Frankreich hat nichts zu verlieren

Frankreich hat nichts zu verlieren
(AFP/Stephane de Sakutin)

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Israelis und Palästinenser werden bei der Versammlung am Sonntag in Paris fehlen, ebenso Vertreter der künftigen US-Regierung unter Donald Trump. Die französischen Organisatoren wollen klar machen, dass der Großteil der Welt eine Zwei-Staaten-Lösung wolle.

Es klingt weit hergeholt: Eine Nahost-Friedenskonferenz abzuhalten ohne Israelis, Palästinenser oder die künftige US-Regierung. Doch für die französischen Organisatoren der Veranstaltung ist genau das entscheidend. Sie wollen, dass der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der gewählte US-Präsident Donald Trump sehen, dass der Großteil der Welt eine Zwei-Staaten-Lösung wolle.

Am Sonntag kommen in Paris mehr als 70 ausländische Minister und andere Top-Gesandte zusammen, um auf die Einrichtung eines palästinensischen Staats zu dringen.
Da die Chancen für ein Nahost-Friedensabkommen geringer sind als seit Jahren, glaubt der französische Präsident François Hollande, dass es nichts zu verlieren gebe. Französische Diplomaten fürchten, dass Trump neue Spannungen in der Region auslösen werde, indem er Siedlungen auf Land billigen könnte, das von den Palästinensern beansprucht wird und möglicherweise die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt.

Konferenz „manipuliert“

Netanjahu hat die Konferenz als „manipuliert“ gegen Israel bezeichnet. Er lehnte eine Einladung zu einem Sondertreffen im Anschluss an die Konferenz ab. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas war ursprünglich zu einem Besuch in Paris erwartet worden, doch wurde dieser verschoben. Die Palästinenser haben die französische Initiative aber begrüßt.

Selbst die Organisatoren wissen, dass die Konferenz symbolisch ist – niemand erwartet einen Durchbruch. Sie zielt darauf ab, Trump einen kollektiven internationalen Einsatz für Frieden zu präsentieren, wenn dieser am Freitag das Präsidentenamt übernimmt.

Für die scheidende Regierung von US-Präsident Barack Obama markiert das Treffen am Sonntag das bittere und enttäuschende Ende von acht Jahren einer gescheiterten Diplomatie zwischen Israelis und Palästinensern. Tage vor seinem Ausscheiden aus dem Amt wird Außenminister John Kerry an der Veranstaltung in Paris teilnehmen – allerdings nur, um dafür zu sorgen, dass Amerikas Interesse an einer Zwei-Staaten-Lösung erhalten bleibt.
Laut einem Erklärungsentwurf, der der Nachrichtenagentur AP am Freitag vorlag, wird die Konferenz Israel und die Palästinenser dazu drängen, „ihr Bekenntnis zu der Zwei-Staaten-Lösung offiziell“ zu erneuern. Zudem wird die Versammlung bekräftigen, dass die internationale Gemeinschaft keine Änderungen an der Grenzziehung von Israel von vor 1967 anerkennen werde, ohne dass beide Seiten zustimmen.

Einsatz für Frieden wiederbeleben

Hollandes Regierung versucht seit Jahren, den Einsatz für Frieden wiederzubeleben. Sie verweist auf diplomatische Erfolge wie das Pariser Klimaabkommen von 2015, verbesserte Beziehungen mit Israel in den vergangenen zehn Jahren und eine harte Linie gegenüber den israelischen Rivalen Iran und Syrien.
Doch da Netanjahu die Konferenz ablehnt und die künftige Trump-Regierung, so heißt es aus französischen Diplomatenkreisen, diesbezüglich „zurückhaltend“ ist, sieht die Versammlung am Sonntag immer mehr wie ein Versuch aus, Israel zu isolieren. Proisraelische Demonstranten planen für Sonntag einen Protest in Paris.
Hollande steht zudem kurz vor dem Ende seiner Amtszeit – im Mai scheidet er aus dem Präsidentenamt. Seine Regierung hat keine Pläne gemacht, der Konferenz am Sonntag irgendwelche Maßnahmen folgen zu lassen, um der Veranstaltung Nachruck zu verleihen, oder Kontakt zu Trumps Team zu suchen.

Die abschließende Erklärung bei der Konferenz könnte Trump davor warnen, die US-Botschaft zu verlegen. Eine Verlegung könnte als Schritt betrachtet werden, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen, nachdem man jahrzehntelang darauf bestanden hatte, dass der Status der Stadt durch direkte Verhandlungen festgelegt werden müsse.
Israelis und Palästinenser haben seit gescheiterten US-Friedensbemühungen 2014 nicht einmal indirekt miteinander verhandelt. Palästinensische Angriffe auf Zivilisten und Anstiftung zur Gewalt haben die Spannungen erhöht. Auch eine Ausweitung des israelischen Siedlungsbaus hat dazu beigetragen. Israel hat rund 600.000 seiner Bürger im Westjordanland und Ostjerusalem angesiedelt – Gebiete, die die Palästinenser für einen künftigen unabhängigen Staat beanspruchen. Israel hatte beide Gegenden im Sechstagekrieg 1967 erobert.
Netanjahu hat eine Rückkehr zu den Grenzen von 1967 ausgeschlossen und viele Mitglieder seiner Regierungskoalition sind gegen eine Unabhängigkeit der Palästinenser.