Zum großen Schlagabtausch zwischen Juncker und Blocher ist es am Mittwochabend in Zürich nicht gekommen. Nach dem Nazi-Vergleich Blochers im Zusammenhang mit Äußerungen Junckers in einem Interview hatte man eine bewegte Debatte erwartet. Sie verlief jedoch friedlich und weitgehend sachlich. Die Kommentatoren auf den Internet-Seiten äußern Verständnis für die Haltung beider Forumteilnehmer.
Die EU wolle doch nur noch mehr Geld von der Schweiz, verdächtigt ein Kommentator in 20min die Brüsseler Befürworter eines EU-Beitritts der Schweiz. Insbesondere die Deutschen seien auf die Schweiz neidisch. Juncker wisse, dass die Schweiz besonders für Luxemburg, aber auch für die gesamte EU als Mitglied ein einzigartiger Gewinn wäre. Die Schweiz könne sich jedoch im Gegensatz zu Luxemburg erlauben, der EU nicht beizutreten. Die klügsten Köpfe hätten dafür Verständnis, heißt es in einem anderen Kommentar. Auf www.Tages-Anzeiger.ch meinte ein Leser, dass die Länder der EU eher schnell als langsam im Chaos versinken würden. „Um Gottes Willen ist es doch richtig, dass Blocher uns da raushalten will. Wir werden auch so unser Fett abbekommen. Wenn wir aber mit dabei sind, bestimmen andere, wie es für uns weiter geht. Und diese andern schauen erst einmal für sich. Wie können unsere Medien nur derartig vor der EU den Bückling mache.“
„Liebeserklärung“
Eine Liebeserklärung an die Schweiz hatte Juncker am Mittwochabend sein Plädoyer für den EU-Beitritt der Schweiz im umstrittenen Zeit-Interview bezeichnet. Die Schweiz wolle nicht geliebt, sondern verstanden werden, meinte ein Kommentator auf 20min. Und wer das nicht verstehe, der habe das Nachsehen. Die Schweiz sei ein Sonderfall und werde es auch weiterhin bleiben. Ein anderer Kommentator hatte sich sicherlich mehr vom Streitgespräch zwischen Blocher und Juncker erwartet. „Ja Politiker sind hartgesottene Weichmacher. Sie polarisieren und wenn es drauf und dran kommt, dann weichen sie der Konfrontation aus und suchen das Verbindende.“
Ein anderer nimmt Juncker vor den Angriffen Blochers in Schutz. Juncker habe niemals behauptet, dass die Schweiz ein Unding sei. Es sei ein Unding, dass die Schweiz auf der Europakarte ein weißer Fleck sei, weil rundherum überall EU-Länder seien. Blocher verdrehe einfach alles. Selber denken und differenzieren. „Man kann aber auch alles unseren SVP-Gurus nachplappern“, meint ein anderer Nutzer.
„Phrasendrescherei“
Eine sehr gute Meinung über Juncker hatte dieser Kommentator im Tages-Anzeiger: „Schade, dass Jean-Claude Juncker keinen ebenbürtigen Kontrahenten neben sich hatte. Das hätte dem Publikum besser getan als die Phrasendrescherei Blochers, dem die Presse aus unerfindlichen Gründen am Mund klebt.“ Ein anderer Leser der www.baz.ch bezeichnete Juncker als „leider der letzte ‚Europäer‘, überlegen und auch kritisch eingestellt“. Etwas weiter auf derselben Seite gibt es Blumen für alle Kontrahenten: „Die beiden Protagonisten spielten ihre Rolle sehr überzeugend. Herr Blocher als ‚Urschweizer‘, eintretend für die hochgelobten Werte der Schweiz und Herr Juncker als EU-Beführworter auf Kuschelkurs mit der hiesigen Bevölkerung, die ja so reich ausgestattet ist mit gesundem Menschenverstand.“
De Maart

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