

Der Pariser Bürger Jean-Paul Lechevalier nimmt Hollande sogar in Schutz. Das Privatleben des Präsidenten „sollte nicht öffentlich diskutiert werden“, findet er. „Er ist ein Mann wie jeder andere. Viel interessanter sind da seine Ankündigungen über seinen Kampf für die Wirtschaft.“

Ein Präsident mit Affäre ist beliebter

Die Haltung sei typisch, sagt Meinungsforscher Emmanuel Riviere vom Umfrageinstitut TNS-Sofres. „Die Franzosen nehmen die Vorstellung, politische Führer könnten ausserhalb der Ehe eine Liaison pflegen, nicht allzu ernst – solange das nicht den Verlauf des politischen Handelns beeinträchtigt.“ Riviere geht sogar noch weiter. In der Tat würden einige Leute „sagen, dass ein Präsident, der ein (sexueller) Eroberer ist und verführen kann, eher akzeptiert wird“.

Doch im Fall Hollande spielt offenbar nicht nur die traditionelle französische Nachsicht mit untreuen Staatschefs eine Rolle, sondern auch die grosse Unbeliebtheit der Frau an seiner Seite. Mit Valérie Trierweiler lebt Hollande zusammen, seit er sich 2007 von der sozialistischen Ex-Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal getrennt hat. Für viele Beobachter galt es als ausgemacht, dass Trierweiler der Grund für Hollandes Liebesaus mit der Mutter seiner vier Kinder war.

Trierweiler soll „die Bühne verlassen“

So richtig ins Herz geschlossen haben die Franzosen Trierweiler daher bislang nicht. Von vielen wird die Journalistin als eher kühl und distanziert wahrgenommen. Da sie die Rolle der First Lady ausfüllt und Hollande auf dessen internationalen Reisen begleitet, gerieten nach den Berichten um dessen angebliche Eskapaden die Steuergelder in den Blickpunkt, die allmonatlich in Trierweilers Stab und Büro im Élysée-Palast fließen. Die Summe beläuft sich auf 20.000 Euro.

Nun ist im Land eine Debatte darüber entbrannt, warum Trierweiler in den Genuss der Vorzüge kommen sollte, wenn sie möglicherweise keinen Platz mehr im Herzen des Präsidenten hat. Christine Clerc, eine bekannte Autorin von Büchern über französische Präsidentenpaare, hält Trierweiler vor, nicht dezent die Bühne verlassen zu haben. „Es gibt ziemlich viele betrogene Frauen, die denken, dass eine First Lady der Situation mit mehr Würde begegnen sollte“, sagt Clerc. „Es ist nicht das erste Mal, dass wir einen Präsidenten haben, der Affären mit Frauen hat. Das ist sogar Teil einer gewissen Tradition.“

Nächsten Dienstag entscheidet Hollande, wie es weitergeht

Tatsächlich reiht sich Hollande in eine grosse Riege französischer Staatschefs mit einem komplizierten Beziehungsleben ein. François Mitterrand etwa soll mit seiner heimlichen Geliebten eine Tochter gezeugt haben. Ex-Präsident Valery Giscard d’Estaing baute Berichten zufolge auf dem Weg zu seiner Mätresse einen Autounfall. Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy war der erste französische Staatschef, der sich im Amt scheiden liess und wieder heiratete.

Im kommenden Monat sollte Trierweiler eigentlich an Hollandes Seite in die USA mitreisen. Doch das könnte sich nun ändern. Der Präsident selbst will sich bis kommenden Dienstag entscheiden, wie die Beziehungskiste weitergeht.