Findus reicht Klage ein

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Der Skandal um Pferdefleisch in Fertiggerichten bewegt noch immer die Gemüter - und zieht immer weitere Kreise. Jetzt reicht Findus Klage gegen Comigel ein.

In Fertigprodukten in Großbritannien, Schweden und Frankreich wurde Pferdefleisch anstatt Rindfleisch gefunden. Die Briten haben eine Untersuchung eingeleitet. Nun ermittelt auch die schwedische Lebensmittelaufsicht wegen der Nutzung von Pferdefleisch in Fertiglasagne gegen den Tiefkühlkonzern Findus. Die Behörde teilte am Sonntag mit, man wolle vor weiteren Schritten wie einer möglichen Einschaltung der Polizei den Umfang dieses Betrugs mit Lebensmitteln klären.

Findus wehrt sich indes gegen die Vorwürfe. Am Samstagmorgen kündigte der französische Zweig des schwedischen Fertigkostherstellers an, am Montag Klage gegen eine nicht näher benannte Firma einreichen zu wollen. Am Sonntagnachmittag wurde dann bekannt, dass das Unternehmen Anzeige gegen den französischen Lieferanten Comigel erstattet. Comigel sitzt in Metz betreibt auch eine Fabrik in Luxemburg. Dort soll ein Teil der Lasagne produziert worden sein. 200 Angestellte arbeiten in Capellen. Dort werden jährlich 16.000 Tonnen Fertiggerichte produziert.

„Wir wurden getäuscht“

„Wir wurden getäuscht“, teilte Findus France am Samstag mit. „Es gibt in der Affäre zwei Opfer: Findus und den Verbraucher“. Das Unternehmen habe in dem Glauben gehandelt, französisches Rindfleisch in ihren Produkten verarbeitet zu haben, stattdessen habe es sich um rumänisches Pferdefleisch gehandelt. Die falsche Lasagne wurde in 16 Länder exportiert. Die französische Firma Spanghero, die das Fleisch an Findus geliefert hatte, erklärte den Angaben zufolge ihrerseits, von einem Zulieferer betrogen worden zu sein.

In Bukarest äußerte sich Staatschef Basescu indes besorgt um das Image seines Landes. Das EU-Land Rumänien werde „für viele Jahre an Glaubwürdigkeit verlieren“, sollte sich herausstellen, dass rumänische Lieferanten falsche Angaben über das Fleisch gemacht hätten, sagte Basescu. Landwirtschaftsminister Daniel Constantin hatte am Samstag eine Untersuchung zweier verdächtiger Schlachthöfe angeordnet. Einer dieser Betriebe sei vermutlich nicht der Etikettenschwindler, weil er ausschließlich Pferdefleisch in EU-Länder liefere – und dies offen und offiziell, erklärte das Ministerium am Sonntag. Mit einem abschließenden Untersuchungsbefund sei an diesem Montag zu rechnen.

Cameron ist schockiert

Der Pferdefleisch-Skandal in Großbritannien hatte am Samstag sogar Premierminister David Cameron auf den Plan gerufen. Eine Cameron-Sprecherin nannte am Freitag den erneuten Fund von Pferdefleisch in Rindfleisch-Produkten „sehr widerlich“ und sprach von kriminellem Verhalten.

In London traf unterdessen Umweltminister Owen Paterson mit Einzelhändlern und Vertretern der Lebensmittelbehörde FSA am Samstag zu einem Krisentreffen zusammen. Paterson sagte, es könne „noch mehr schlechte Neuigkeiten“ geben. Die bisher vorliegenden Beweise deuteten auf „entweder kriminelle Aktivitäten oder erhebliche Nachlässigkeit hin“, sagte der Minister. Er hoffe bis Freitag auf „aussagekräftige Ergebnisse“ von Tests aller mit Rindfleisch zubereiteten Fertiggerichte. „Wir sind alle entschlossen, dieser Sache auf den Grund zu gehen.“

Die FSA fand soweit bei Tests von 18 Findus-Lasagnegerichten mit Rindfleisch, dass sie zwischen 60 und 100 Prozent Pferdefleisch enthielten, wie die britische BBC berichtete. Die Verbraucher wussten davon nichts. Die Behörde warnte davor, die Produkte zu essen. Zwar bestehe nach derzeitigem Stand keine Gesundheitsgefahr. Das Fleisch werde aber auf Überreste von Medikamenten geprüft.

Ursprung in Irland

Bereits im Januar hatte die irische Verbraucherschutzbehörde in Burgern großer Supermarktketten nicht deklarierte Spuren von Pferdefleisch gefunden. Betroffen waren auch die irischen Töchter der deutschen Discounter Aldi und Lidl.

Ein Produkt des britischen Lebensmittelkonzerns Tesco habe zu fast einem Drittel aus Pferdefleisch bestanden, berichtete die irische Behörde für Nahrungsmittelsicherheit. In den beanstandeten Produkten der deutschen Discounter war der Anteil an Pferdefleisch dagegen sehr gering. Eine Gesundheitsgefahr habe in keinem Fall bestanden.

Kommentare

Der Pferdefleisch-Skandal wird auch in der Presse kräftig kommentiert. Die französische Regionalzeitung „Dernières Nouvelles d’Alsace“ (Straßburg) sagte: „Rindfleisch, das sich zu Pferdefleisch verwandelt, ist nicht so schlimm wie Milch, die durch chemische Produkte vergiftet wird. Pferdefleisch hat einen ähnlichen Nährwert wie Rindfleisch. Asiaten essen es seit Jahrtausenden und in Paris hat man im 19. Jahrhundert gern Pferdesteaks serviert. Doch in Großbritannien ist es barbarisch, Pferdefleisch zu essen, besonders, wenn das Gericht vom Festland kommt. Dies erklärt die augenblickliche Empörung. Im modernen Konsumrecht ist die lückenlose Kette der Herkunft heilig. Wenn es dabei zu Fehlern kommt, bricht das Vertrauen zusammen. Die Verantwortlichen dieses Betrugs werden verfolgt, weil sie dieses Vertrauen missbraucht haben.“

Der linksliberale britische „Observer“ kommentiert am Sonntag den Pferdefleisch-Skandal in Großbritannien indes wie folgt: „In dieser unseligen Geschichte gibt es wenigsten den kleinen Trost, dass das Pferdefleisch nicht innerhalb der britischen Fleischindustrie in die Rindfleisch-Fertigkost gelangt ist. Nach der BSE-Krise sind die Kontrollen in britischen Schlachthäusern verschärft worden. Die Qualitätsstandards, die dort herrschen, gehören zu den strengsten weltweit. Innerhalb Großbritanniens ist es fast unmöglich, dass Pferdefleisch in die Nahrungskette gelangt. Alle verdächtigen Produkte stammten vom Kontinent. Als Lehre aus diesem Pferdefleisch-Skandal sollte die Regierung die Kontrollen noch weiter verschärfen. Wenn die Supermärkte nicht freiwillig ihrer Kontrollpflicht nachkommen, dann muss der Staat diese Aufgabe für sie übernehmen.“

Der Skandal um als Rind deklariertes Pferdefleisch in Großbritannien hat auch Auswirkungen in anderen Ländern. So verschärfte in Deutschland das Düsseldorfer Verbraucherschutzministerium die Produktkontrollen. Und auch in Belgien werden ab Montag Untersuchungen beginnen.