Freitag7. November 2025

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Große Beteiligung beim Schuldenschnitt

Große Beteiligung beim Schuldenschnitt
(dpa)

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Die Beteiligung der privaten Gläubiger am Schuldenschnitt in Griechenland hat die wichtige 75-Prozent-Marke deutlich überschritten. Damit kommt Athen immer näher an den EU-Hilfen.

Der Weg für den griechischen Schuldenerlass ist wohl frei, die genaue Quote für die Zustimmung der privaten Gläubiger will Athen am heutigen Freitagvormittag offiziell bekanntgeben. Bereits am Freitagmorgen teilte das Finanzministerium in Athen mit, dass von den 177 Milliarden Euro an Anleihen unter griechischem Recht, 152 Milliarden Euro zum Umtausch eingereicht worden seien. Das entspricht einer Quote von 85,8 Prozent. Bei den übrigen beträgt die Beteiligungsquote 69 Prozent.

Staatsanleihen – Warum der Rechtsstandort so wichtig ist

Beim griechischen Schuldenschnitt – der größten und kompliziertesten Staats-Umschuldung aller Zeiten – ist die Frage für Investoren von großer Bedeutung: Welchem nationalen Recht unterliegen meine Anleihen? Ob Griechenland seine Gläubiger zum Forderungsverzicht zwingen kann, hängt maßgeblich davon ab, unter welchen juristischen Bedingungen die Papiere ausgegeben wurden. Gilt, was für den Großteil der Bonds zutrifft, griechisches Recht, haben Anleger schlechte Chancen, sich schadlos zu halten. Wer die vor allem bei Hedge-Fonds begehrten Titel unter internationalem Recht hält, hat nach Einschätzung von Experten deutlich bessere Karten. Warum?

Gerichtsstandort: Kommt es zum Äußersten und ein Staat erklärt sich zahlungsunfähig, sind juristische Scharmützel programmiert. Vor Gerichten des Landes zu verhandeln, das die Auszahlung verweigert, ist für Investoren fast aussichtslos. Bei einigen Krisenstaaten der Eurozone ließ sich deshalb zuletzt bereits das Phänomen beobachten, dass Anleihen, die nicht nach inländischem Recht begeben sind, höher gehandelt werden. Das Beispiel Griechenland führt deutlich vor Augen, wie willkürlich ein staatlicher Schuldner mit den Forderungen seiner Gläubiger verfahren kann, sofern diese nationalem Recht unterliegen.

Umschuldungsklauseln: So hat Athen seine Anleihen einfach nachträglich mit Umschuldungsklauseln, sogenannten Collective Action Clauses (CAC) ausgestattet, um seine Investoren notfalls zum Verzicht zwingen zu können. Bei den Anleihen nach internationalem Recht ist das nicht ohne weiteres möglich. Vor allem Schwellenländer emittieren Bonds nach internationalem Recht und in Fremdwährung, um internationale Investoren zu erreichen.

Abwicklung: Die CAC sind von hoher Bedeutung, wenn es zu Zahlungsausfällen staatlicher Schuldner kommt. Die Klauseln sollen der geordneten Abwicklung beim Staatsbankrott dienen. Sie sind eine eher moderne Erscheinung. Erstmals wurden sie 2003 in mexikanische Anleihen eingebaut. Zuvor hatte Argentinien ein abschreckendes Beispiel für eine chaotische Pleite geliefert. So funktioniert das CAC-Prinzip: Sobald eine Mehrheit von betroffenen Gläubigern zustimmt, greifen die Klauseln und schaffen klare Verhältnisse, denen sich auch der unwillige Rest zu beugen hat. Auf diese Weise können vorab Konditionen definiert werden, die bei einer Pleite gelten. Anleger wissen also beim Kauf, worauf sie sich einlassen und können nicht im Nachhinein überrascht werden.

Ausfallversicherungen: Dass Griechenland seine CAC rückwirkend einführt, steht der Grundidee also diametral entgegen. Deswegen rechnen auch fast alle Marktbeobachter damit, dass Kreditausfallversicherungen fällig werden, sollte Athen die Umschuldungsklauseln tatsächlich aktivieren. Traditionell kommen CAC bei Anleihen zur Anwendung, die nach englischem, japanischem oder luxemburgischem Recht aufgelegt werden. Bei Bonds, die in Deutschland, den USA, Italien oder der Schweiz emittiert wurden, waren CAC lange Zeit untypisch. Seit die Klauseln sich in New York, dem weltweit größten Handelsplatz für Staatsanleihen, durchgesetzt haben, sind sie international jedoch eine feste Größe. (dpa)

Die ganze Nacht hindurch kursierten verschiedene Zahlen. Die Rede war unter anderem von 95 Prozent, wie angeblich ein hoher Funktionär gesagt haben soll. Andere Medien wollten erfahren haben, dass die Willigen zum Schuldenschnitt 84,66 des Gesamtvolumens erreicht hätten. Dies könnte bedeuten, dass Athen am Ende per Gesetz die restlichen Anleger zum Schuldenschnitt zwingen könnte, damit mehr als 90 Prozent erreicht werden können. Das entsprechende Gesetz der Umschuldungklausel (CAC-Collective Action Clauses) war bereits vergangene Woche vom Parlament in Athen gebilligt worden.

Bangen um Existenz

Ein enger Mitarbeiter des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos sagte der Nachrichtenagentur dpa am frühen Freitagmorgen: „Haben Sie etwas Geduld, um 07.00 Uhr (MEZ) werden wir alle erfahren, wie hoch die Beteiligung ist“.

Für die Halter der griechischen Staatsanleihen bedeutet das den Verzicht auf letztlich über 100 Milliarden Euro, für Athen ist es die Voraussetzung für ein Abwenden des Staatsbankrotts. Denn die Euro-Finanzminister wollen heute endgültig über das 130 Milliarden Euro schwere Hilfspaket entscheiden. Eine wichtige Voraussetzung ist der Schuldenschnitt.

Entscheidung über Geldfreigabe

Finanzminister Evangelos Venizelos kündigte an, er werde gegen Mittag bei einer Pressekonferenz das Ergebnis des Schuldenschnitts kommentieren. Wie es dann konkret weitergeht, dürfte erst nach den Beratungen von Finanzminister Evangelos Venizelos mit seinen Kollegen aus den anderen 16 Euroländern bekanntwerden.

Die Euro-Finanzminister wollen sich in einer Telefonkonferenz am frühen Freitagnachmittag mit den Ergebnissen des griechischen Anleihetausch-Angebots beschäftigen. Auf der Tagesordnung steht auch die endgültige Freigabe des Anfang März grundsätzlich beschlossenen 130-Milliarden- Hilfspakets für Griechenland.

Anleihentausch mit Anlegern

Das Land hängt bereits seit 2010 am internationalen Finanztropf und hatte damals Hilfszusagen von 110 Milliarden Euro bekommen. Bald danach zeigte sich aber, dass diese Kredite nicht ausreichen, um Griechenland dauerhaft vor der Pleite zu bewahren.

Ausgangspunkt für den im Detail äußerst komplizierten Schuldenschnitt ist ein Anleihevolumen von 206 Milliarden Euro. Die Grundsatzvereinbarung mit den Banken sieht einen Forderungsverzicht von 53,5 Prozent vor. Der griechische Schuldenberg würde also im Optimalfall um mehr als 100 Milliarden Euro gestutzt. Anleger sollen, so das Angebot, im Tausch für ihre alten Anleihen neue Bonds mit längerer Laufzeit und niedrigerer Verzinsung bekommen.