Mittwoch29. Oktober 2025

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Hungerstreik beendet

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Die Hungerstreik irakischer Asylbewerber ist beendet. Nur eine Person will sich mit den Antworten von Immigrationsminister Schmit nicht zufriedengeben.

Während vier Tagen befanden sich rund 30 irakische Asylbewerber in Luxemburg-Stadt im Hungerstreik. Auf der Place Clairefontaine in Luxemburg-Stadt wollten sie auf die schleppende Asylprozedur aufmerksam machen.

Am Montagnachmittag trafen sie sich mit Immigrationsminister Nicolas Schmit. Nach fast anderthalbstündiger Unterredung im Arbeitsministerium dann die Nachricht: Die Iraker geben den Hungerstreik auf. Nur eine Person, der Initiator der Bewergung, wolle weitermachen. Mikail Wilson gingen die Zusicherungen von Schmit nicht weit genug.

Kinder dürfen in die Schule

Der Minister versprach ihnen, dass derzeit niemand des Landes verwiesen werde. Alle hätten eine Unterkunft, die Kinder könnten in die Schule gehen. In einem Brief an alle Betroffenen werde man sie in den nächsten Tagen genauer über das weitere Vorgehen informieren.

Schmit betonte jedoch nach dem Treffen im Arbeitsministerium, dass die Bearbeitung der Fälle wegen der großen Zahl neuer Anträge viel Zeit in Anspruch nehme. Allein am Montag hätten sich fünfzig neue Personen gemeldet. Die Behörde habe nicht genügend Personal. Die Dossiers der Iraker würden nicht prioritär behandelt. Schmit kritisierte, dass die Streikenden auch ihre Kinder vorgeschoben hätten. Die Aktion als solche missbilligte er. In Luxemburg gehe man auf andere Weise miteinander um.

Nahrungsmittel für die Kinder

Am Montagmorgen hatte Mikail Wilson sich noch optimistisch gezeigt. „Wir hoffen jetzt auf eine Antwort auf unseren Status im Land“, so der Initiator der Aktion Mikail Wilson. Hungergefühl habe er keins, versicherte Wilson am Montagmorgen gegenüber Tageblat.lu. „In meinem Kopf existiert (der Begriff) ‚Nahrung‘ nicht“, erwidert er. Auch den Kindern, die beim Hungerstreik mit ihren Eltern zusammen unter der spärlichen Unterkunft ausharren, gehe es gut, versicherte Mikail Wilson. Die Eltern würden dafür sorgen, dass sie essen würden.

Seit vergangenen Donnerstag protestierten die Asylbewerber gegen die aus ihrer Sicht unhaltbaren Zustände bei den verantwortlichen Behörden. Sie sprachen von einer Verschleppung ihrer Asyl-Prozeduren.

Keine Hilfe

„Bisher war keine der luxemburgischen Hilfsorganisationen hier, um zu sehen, wie es uns geht“, hatte sich Wilson beklagt. Es gebe dennoch Menschen, die mit den Streikenden mitfühlen und sie unterstützen, hieß es am Montag auf dem Place Clairefontaine. Luxemburger hätten den etwa 30 Protestierenden Essen für die Kinder und Decken vorbeigebracht. déi Lénk hatten sogar eine Unterkunft aufstellen lassen. Die Flüchtlinge harrten unter zwei Gartenpavillions ohne Seitenwände aus, auf dem Boden dienten Pappstücke als Kälteschutz.

„Wir verlangen nichts anderes als unsere Rechte“, hatte Mikail Wilson gegenüber Tageblatt.lu am Montagvormittag gesagt. „Die Frage ist einfach: Werden unsere Asylanträge genehmigt oder nicht?“ Die Antwort blieb auch am Nachmittag aus.

Unsicheres Irak

Überhaupt blickten die Behörden in der Situation nicht durch, betonte Wilson. Einige seiner Landsleute seien aus dem Irak sofort nach Luxemburg gekommen. Aber auch bei deren Verfahren gebe es seit über anderthalb Jahren keine Bewegung. Einer der Streikenden erklärte im Tageblatt.lu-Gespräch, dass ihn die unsichere Lage in seiner Heimat zur Flucht bewegt habe. Er habe in Irak ein Frisörsalon und einen Autohandel betrieben. „Die Angst um das Leben meiner Familie hat uns zur Flucht getrieben. Nach Saddams Sturz gehen immer noch täglich Bomben in die Luft, die Mafia entführt Menschen und erpresst deren Familien. Zuletzt wurde die Schule meiner Kinder zerbombt“. Seit seiner Ankunft im vergangenen Jahr sei er nicht zum Interview geladen worden, sagte der Frisör.

Ein anderer Mann, der als Übersetzter bei der irakischen Armee tätig war, schilderte uns eine ähnliche Situation. Er ist seit dem 24. Juni 2010 in Luxemburg und noch immer habe er keine Post von den zuständigen Behörden.

Behörden überfordert

Die Regierung zeigte von Anfang an wenig Verständnis für die Aktion. Immigrationsminister Schmit hatte letzte Woche von „Erpressung“ geredet, räumte jedoch ein, daß die zuständigen Behörden völlig überfordert seien. Am vergangenen Freitag hatte der Ministerrat reagiert- das Personal in der „Direction de l’immigration“ wurde um sechs Posten aufgestockt. Die ASTI zeigt sich am Montag mit dieser Entscheidung zufrieden, betont aber, dass sie den Hungerstreik als Druckmittel nicht unterstützt.

Die Bevölkerung in Luxemburg war geteilter Meinung. Zahlreiche Schaulustige hatten am Montagmorgen kein Verständnis für die Gruppe. Andere zeigten Mitgefühl: „Wenn ich in ihrer Situation wäre, würde ich auch an meine Kinder denken“, sagte uns eine Mutter aus Bettemburg. Ein Familienvater, der mit seinen Kindern über die Braderie schlendern wollte, erklärte: „Es gibt Probleme bei manchen Behörden in unserem Land. Man soll öffentlich darauf hinweisen und nicht alles unter den Teppich kehren.“ Bei den von uns Befragten kam aber immer wieder Zweifel auf, ob Hungerstreik das geeignete Mittel sei, um auf Missstände hinzuweisen.