Samstag8. November 2025

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Fokker-Flugtrainer teilt aus

Fokker-Flugtrainer teilt aus
(Tageblatt-Archiv)

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Am Dienstag erhielten weitere Zeugen im Luxair-Prozess das Wort. Sie belasten den Piloten, Claude Poeckes, schwer. Er hätte die vorgeschriebenen Prozeduren nicht eingehalten, heißt es.

Die von der Luxair ausgearbeiteten Landeprozeduren seien bindend. Über alle Neuerungen waren die Piloten informiert. Das erklärte am Dienstag ein Luxair-Pilot und damaliger Fokker-Ausbilder als Zeuge vor Gericht. Er bestätigte, dass der Co-Pilot den Sinkflug fliegt und der Pilot erst kurz vor dem Aufsetzen wieder das Kommando übernimmt. Der Grund: Der Pilot muß sich an die gegebenen Lichtverhältnisse gewöhnen, da bei der Landung auf Sicht geflogen wird.

Entsprechende Prozeduren müssten darum eingehalten werden, um einen reibungslosen Flug sowie eine sichere Landung zu gewährleisten, unterstrich der Luxair-Pilot vor Gericht. Der Flugkommandant sei in diesem Zusammenhang verantwortlich für alles, was im Cockpit passiert. Auch sei vorgeschrieben, dass unter 10.000 Fuß die Piloten angeschnallt sein müssen, sagte der Flugtrainer. Der Co-Pilot der Unglücksmaschine, die am 6. November 2002 abstürzte, war beim Aufprall nicht angeschnallt.

„missed approach“

Der Luxair-Pilot bestätigte auch, dass nach einer abgebrochenen Landung eine Warteschleife geflogen werden müsse. Die Entscheidung nach einem „missed approach“ trotzdem einen Landeversuch
zu versuchen, sei gefährlich. Hier sei die Kommunikation mit dem Kontrollturm sehr wichtig. Der Instruktor warnte auch ausdrücklich vor einer falschen Handhabung des Schubhebels.

Hier gab er dem Unfall-Gutachter Vincent Favé Recht. Man merkt es, wenn man die Schubumkehr aktiviert. Die Reaktion des Piloten, den Motor abzustellen sei nachvollziehbar, erklärte der Zeuge. Die Maßnahme sei jedoch angesichts der geringen Höhe des Fliegers ohne Aussicht auf Erfolg geblieben, erörterte der Präsident der Strafkammer, Prosper Klein.

Situation unterschätzt

Der Richter wollte anschließend wissen, ob es denkbar sei, dass eine Boeing 747 durch ihre Triebwerke die schlechte Sicht für kurze Zeit verbessern könnte? „Ja. Technisch sei es machbar“, erklärte der Fluglehrer. Es sei aber in dieser Situation völlig unrealistisch gewesen. Der Kontrollturm hätte ohnehin nie die Genehmigung für eine solche Aktion gegeben. Beide Piloten der Fokker fragten am 6. November mehrmals an, ob eine Cargolux-Maschine ihnen den Weg freimachen könnte.

Prosper Klein wunderte sich über die Masse an begangenen Fehlern während des Landeanflugs. „Sie haben wahrscheinlich die Lage auf die leichte Schulter genommen“, schlussfolgerte der Zeuge. Als ein Beispiel nannte er das nicht ausgeführte Landeanflug-Briefing, kurz vor dem Sinkflug.

Alle Informationen

Anschließend wurde ein ehemaliger Luxair -Pilot befragt, der jetzt für eine irische Fluggesellschaft arbeitet. Er bestätigte, dass sich damals in jedem Flugzeug eine Gebrauchsanweisung des Konstrukteurs (Fokker) und der Luxair befand. Die Dokumente mussten immer „à jour“ gehalten werden, sagte der Pilot. Auch verteilte man regelmäßig neues Kartenmaterial an die Flugzeugkommandanten. Es sei unwahrscheinlich, dass ein Pilot über mehrere Jahre kein „update“ seiner Bord-Dokumentation erhalten hätte. Hier hätte man in diesem Fall unbedingt nachfragen müssen, so der ehemalige Luxair-Mitarbeiter.

Die Frage, ob die Luxair-Piloten über die Probleme mit dem Schubhebel auf dem Laufenden gewesen seien, beantwortete der Zeuge mit „Ja“. Er wunderte sich, dass von keiner Seite aus die Verbesserung des Sicherheitssystems angeordnet wurde, als in einem „Service-letter“ auf die Gefahr einer Fehlfunktion hingewiesen wurde. Hier müsste unbedingt das Vorsorgeprinzip gelten. Leider sei aber erst nach zwei tragischen Unfällen reagiert worden.

Mangelnde Vorbereitung?

Auch dieser Pilot sagte, dass es nicht logisch sei, den Schubhebel während des Fluges freiwillig nach hinten zu legen. Vor dem finalen Landeanflug müsste das Flugzeug da nicht auf die Landung vorbereitet werden, fragte Prosper Klein. Die Geschwindigkeit müsste reduziert werden, die Landeklappen müssten ausgefahren werden, die Flügel dementsprechend eingestellt werden. Sei es nicht unverständlich, warum beide Piloten der Unglücksmaschine sich nicht an diese Regeln gehalten hätten, so der Richter weiter. Zustimmung beim erfahrenen Linienpiloten. Er insistierte aber, dass ein Pilot seinem Arbeitsgerät bedingungslos vertrauen muss. Das sei hier aber nicht 100-prozentig der Fall gewährleistet gewesen.

Am Mittwoch geht die Verhandlung mit der Anhörung weiterer Zeugen weiter.