Deutschland und Frankreich drohen Schuldenstaaten in der Eurozone mit einem Alleingang bei der Verschärfung der EU-Verträge. Für den Fall jedoch, dass sich alle Euro-Partner zu Reformen mit automatischen Strafen für Haushaltssünder durchringen, schließt selbst Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gemeinsame europäische Staatsanleihen – sogenannte Eurobonds – nicht mehr grundsätzlich aus.
An diesem Montag wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Paris ihr Konzept für eine Fiskal- und Stabilitätsunion vorstellen, die automatische Sanktionen gegen Haushaltssünder vorsieht. Ende der Woche wollen dann die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel die Vorschläge zur Euro-Rettung beraten.
Frieden: Kein Allheilmittel
Der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden dämpfte die Hoffnungen auf die Wirkung von Eurobonds. Er sagte „Eurobonds lösen unmittelbar die Pobleme nicht, die wir zu lösen haben.“ Allerdings könne er sich vorstellen, dass man eines Tages, wenn die Eurozone ihre Stabilität wiedergefunden habe, über gemeinsame Anleihen nachdenken könne, fügte er hinzu.
Italiens neuer Regierungschef Mario Monti machte am Sonntag bereits Tempo: Seine Regierung verabschiedete ihr 24 Milliarden Euro schweres Sparpaket schneller als geplant. Vorgesehen sind unter anderem eine einschneidende Rentenreform, die Streichung von Steuererleichterungen und ein Personalabbau im öffentlichen Dienst. Die Gewerkschaften kritisieren die Pläne allerdings als „sozial komplett unverträglich“. Italien hat nach Griechenland den höchsten Schuldenstand der Eurozone.
Gemeinsame Anleihen nicht sofort
Der deutsche Finanzminister Schäuble lehnte am Wochenende zwar eine sofortige Auflage von Eurobonds erneut ab. Allerdings sagte er in der „Passauer Neuen Presse“ (Samstagsausgabe) auch: „Wenn wir eine echte, stabile und nachhaltige Fiskalunion in Europa erreicht haben, hätten wir eine völlig neue und andere Situation.“ Und auf die Nachfrage, ob am Ende dann Eurobonds stehen könnten, sagte er: „Da halte ich es mit der Bundeskanzlerin: Man soll das Pferd nicht von hinten aufzäumen.“ Frankreich steht Eurobonds schon länger offen gegenüber.
Wie das Magazin „Focus“ in seiner neuen Ausgabe berichtet, könnten Paris und Berlin Vertragsveränderungen für mehr zentrale Kontrolle der Haushalts- und Finanzpolitik in der Eurozone zunächst nur im Kreis von Ländern wie Österreich, den Niederlanden, Finnland und anderen Interessenten verabreden. Das sind die Staaten, deren Bonität noch mit der Bestnote bewertet wird. Denn die Krisenländer der Eurozone könnten sich in der Hoffnung auf eine für sie günstigere Intervention der Europäischen Zentralbank (EZB) den Vorschlägen für strengere Haushaltskontrollen verweigern.
EZB stärker einbeziehen
Diese Hoffnung der Krisenländer dürfte auch dadurch genährt werden, dass im Gegensatz zu Deutschland in Frankreich zunehmend über eine erweiterte Rolle der EZB gesprochen wird. Das sieht Merkel zwar kritisch. Sie will aber Entscheidungen der EZB nicht kommentieren, was letztlich eine Duldung vermehrter Anleihekäufe bedeutet.
Sozialistische Spitzenpolitiker in Frankreich kritisierten erneut eine Berliner Dominanz: „Seit Monaten übernimmt Nicolas Sarkozy die Vorschläge von Angela Merkel und versucht glauben zu machen, dass es die seinen wären“, kritisierte Ex-Premierminister Laurent Fabius in „Le Parisien“ (Sonntagsausgabe). Das schwäche die französische Position. Ähnlich argumentierte der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande in der SonntagsZeitung „Le Journal du Dimanche“: Deutschland dürfe „sich keine Finanzstabilität auf dem Chaos seiner Nachbarn erträumen“.
Eurobonds noch im Rennen
Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zeigte sich in der „Welt am Sonntag“ überzeugt, dass Merkel ihren Widerstand gegen gemeinsame europäische Staatsanleihen bald aufgeben werde. Das gelte auch für die Diskussion, ob die Europäische Zentralbank dauerhaft Staatsanleihen von Euro-Staaten kaufen solle.
EU-Kommissar Günther Oettinger riet, Eurobonds nicht kategorisch auszuschließen. Sie könnten „einen Schlussbaustein bilden nach und neben den Konsolidierungsmaßnahmen und den Veränderungen im EU-Vertrag von Lissabon“, sagte er der „Welt“ (Samstagsausgabe).
Die Mehrheit der Bundesbürger traut Merkel eher als ihren potenziellen SPD-Herausforderern zu, Deutschland durch die Eurokrise zu führen. Das ergab eine Emnid-Umfrage im Auftrag von „Bild am Sonntag“ vor Beginn des dreitägigen SPD-Parteitags in Berlin.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können