Trotz aller Warnungen aus dem Ausland hält der türkische Präsident Erdogan nach dem gescheiterten Putsch an der Wiedereinführung der Todesstrafe fest. Für Mittwoch kündigt er eine "wichtige Entscheidung" an.
"Der Putsch ist verhindert, doch wir können nicht sagen, dass die Gefahr vorbei ist", sagt Türkeis Innenminister Fikri Isik am Montag (18. Juli) vor Anhängern des Präsidenten. (Marius Becker)
Die türkische Regierung ließ zum Wochenbeginn rund 1.800 zusätzliche Spezialkräfte der Polizei in Istanbul zusammenziehen. (Marius Becker)
Ex-Premier Ahmet Davutoglu rief ebenfalls zum Widerstand gegen die Putschisten auf. (Tageblatt-Archiv/baz Ratner)
(Tageblatt/Hussein Malla)
Das Land beerdigt seine Toten. (Tageblatt-Archiv/Kenan Gurbuz)
(Tageblatt-Archiv/Kenan Gurbuz)
(dapd/Daniel Mihailescu)
(Tageblatt-Archiv/baz Ratner)
Panzer in den Händen von Zivilisten. (Tageblatt/ali Unal)
(Tageblatt/Hussein Malla)
Nicht alle Generäle machten beim Putsch mit. (dapd/Brendan Smialowski)
(Tageblatt/ali Unal)
Diese Kräfte mit gepanzerten Fahrzeugen würden an strategisch wichtigen Einrichtungen und Straßen der größten Stadt des Landes eingesetzt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Montag. (Marius Becker)
(Tageblatt/Hussein Malla)
(Tageblatt-Archiv/Huseyin Aldemir)
Das Volk hatte das letzte Wort. (Tageblatt-Archiv/Murad Sezer)
(Tageblatt/Burhan Ozbilici)
Die türkische Armee hat im Fernsehen die Übernahme der Macht in der Türkei verkündet. "Die Macht im Land ist in ihrer Gesamtheit übernommen", hieß es in einem im Fernsehsender NTV am Freitagabend verlesenen Erklärung des Militärs. (Tageblatt/Emrah Gurel)
Die regierungsnahe Nachrichtenagentur Anadolu meldete unter Berufung auf "glaubhafte Quellen", der Generalstabschef Hulusi Akar sei eine Geisel der Putschisten. Zuvor hatte Ministerpräsident Binali Yildirim einen "illegalen Versuch" von Teilen des Militärs verurteilt. (Tageblatt/Emrah Gurel)
CNN-Türk berichtete über eine außergewöhnliche Mobilisierung von Sicherheitskräften vor dem Sitz des Generalstabs. Zuvor waren die beiden Bosporus-Brücken in Istanbul teilweise gesperrt worden, während in Ankara türkische Kampfflugzeuge im Tiefflug zu hören waren. (Tageblatt/Emrah Gurel)
Die Regierung werde 'den Versuch' nicht zulassen. Es sei aber nicht richtig, von einem "Putsch" zu sprechen. Die türkischen Nachrichtensender sprachen dagegen von einem 'versuchten Staatsstreich'. (Tageblatt/Emrah Gurel)
'Die Situation ist weitgehend unter Kontrolle', sagte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim am frühen Samstagmorgen. Mehr als 120 Putschisten seien festgenommen worden. (Tolga Bozoglu)
Es gab Berichte über Tote und Verletzte sowie schwere Explosionen in Istanbul und Ankara. Auch im Morgengrauen waren in Istanbul noch Schüsse und Explosionen zu hören. (Tolga Bozoglu)
Der Polizeichef Istanbuls, Mustafa Caliskan, habe zudem den Befehl gegeben, unbekannte Hubschrauber ohne Vorwarnung abzuschießen. (Marius Becker)
Staatspräsident Erdogan sagte, bei den Putschisten handele es sich um eine Minderheit in den Streitkräften. 'Wir haben mit der Operation begonnen, das Militär vollständig zu säubern. Und wir werden diese Operation weiterführen.' (cem Turkel)
Die Ereignisse in der Türkei hatten sich zuvor überschlagen. Am späten Freitagabend hatten türkische Streitkräfte mit einem Putschversuch gegen Erdogan begonnen. Damit sollten unter anderem die verfassungsmäßige Ordnung, die Demokratie und die Menschenrechte wiederhergestellt werden. (Tolga Bozoglu)
Zunächst hieß es, die Streitkräfte hätten die Macht in der Türkei übernommen. Aus dem Präsidialamt wurde dies bestritten. Erdogan sei nicht abgesetzt.
