Für mehr Wettbewerb

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(SIP)

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Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen die Wettbewerbsfähigkeit sowie die Zusammenarbeit in der Wirtschaftspolitik vertiefen.

Es waren wieder einmal die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy, die im Vorfeld des EU-Gipfels mit einem thematischen Alleingang vom eigentlichen Gipfelthema ablenkten. Und wieder einmal wussten deutsche Medien vorzeitig zu berichten, dass Merkel sich in der EU durchgesetzt habe.

Um was ging es dieses Mal? Merkel hatte einen sogenannten Wettbewerbspakt ausgearbeitet – ausarbeiten lassen –, auf den sich zumindest alle Euro-Staaten verpflichten sollten. Dieser Pakt sollte als Gegenleistung dafür dienen, dass Deutschland einem permanenten Rettungsmechanismus für die Länder der Euro-Zone zustimmt. Nach dem Motto: Wenn Solidarität, dann auch Solidität. Merkel gelang es, Sarkozy für diesen Pakt zu gewinnen. Und auch der spanische Regierungschef José Luis Zapatero soll am Donnerstag bei einem Besuch Merkels in Madrid seine Zustimmung zu diesem Pakt gegeben haben.

Index nicht abschaffen

Was wird in diesem Pakt verlangt? Als Erstes: „Abschaffung von Lohnindexierungssystemen“. Aber auch die Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer oder die „Anpassung des Rentensystems an die demografische Entwicklung“. Dies und drei weitere Punkte sollten in einem Jahr umgesetzt sein.
Doch wie sowohl der Präsident des Europäischen Rates, Herman van Rompuy, als auch der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker im Anschluss an die Diskussionen übereinstimmend erklärten, habe es keine solchen Vorschläge gegeben.

„Frankreich und Deutschland haben keine spezifischen Vorschläge gemacht“, sagte Juncker. „Ich weiß nicht, worin genau dieser Wettbewerbspakt besteht.“ Er habe bisher auch nicht mehr davon gewusst, als das, was dazu in den Zeitungen zu lesen gewesen sei, so der luxemburgische Premier weiter.
Juncker und Van Rompuy stellten unabhängig voneinander ebenfalls fest, dass sich alle 27 in Brüssel einig darüber waren, dass die Wettbewerbsfähigkeit in der EU verbessert werden müsse. Dennoch habe er deutlich gemacht, dass „eine Abschaffung der automatischen Indexierung der Löhne nicht in Frage kommt“, so Juncker weiter. Dabei habe er darauf hingewiesen, dass das Budgetdefizit und die Staatsschulden Luxemburgs in der EU am niedrigsten seien, das Land über eine niedrige Arbeitslosigkeit, niedrige Lohnnebenkosten und über lange Wochenarbeitszeiten im EU-Vergleich verfüge. „Ich sehe nicht, wie somit der Index die Wettbewerbsfähigkeit Luxemburgs oder der Europäischen Union beeinträchtigt“, schlussfolgerte Juncker.

Einzig die Frage des Rentenalters sei von Deutschland aufgeworfen worden. In den vergangenen Tagen war dazu in der deutschen Presse zu lesen, dass Merkel sich EU-weit ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren wünsche, wie dies in Deutschland bereits beschlossen wurde. Juncker meinte allerdings, dass die EU weniger ein Problem mit dem Renteneintrittsalter habe als vielmehr mit der Beschäftigungsquote, die aufgrund der Arbeitslosigkeit besonders von Arbeitnehmern über 50 Jahren zu niedrig sei.

Alle Themen ansprechen

Jean-Claude Juncker zeigte sich aber bereit, weiter über die Wettbewerbsfähigkeit zu diskutieren. Dann müssten jedoch auch die Fragen der legalen Mindestlöhne, ein Mindestsockel für Arbeitnehmerrechte sowie die wöchentliche Arbeitszeit angesprochen werden, die ebenfalls wesentliche, die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Staaten betreffende Faktoren seien. Denn es könne nicht angehen, dass in einem Land 35 Stunden und in anderen Ländern bis zu 43 Stunden die Woche gearbeitet werde, so Juncker. Wobei er Frankreich im Visier hatte, während er mit der Frage der Mindestlöhne Deutschland ansprach, wo sich Merkels CDU weigert, einen flächendeckenden legalen Mindestlohn einzuführen. „Wer eine Debatte über die Wettbewerbsfähigkeit will, bekommt eine ganze Debatte“, sagte Juncker in einem warnenden Ton. Und er resümierte: „Vieles, was hier als neue Ideen rumgereicht wird, ist schon im Fluss.“

Was die Ausweitung des Euro-Rettungsmechanismus (EFSF, Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) anbelange, würden die Gespräche fortgesetzt. Einig seien sich die 27 darüber, dass dieser sowohl flexibler als auch effektiver gestaltet werden müsse. Über die „Wege und Instrumente“, wie dies geschehen müsse, sei noch nichts entschieden. Darüber werde ein Gipfeltreffen der Eurostaaten diskutieren, der nach dem 9. März – nach den Wahlen in Irland – stattfinden werde.