Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zweifelt, dass im Streit um das iranische Atomprogramm noch eine friedliche Lösung möglich ist. Bisher hätten weder Diplomatie noch Sanktionen Wirkung gezeigt, sagte Netanjahu in Washington. „Niemand von uns kann es sich leisten, viel länger zu warten“, fügte er mit Blick auf mögliche militärische Schritte gegen den Iran hinzu.
Aipac – Israels mächtigste Lobby in den USA
Das „American Israel Public Affairs Committee“ (Aipac) gilt als mächtigste Lobby israelischer Interessen in den USA. In der Organisation mit Sitz in Washington engagieren sich etwa 100.000 Aktivisten, Juden und Nicht-Juden, über Parteigrenzen hinweg für ein Ziel: die Festigung der Verbindungen beider Länder. Für viele Amerikaner ist die enge Partnerschaft gleichsam Staatsraison.
In den USA kommt die Politik nicht an den Freunden Israels vorbei: Die Lobby wacht über alle Gesetze, die Israels Interessen berühren könnten. Mangelnde Unterstützung Israels oder gar eine israelfeindliche Haltung können die Chancen bei Wahlen deutlich schmälern. Um ihre Verbundenheit mit Aipac zu demonstrieren, besuchen Hunderte amerikanische Abgeordnete und Spitzenpolitiker regelmäßig die Jahreskonferenzen des Vereins.
Zu seinen mittelbaren und unmittelbaren Erfolgen zählt die massive finanzielle Unterstützung der USA für Israel in Höhe von jährlich etwa drei Milliarden Dollar, größtenteils als Militärhilfe. Insgesamt sollen seit der Gründung Israels etwa 110 Milliarden Dollar geflossen sein. Auch politisch stärken die USA Israel trotz punktueller Meinungsverschiedenheiten oder Interessensgegensätze verlässlich den Rücken. So ist die Sicherheit des kleinen Landes ein Eckpfeiler der amerikanischen Außenpolitik. (dpa)
Zugleich stellte Netanjahu in einer Rede vor der proisraelischen Lobby-Organisation AIPAC unmissverständlich klar, dass sich Israel das Recht auf Selbstverteidigung vorbehalte. „Wenn es um das Überleben Israels geht, müssen wir stets Herr unseres Schicksals bleiben“, sagte Netanjahu am Montagabend (Ortszeit).
Recht auf Selbstverteidigung
Zwar meinte Netanjahu, die USA und Israel verfolgten im Irankonflikt „genau die gleiche Politik“. Doch bei einem Gespräch mit US-Präsident Barack Obama waren zuvor stark unterschiedliche Akzente deutlich geworden. Während Obama vor allem für Diplomatie und Sanktionen warb, unterstrich Netanjahu das Recht auf Selbstverteidigung. „Wir glauben, dass es immer noch ein Fenster gibt, das eine diplomatische Lösung dieses Themas erlaubt“, sagte Obama.
Wie die „New York Times“ berichtete, seien „grundlegende Differenzen“ zwischen den beiden Politikern nicht überwunden worden. Einigkeit herrschte lediglich in der grundsätzlichen Frage, dass weder Israel noch die USA einen Iran mit Atomwaffen zulassen wollten. Obama unterstrich, sich alle Optionen offenzuhalten.
Angriff auf den Iran
Hintergrund des Treffens waren monatelange Spekulationen, dass Israel die Atomanlagen im Iran möglicherweise bereits in den nächsten Monaten angreifen könnte. Israel betrachtet das iranische Atomprogramm als größte Bedrohung seiner Existenz.
In seiner leidenschaftlichen Rede bei der Jahrestagung der Israel-Lobby ging Netanjahu auch auf den Holocaust ein. 1944 hätten die USA Bitten der jüdischen Lobby abgelehnt, das Vernichtungslager Auschwitz zu bombardieren. „Aber 2012 ist nicht 1944. Die heutige amerikanische Regierung ist anders“, rief Netanjahu unter dem Jubel mehrerer Tausend Zuhörer. „Als Ministerpräsident Israels werde ich mein Volk niemals im Schatten der Vernichtung leben lassen.“
Ein atomar bewaffneter Iran wäre eine Bedrohung für die ganze Region. Zudem würde sich die Gefahr eines nuklearen Terrorismus dramatisch verschärfen. Ein iranischer Atomstaat könne die Welt erpressen, meinte Netanjahu.
De Maart

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