(Sedat Suna)
Erdogan rief in einem live übertragenen Telefonanruf beim Sender CNN Türk das Volk zu öffentlichen Versammlungen gegen die Putschisten auf. (str)
Ministerpräsident Yildirim wies das Militär nach Angaben aus dem Präsidialamt an, von den Putschisten gekaperte Flugzeuge abzuschießen. Kampfflugzeuge mit einem entsprechenden Auftrag seien von der Luftwaffenbasis Eskisehir abgehoben, hieß es aus dem Präsidialamt. (Sedat Suna)
Erdogan machte die Bewegung des im US-Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch in der Türkei verantwortlich.
(dapd/Bulent Kilic)
Gülen ist ein einstiger Verbündeter Erdogans. Beide haben sich aber 2013 überworfen. Gülen - der in der Türkei inzwischen als Terrorist gilt - verurteilte den Putschversuch auf das Schärfste. (dapd/Yasin Akgul)
Erdogan sagte, er sei vor seinem Flug nach Istanbul in Marmaris an der türkischen Ägäis-Küste gewesen. Unmittelbar nach seiner Abreise von dort hätten die Putschisten 'diesen Ort leider genauso bombardiert'.
(Tageblatt-Archiv/Stringer)
Während des Putschversuchs hatte es aus dem Präsidialamt geheißen, Erdogan sei in der Türkei und in Sicherheit. Erdogan ist ein wichtiger, aber umstrittener Partner der Europäischen Union in der Flüchtlingskrise. (dapd/Yasin Akgul)
Nach einer zeitweisen Besetzung durch Putschisten nahm der Sender CNN Türk die Berichterstattung wieder auf. Soldaten waren in der Nacht zu Samstag in das Redaktionsgebäude in Istanbul eingedrungen und hatten die Mitarbeiter dazu gezwungen, den Sender zu verlassen. (Tageblatt-Archiv/Stringer)
In der Nacht zu Montag folgten erneut zahlreiche Türken den wiederholten Aufforderungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan, sich auf den Straßen und Plätzen zu versammeln, um diese nicht möglichen weiteren Putschisten zu überlassen. (dapd/Ilyas Akengin)
Die türkische Armee sieht sich als Wächterin der weltlichen Verfassung des Landes und hatte in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt gegen die Zivilregierung geputscht - und nun gegen Erdogan. (Tageblatt-Archiv/Kenan Gurbuz)
Erdogan hatte zuletzt am Sonntagabend auf Twitter geschrieben: "Aufhören gilt nicht, Weggehen gilt nicht. Wir lassen die Plätze nicht leer." (dapd/Daniel Mihailescu)
(dapd/Ilyas Akengin)
(dapd/Ozan Kose)
Der Flughafen ist einen Tag nach dem Putschversuch wieder geöffnet. (dapd/Sakis Mitrolidis)
Das Parlament wurde schwer beschädigt. (Tageblatt/Burhan Ozbilici)
Ungeachtet aller Mahnungen aus Europa ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bereit, in seinem Land die Todesstrafe wieder einzuführen. Dies betonte er in der Nacht zum Dienstag in einer Rede vor Anhängern in Istanbul sowie im Gespräch mit CNN. Voraussetzung sei ein verfassungsändernder Beschluss des Parlamentes, sagte Erdogan in seinem ersten Interview nach dem gescheiterten Militärputsch dem US-Nachrichtensender CNN. „Wenn sie (die Parteien) bereit sind, das zu diskutieren, dann werde ich als Präsident jede Entscheidung des Parlamentes billigen.“
Er kündigte zudem weitere Konsequenzen nach dem gescheiterten Putsch von Teilen des Militärs an. Am Mittwoch werde es Sitzungen des Nationalen Sicherheitsrats und des Kabinetts geben, sagte Erdogan vor Regierungsanhängern an seinem Wohnsitz in Istanbul. Dabei werde eine „wichtige Entscheidung“ fallen, die er noch nicht verraten wolle.
