Es herrscht noch Uneinigkeit

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Der Bürgerkrieg in Syrien ist eine Belastungsprobe für die EU. Paris und London wollen Waffen an Aufständische liefern. Berlin warnt vor einer weiteren Eskalation. Auch der Weg aus der Wirtschaftskrise ist umstritten. Soll weniger gespart werden?

Der überraschende Vorstoß Frankreichs und Großbritanniens für Waffenlieferungen an syrische Rebellen hat beim EU-Gipfel zu schweren Spannungen geführt. Der französische Präsident François Hollande forderte ein Ende des erst vor zwei Wochen verlängerten EU-Waffenembargos gegen Syrien: „Briten und Franzosen sind für die Aufhebung des Embargos.“ Nach Angaben von Diplomaten hat der Gipfel die Lage in Syrien kurzfristig auf die Tagesordnung für Freitag gesetzt.

Zum Auftakt des zweitägigen Spitzentreffens am Donnerstag stritten die 27 Staats- und Regierungschefs auch über Auswege aus der schweren Wirtschaftskrise. Rund 15 000 Arbeitnehmer aus ganz Europa demonstrierten in Sichtweite des Konferenzgebäudes gegen die Sparpolitik. Neue Sorgen um Italien und Zypern, das ein Hilfspaket benötigt, überschatteten zudem den Gipfel.

Juncker appelliert

Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker appellierte an die Partner, zu Syrien sollten offener Streit und widersprüchliche Entscheidungen vermieden werden.

Hollande sagte: „Wir müssen Druck machen und zeigen, dass wir bereit sind, die Opposition zu unterstützen. Wir müssen so weit gehen.“ Er fügte hinzu: „Man kann nicht zulassen, dass ein Volk massakriert wird.“ Der Aufstand von Rebellen gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad dauert seit zwei Jahren an und hat rund hunderttausend Tote gefordert – das Nahost-Land ist weitgehend zerstört.

Die EU-Regierungen hatten am 28. Februar das Waffenembargo gegen Syrien um drei Monate verlängert. Zugleich hatten sie die Ausfuhr „nicht-tödlicher Ausrüstung“ ausdrücklich genehmigt und erklärt, sie wollten die Entwicklung der Lage weiter beobachten.

Langstreckenrennen „Erholung“

Europas Weg zur Erholung ist laut EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy ein „Langstreckenrennen“. Zwar habe der Kontinent große Hindernisse überwunden. „Doch diese Ergebnisse führen noch nicht zu stärkerem Wachstum und mehr Jobs. Das ist es, was den Menschen jetzt wehtut, dort muss unser Fokus sein.“ Die EU müsse gleichzeitig wirtschaftliche Turbulenzen vermeiden, gesunde Staatshaushalte sichern, Arbeitslosigkeit bekämpfen und langfristiges Wachstum fördern. „Wir brauchen alle vier auf einmal.“

Vor allem die südlichen Krisenländer fordern, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Der scheidende italienische Ministerpräsident Mario Monti sagte: „Es ist der Augenblick, um auf die Erfüllung des Wachstumspaktes zu dringen.“ Die 27 Staaten hatten im Juni 2012 den Pakt mit einem Volumen von 120 Milliarden Euro vereinbart.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte, der Wachstumspakt müsse mit Leben erfüllt werden. „Geld ist da. Jetzt muss das Geld zu den Menschen kommen.“ Junge Leute müssten in Arbeit kommen, und gleichzeitig müsse alles für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit getan werden. Deutschland wird von einigen EU-Staaten eine zu rigide Haushaltspolitik vorgeworfen – an der Berlin aber unbeirrt festhält.

Hilfe für Zypern rückt näher

Für das pleitebedrohte Zypern rückt das dringend benötigte Hilfspaket näher. Dieses wird nach Worten des Eurogruppen-Chefs Jeroen Dijsselbloem rund 10 Milliarden Euro umfassen – zunächst war von 17,5 Milliarden Euro die Rede gewesen.

Nach Abschluss des EU-Gipfels am Freitag wollen die Euro-Finanzminister die Zypern-Hilfe auf den Weg bringen. Die Hilfe werde an strenge Bedingungen geknüpft, sagte Dijsselbloem dem niederländischen Radio. So müsse der Finanzsektor gesund und kleiner werden: „Gesetze und Regeln gegen Geldwäsche müssten in den Banken von Nikosia erfüllt werden.“ Das werde auch kontrolliert. Eventuell werde sich auch Russland an Hilfen beteiligen.

„Wir gehen in diesen Tagen bei der finanziellen Stabilität kein Risiko ein“, sagte indes Gipfelchef Herman Van Rompuy am späten Donnerstagabend in Brüssel nach Beratungen in Brüssel. „Dazu packen wir schwierige Themen an wie Zypern.“ Auf Details des geplanten Hilfsprogramms ging der Belgier nicht ein. Verschiedene Wirtschaftsindikatoren weisen laut Van Rompuy darauf hin, dass bei der Krise in Europa ein Wendepunkt erreicht sei. Der Aufschwung werde Ende des Jahres einsetzen und sich im folgenden Jahr fortsetzen.

Orban weist Kritik zurück

Nach internationaler Kritik versicherte Ungarns Premier Viktor Orban Gesprächsbereitschaft über die jüngsten Verfassungsänderungen in seinem Land. „Wenn irgendjemand ein Problem damit hat, gibt es Prozeduren und Institutionen, (…) mit denen wir diesen Punkt diskutieren können“, sagte Orban am Rande des Spitzentreffens.

Das ungarische Parlament hatte am Montag Ergänzungen zur Verfassung beschlossen, die etwa die Rechte des Verfassungsgerichts beschneiden.