Frank Engel: „War nicht meine letzte Reise dorthin“

Frank Engel: „War nicht meine letzte Reise dorthin“
(Fabrizio Pizzolante)

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Aserbaidschan will den Luxemburger Frank Engel im Gefängnis sehen. Weil er in Bergkarabach war. Der CSV-Europaabgeordnete sagt aber: "Es war nicht meine letzte Reise dorthin."

Auf einer Pressekonferenz nahm Frank Engel am Montag also noch einmal Stellung zum „diplomatischen Vorfall“ um seine Person im geopolitischen Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien rund um die autonome Region Bergkarabach.

Alexander Lapshin

Ein Beispiel, das Frank Engel in seiner Pressekonferenz erwähnte, ist das des Reise-Bloggers Alexander Lapshin (? Link). Der Mann mit Dreifach-Nationalität (russische, ukrainische und israelische) besuchte in den vergangenen Jahren sowohl das Konfliktgebiet als auch später Aserbaidschan.

Er wurde im vergangenen Dezember in Minsk festgenommen. Der ebenfalls umstrittene weißrussische Präsident Lukaschenko sei nicht lange zuvor bei Aserbaidschans Präsident Alijew zu Gast gewesen. „War die Festnahme eine bilaterale Gefälligkeit?“, fragt sich der Luxemburger EU-Abgeordnete. Jedenfalls wurde Lapshin Anfang Februar nach Aserbaidschan ausgeliefert (? Link), obwohl sowohl Russland als auch Israel eine Auslieferung als unrechtmäßig ansahen (? Link). Einem letzten Eintrag auf seiner (nun von seiner Frau betriebenen) Facebook-Seite zufolge sagt Aserbaidschan, dass alle Rechte Lapshin’s geachtet worden wären. clc

Fazit: Er ist eher gelassen, was seine mögliche Verhaftung angeht. Er werde weiter in die Region reisen. Und: „Meiner Meinung nach geht Luxemburg zu leichtfertig, sowohl in offiziellen wie auch in offiziösen Kontakten, mit dem aserbaidschanischen Regime um.“

Nicht in offizieller Mission, wohl aber als EU-Abgeordnete

Der Hintergrund ist bekannt (Link), und Frank Engel erklärt: „Das Referendum zu den Verfassungsfragen vom 20. Februar sowie auch die Parlamentswahlen vor zwei Jahren, denen ich ebenfalls beiwohnte, waren politisch eigentlich ein Non-Event, ohne Brisanz.“

Er betont, dass er und seine beiden Kollegen „nicht in offizieller Mission des EU-Parlaments als Beobachter vor Ort waren“. Wohl waren der Luxemburger sowie Eleni Teokharus (Zypern) und Jaromir Stetina (Tschechien) aber als EU-Abgeordnete vor Ort: „Nämlich als Mitglieder der Delegation des Parlaments, die für die Relationen mit dem Südkaukasus zuständig ist.“

Es war nicht das erste Mal, dass Frank Engel – der auch Luxemburger Honorarkonsul für Armenien ist – in der Konfliktregion weilte („das erste Mal war 2006 oder 2007“) und auch nicht das letzte Mal. Die Frage, wie oft er bereits in Arzach – so die armenische Bezeichnung der Region – war, beantwortete er wie folgt: „Das habe ich nicht nachgezählt, aber es war mit Sicherheit nicht meine letzte Reise dorthin. Ich lasse mir dieses Recht nicht nehmen.“

Wie weit gehen bilaterale Kooperationen?

Denn den gegen ihn erlassenen Haftbefehl sieht der CSV-Politiker eher gelassen. „Nach aserbaidschanischem Recht ist es verboten, nach Arzach zu reisen. Außer es ist von Aserbaidschan genehmigt und die Einreise erfolgt über Aserbaidschan. Dies ist aber technisch unmöglich, es gibt eine extrem instabile Frontlinie. Außerdem gibt es wohl nirgends auf der Welt ein Gesetz, das das bloße Betreten eines geografischen Gebiets unter Strafe stellt.“

Dem Zusatz, dass der Haftbefehl auch an Interpol gehe, misst er deshalb wenig Bedeutung zu. Nachfragen bei der Interpol-Dienststelle in Brüssel wollte er trotzdem, konnte bei dieser Verwaltung aber noch niemanden erreichen. Mehr Sorgen bereitet ihm der Satz aus der offiziellen Pressemitteilung der aserbaidschanischen Botschaft in Brüssel (ebenfalls für Luxemburg zuständig), dass die Republik Aserbaidschan alle rechtlichen Mittel im Rahmen seiner „bilateralen und multilateralen Kooperationen“ ausschöpfen wolle und verweist auf den Fall eines russischen Reise-Bloggers (siehe Infokasten). Er werde wohl in Zukunft etwas darauf achten müssen, welche Fluggesellschaft er benutze und wo er eventuell zwischenlande, so Engel.

„Regime macht alles, um sich unmöglich zu machen“

Allgemein denkt Frank Engel, „dass das aserbaidschanische Regime derzeit fast alles macht, um sich in den Augen Europas unmöglich zu machen“, und er nennt als Beispiele u.a. die Tatsache, dass die Präsidentengattin seit kurzem Vizepräsidentin des Landes ist, sowie einen erwiesenen Fall von Korruption eines italienischen Mitglieds der parlamentarischen Versammlung des Europarats, „die nun endlich auch eine interne Untersuchung im Europarat zur Folge hat, ob möglicherweise nicht noch mehr Parlamentarier bestochen wurden“.

U.a. deshalb findet Frank Engel es „schade“, dass Luxemburg, wie erwähnt, seiner Meinung nach „leichtfertig“ im Umgang mit so einem Regime sei: „Natürlich spielen da auch wirtschaftliche Faktoren mit, aber z.B. gibt es in der Gegend genug Flughäfen, um Luxemburger Armee-Missionen nicht zwingend über Baku im Aserbaidschan nach Afghanistan reisen lassen zu müssen.“ Das dürfe nicht das Problem sein.

Der Europaabgeordnete bedauert, dass er „nicht auf einer Linie“ mit dem Luxemburger Außenminister Jean Asselborn sei. Was das EU-Parlament angeht, so werde es eine „démarche“ geben, die er und seine beiden Kollegen ankurbeln wollen; wie diese aussehe, darüber werde man diese Woche anfangen zu beraten.

Weiterführende Links:

Statements von Frank Engel auf seiner Internetseite als Europaparlamentarier: www.frankengel.lu.

Die Konfliktsituation wie sie auf der Internetseite der luxemburgisch-aserbaidschanischen Handelskammer beschrieben wird: www.ccla.lu.