Wiedereinführung der Todesstrafe
In seiner Rede in Istanbul bekräftigte er seine Bereitschaft zur Wiedereinführung der Todesstrafe. Deren Abschaffung im Jahr 2004 sei kein Hindernis. „So wie diese Unterschriften getätigt worden sind, können sie auch zurückgenommen werden. Es reicht, dass unser Parlament das entscheidet. Es sind keine Gesetze, die man nicht verändern kann.“
Erdogan verwies dabei bei CNN auf einen Wunsch seines Volkes nach der Höchststrafe. „Warum sollte ich sie (die Putschisten) auf Jahre hinweg im Gefängnis halten und füttern? – das sagen die Leute.“ Die Menschen wollten „ein schnelles Ende“ der Putschisten, zumal sie Angehörige, Nachbarn oder Kinder verloren hätten.
„Verräterische Sprache“
Erdogan hatte am Sonntag angekündigt, mit der Opposition über eine Wiedereinführung der 2004 abgeschafften Todesstrafe beraten zu wollen. Außenminister Jean Asselborn (Link) hatte daraufhin am Montag deutlich gemacht, dass bei einer Rückkehr zur Todesstrafe für die Türkei kein Platz in der Europäischen Union wäre. „Wenn die Todesstrafe in einem Beitrittsland eingeführt wird, dann sind die Beitrittsverhandlungen von diesem Land abgewürgt“, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Auch der Europarat kündigte für diesen Fall an, dass die Türkei dann nicht mehr Mitglied sein könne.
Massive Kritik an Erdogans Auslegung der Demokratie übte Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments. „Die Sprache, die da gewählt wird, ist ja verräterisch“, sagte er in den ARD-Tagesthemen am Montag. „Säuberung“ (Link), ‚Metastasen ausmerzen‘, das ist ja nicht die Sprache der parlamentarischen Demokratie, sondern die eines autoritären Herrschers, und was wir erleben ist, dass Erdogan versucht, das Land der AKP und sich selbst endgültig und definitiv zu unterwerfen.“
EU ruft zur Zurückhaltung auf
Nach CNN-Angaben erklärte Erdogan zudem, er werde die USA in den kommenden Tagen offiziell um die Auslieferung des Predigers Fethullah Gülen (Link) ersuchen. Gülen lebt in den USA im Exil; er bestreitet Erdogans Vorwürfe, in den Putschversuch verwickelt zu sein. Bisher ist in den USA nach Angaben des Außenministeriums noch kein offizieller Antrag der Türkei auf Auslieferung Gülens eingegangen.
Die EU-Staaten riefen unterdessen die türkischen Behörden eindringlich zur Zurückhaltung auf. „Es muss alles dafür getan werden, weitere Gewalt zu vermeiden“, heißt es in einer am Montag von den Außenministern in Brüssel verabschiedeten Erklärung. Es gehe jetzt darum, neue Opfer zu vermeiden und wieder Ruhe herzustellen.
Seit dem Putschversuch (Link) am Freitag sind nach Angaben von Regierungschef Binali Yildirim 7.543 Verdächtige festgenommen worden, darunter 6.038 Soldaten und 100 Polizisten, 755 Richter und Staatsanwälte sowie 650 weitere Zivilisten. Mehr als 13.000 Staatsbedienstete wurden suspendiert, darunter 7.899 Polizisten und 2.745 Justizbeamte.
Daisy Schengens Laufbahn beim Tageblatt begann 2010 als Online-Redakteurin, später in der Lokalredaktion, bevor sie leitende Redakteurin des Magazin-Hefts wurde. Ihre Schwerpunkte umfassen die Themengebiete Gesundheit und Ernährung. Die gebürtige Bulgarin hat einen Magisterabschluss in Germanistik und Politikwissenschaft an der Universität Trier. Mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrem Sohn lebt sie an der Mosel. Wenn sie nicht über Genuss und Gesundheit schreibt, widmet sie sich dem Tanz(-sport).
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