Fast viermal so viele Tote

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Das Jahr 2014 war für die kommerzielle Luftfahrt beunruhigend. Auch wenn das Fliegen insgesamt sicher bleibt: Die Umstände der schweren Unglücke in den vergangenen Monaten lassen aufhorchen.

Das zu Ende gegangene Jahr stellt für die kommerzielle Luftfahrt ein tragisches Ausnahmejahr dar. Eine spektakuläre Unglückskette könnte Zweifel an der Sicherheit im Luftverkehr aufkommen lassen. „Sind die sicheren Zeiten nun vorbei?“, fragt das renommierte Fachmagazin „Aero International“ bereits bang. Es hat die jährliche JACDEC-Unfallbilanz analysiert, die weltweit auf insgesamt 970 Tote in der Verkehrsfliegerei kam – die Zahl ist fast viermal so hoch wie im Vorjahr (251 Tote). „2014 war in der Tat ein Negativjahr nach drei exzellenten Jahren mit stetig sinkenden Opferzahlen“, schreibt das Luftfahrtmagazin in seiner jüngsten Ausgabe.

Das ebenfalls auf Flugunfälle spezialisierte Aviation Safety Network (ASN) kommt in seiner Statistik aufgrund einer anderen Zählweise sogar auf 990 Toten; dennoch nennt es das Jahr mit Hinweis auf die insgesamt 33 Millionen Flüge eines der sichersten der Geschichte und liegt damit auf einer Wellenlänge mit dem Weltluftfahrtverband Iata. Auf 4,1 Millionen Flüge, so die ASN-Analytiker, kommt ein tödlich verunglückter Passagier. Von 2011 bis 2013 lag die Zahl der jährlichen Unfalltoten im Weltluftverkehr konstant unter 500.

Umstände unbekannt

Nicht einen Unfall mit mehr als 100 Toten gab es 2013 – und nun verhageln auf einmal vier davon den jahrelangen Trend sinkender Opferzahlen. Schlimmer noch: In keinem Fall sind offiziell bisher die genauen Umstände bekannt. Zwar schätzen die Unfallforscher das Risiko, bei einem Flugunfall ums Leben zu kommen, ebenfalls als extrem gering ein. Dennoch weisen sie auf Besonderheiten hin, die nach Aufarbeitung verlangen. Denn die Branche versucht, jeden noch so kleinen Zwischenfall aufzuklären, um Ähnliches künftig zu vermeiden.

Die drei Unglücke mit den meisten Toten standen 2014 im Zusammenhang mit malaysischen Airlines: erst im März der bis heute spurlos verschwundene Malaysia-Airlines-Flug MH370 mit 239 Menschen an Bord, dann der Unglücksflug MH17, der im Juli auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur mit 298 Menschen an Bord über dem umkämpften Osten der Ukraine wahrscheinlich nach Raketenbeschuss abstürzte. Und dann wenige Tage vor dem Ende des Jahres die dritte Tragödie für Malaysias Luftfahrt: der Absturz eines AirAsia-Airbusses auf dem Weg nach Singapur. Hier gilt ein Zusammenhang mit Extremwetter als wahrscheinlich – ebenso wie im Falle einer von der Fluggesellschaft Air Algérie geleasten und im Juli über Westafrika abgestürzten McDonnell Douglas MD-83.

Bisher einmalig

Zufall oder nicht: Als bisher einmalig gilt, dass zwei Großraum-Jets derselben Fluggesellschaft innerhalb von vier Monaten unter seltsamen Umständen verunglückten. Im JACDEC-Sicherheitsranking der 60 sichersten Airlines der Welt rutschte Malaysia Airlines daher nun von Platz 34 auf 57. Mysteriös ist zudem, dass trotz einer der größten Suchaktionen der Luftfahrtgeschichte die Boeing von Flug MH370 unauffindbar geblieben ist. Der Fall gibt Forderungen neue Aktualität, weltweit alle Verkehrsflugzeuge mit automatisch funkenden modernen Datensendern auszustatten. Sie kamen bereits nach dem fatalen Air-France-Unglücksflug AF447 über dem Atlantik auf.

Zudem zeichnet sich nach dem Absturz über der Ukraine eine ernsthafte Debatte unter den Airlines darüber ab, welche Risiken mit dem Überflug von Krisengebieten verbunden sind. Zu denen gehören auch Gebiete in Nordafrika – wie Libyen, wo durch kriegerische Ereignisse 2014 fast die gesamte zivile Luftflotte zerstört wurde. „Mindestens fünf moderne Jets, mit denen das gebeutelte Land wieder Anschluss an die Welt herstellen wollte, wurden durch marodierende Milizen in Tripolis zerstört; Dutzende weitere wurden durch Beschuss fluguntauglich gemacht“, schreibt das Fachmagazin „Aero International“.

Die Überraschung in der diesjährigen Rückschau der Unfallforscher ist die Region Nordamerika, wo es nach der JACDEC-Bilanz trotz des größten Anteils am Weltluftverkehr keinen einzigen Toten gab. Das gleiche gilt für die Region Eurasia, zu der auch Russland zählt.