IS stürmt historische Stadt Palmyra

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(AFP)

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Die Terrormiliz "Islamischer Staat" hat nach heftigen Kämpfen die historische Oasenstadt Palmyra in Zentralsyrien vollständig eingenommen. Jetzt wird die Zerstörung von Kulturgütern befürchtet.

Nach tagelangen Kämpfen hat die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) die gesamte syrische Wüstenstadt Palmyra unter ihre Kontrolle gebracht. Die Regierungstruppen hätten sich von allen Positionen in der Stadt und ihrer Umgebung zurückgezogen, erklärten die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und andere Aktivisten am Donnerstag.

Experten befürchten nun eine Zerstörung der in Palmyra befindlichen antiken Stätten, die zum Weltkulturerbe zählen. „Die IS-Kämpfer sind in allen Teilen von Tadmur, auch nahe der archäologischen Stätte“, sagte der Chef der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, der Nachrichtenagentur AFP unter Verwendung des arabischen Namens der Stadt. Die in London ansässige Beobachtungsstelle stützt sich auf ein breites Netzwerk von Aktivisten vor Ort, ihre Angaben sind aber von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Alles zerstören

Nachdem der IS bereits in antiken Stätten wie Nimrud und Hatra im Irak schwere Zerstörungen angerichtet hat, sind nun die antiken Stätten von Palmyra bedroht. Der Leiter der syrischen Altertümerverwaltung, Mamun Abdelkarim, hatte von einer „sehr schlimmen Lage“ gesprochen und gewarnt, die Dschihadisten würden alles zerstören. Zwar seien hunderte Objekte des örtlichen Museums bereits aus der Stadt geschafft worden, andere Exponate wie antike Gräber könnten hingegen nicht abtransportiert werden.

Die Direktorin der UN-Kulturorganisation Unesco, Irina Bokova, warnte am Mittwoch vor einer Bedrohung „einer der bedeutendsten Stätten des Nahen Ostens“. Der aus Palmyra stammende Aktivist Mohammed Hassan al-Homsi berichtete über den IS-Vormarsch, die Regierungstruppen hätten aufgegeben und sich ohne Widerstand von ihren Positionen zurückgezogen. Stützpunkte des Militärgeheimdienstes in der Wüste sowie der Militärflughafen und das Gefängnis der Stadt seien aufgegeben worden, hieß es von Seiten der Beobachtungsstelle.

Auf der Flucht

Die Dschihadisten seien in der Nacht in die Haftanstalt eingedrungen. Die Einnahme des Gefängnisses von Palmyra ist von großer Symbolik, da die Haftanstalt vielen Syrern als Ort des Terrors gilt. Die syrische Regierung ließ dort hunderte Gefangene hinrichten, insbesondere während der Amtszeit des früheren Präsidenten Hafis al-Assad in den 80er Jahren, dem Vater des heutigen Staatschefs Baschar al-Assad.

Nach Angaben der Beobachtungsstelle ließ die Regierung die Häftlinge in den vergangenen Tagen in andere Gefängnisse bringen. Bei den Insassen handele es sich vor allem um Deserteure. Abdel Rahman zufolge zogen sich die meisten Soldaten nach Homs zurück, der Hauptstadt in der Provinz, zu der auch Palmyra gehört. Nach seinen Angaben flüchtete auch ein Teil der Bevölkerung Palmyras nach Homs, der Rest sei in der Stadt geblieben. Auch der IS selbst verkündete die Einnahme Palmyras.

Unter Kontrolle

Die Regierungstruppen seien abgezogen, es gebe „viele Tote in ihren Reihen“, teilten die Dschihadisten im Kurznachrichtendienst Twitter mit. Der Beobachtungsstelle zufolge wurden seit Beginn der IS-Offensive auf Palmyra am 13. Mai mindestens 462 Menschen getötet. Unter ihnen seien 71 Zivilisten, von denen viele vom IS hingerichtet worden seien. Überdies seien 241 Regierungssoldaten sowie 150 Dschihadisten getötet worden. Der IS kontrolliere nach der Eroberung Palmyras nun mit 95.000 Quadratkilometern die Hälfte Syriens, teilte die Beobachtungsstelle weiter mit. Auch seien fast alle Öl- und Gasfelder in der Hand der Extremisten.

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