Europa und die Drogen

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Drogenabhängige fallen in Europa immer häufiger ihrer Sucht zum Opfer. Große Sorge bereitet der Anstieg besonders gefährlicher synthetischer Drogen. Männer machen drei Viertel aller Drogentoten in Europa aus. Auch für Luxemburg hält der am Dienstag vorgestellte Bericht Zahlen bereit.

Drogenabhängige fallen in Europa immer häufiger ihrer Sucht zum Opfer: 8.441 Menschen starben 2015 an den Folgen einer Überdosis, fast die Hälfte von ihnen in Deutschland und Großbritannien. Die Zahl der Drogentoten stieg damit bereits zum dritten Mal in Folge, wie aus dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) hervorgeht (den ganzen Bericht finden Sie hier).

Besorgt zeigte sich die EBDD zudem über den Anstieg besonders gefährlicher synthetischer Drogen. Im Jahr 2014 zählte die EBDD 7.950 Drogentote, das ist ein Anstieg von sechs Prozent binnen eines Jahres. 31 Prozent der Drogenopfer im Jahr 2015 stammten demnach aus Großbritannien, 15 Prozent aus Deutschland. 80 Prozent der Opfer erlagen den Folgen von einer Überdosis Kokain oder Opioiden. Mehr als drei Viertel der Opfer waren Männer (in Luxemburg liegt das Verhältnis bei 17% Frauen und 83% Männern, weitere Details zu Luxemburg gibt es weiter unten).

1,3 Millionen sind besonders gefährdet

Derzeit leben 1,3 Millionen Menschen in Europa, die wegen ihrer schweren Sucht als besonders gefährdet gelten. 93 Millionen Europäer probierten schon einmal Drogen, 17,5 Millionen versuchten Kokain. Besorgniserregend sei vor allem, „dass junge Menschen vielen neuen und gefährlichen Drogen ausgesetzt“ seien, erklärte der für Inneres zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos.

Zwischen 2009 und 2016 wurden demnach 25 hochpotente synthetische Opioide entdeckt. Bereits kleine Mengen der Stoffe reichen aus, um unzählige Dosen zu produzieren. Allein 2016 stieß das Europäische Frühwarnsystem (EWS) auf 66 neue psychoaktive Substanzen (NPS), im Vorjahr waren es 98. Damit standen Ende des vergangenen Jahres 620 Substanzen auf dem Radar der Beobachtungsstelle – 2013 waren es noch 350 Stoffe.

Die „Benzos“ kommen

Viele der synthetischen Substanzen enthielten neben morphinähnlichen Opioiden und Cannabis Amphetamine sowie die Psyche beeinflussende Benzodiazepine, wie sie in starken Beruhigungsmitteln zum Einsatz kommen. Unter besonderer Beobachtung stehen sogenannte Fentanyle, die eigentlich als Schmerzmittel bei Narkosen eingesetzt werden. Sie hätten eine zum Teil „um ein Vielfaches stärkere Wirkung als Heroin“, heißt es in dem Drogenbericht.

Durch Hautkontakt oder Einatmen könnten auch Dritte gefährdet werden. Anfang dieses Jahres untersuchte die Beobachtungsstelle demnach zwei solcher Stoffe, mit denen mehr als 50 Todesopfer in Verbindung gebracht wurden. In Europa nimmt der Handel mit Fentanyl stark zu: 60 Prozent der neuen entdeckten psychoaktiven Substanzen waren Fentanyle.

In Europa Kokain und MDMA an der Spitze

Die am meisten in Europa konsumierten Drogen bleiben laut EBDD aber Kokain und MDMA, das in Tablettenform auch als Ecstasy bekannt ist, sowie Amphetamine. 2015 beschlagnahmten die Behörden 69,4 Tonnen Kokain und damit deutlich mehr als im Vorjahr (51,5 Tonnen). Die Beobachtungsstelle veröffentlicht jedes Jahr im Auftrag der EU-Kommission einen Drogenbericht, der die jüngsten Entwicklungen in den 28 EU-Mitgliedstaaten sowie in Norwegen und der Türkei aufzeigt.

Die Situation in Luxemburg

Auch zu Luxemburg stellt der Bericht Daten bereit. Die von der Menge her am meisten konfiszierten Drogen in Luxemburg sind demnach Marihuana, Kokain, Heroin, Haschisch und Amphetamine. Die Zahl der Drogentoten wird im letzten erfassten Zeitraum (2015) mit zwölf angegeben. Das ist ein mehr oder weniger gleichbleibender Wert zu den Vorjahren.

Auf einem weiterhin recht hohen Level bewegt sich die Anzahl der Neuansteckungen mit HIV durch mit dem Virus kontaminierte Spritzen. Für das Jahr 2015 nennt der Bericht 14 solcher Fälle. Dabei wurden im gleichen Jahr rund 361.400 Spritzen an Drogenabhängige verteilt. Hochgerechnet auf eine Million Bürger kommt Luxemburg im Bereich der HIV-Neuinfektionen auf einen Wert von 24,9. Das bedeutet einen Spitzenrang in Europa. Ähnlich hohe Werte erreichen nur die drei baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen.

Mehr Polizeiarbeit, mehr festgestellte Vergehen

Auffällig ist für die Autoren des Berichts der Anstieg der Vergehen gegen das Drogengesetz in Luxemburg. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 3.345 solcher Vergehen erfasst. Das kommt im Vergleich mit dem Jahr 2006 mehr als einer Verdoppelung gleich (2006 waren 1.575 Vergehen festgehalten worden). Zurückzuführen sei diese Zahl, so die Autoren der Studie, auf eine verstärkte Polizeiarbeit in den sogenannten Drogen-Hotspots in Luxemburg wie etwa dem Bahnhofsviertel in Luxemburg-Stadt.