Freitag31. Oktober 2025

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Endstation Afghanistan

Endstation Afghanistan
(Reuters)

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Zehntausende in die EU geflüchtete Afghanen müssen zurück in ihr Land. Ein Abkommen zwischen der EU und Kabul soll die freiwillige Rückkehr und Abschiebungen beschleunigen.

Rund 200.000 Menschen aus Afghanistan sind im vergangenen Jahr nach Europa geflohen. Etwa die Hälfte von ihnen kann auf Asyl hoffen, zehntausende müssen zurück in ihre Heimat.

Die EU hat am Sonntag mit der Regierung in Kabul ein Abkommen geschlossen, das freiwillige Rückkehr und Abschiebungen beschleunigen soll. Hier sind die wesentlichen Punkte der Vereinbarung „Gemeinsamer Weg nach vorne bei Migrationsfragen“

Ziel

Beide Seiten wollen „irreguläre Einwanderung verhindern und irreguläre Einwanderer zurückzubringen“, die kein Anrecht auf Schutz in der EU haben. Ziel der Vereinbarung ist ein „schneller, wirksamer und handhabbarer Prozess für eine reibungslose, würdevolle und geordnete Rückkehr afghanischer Staatsbürger“ und ihre Wiedereingliederung.

Zehntausende mögliche Rückkehrer

Entgegen Medienberichten taucht in dem Text keine Zahl der Menschen auf, die zurückgebracht werden sollen. Die britische Zeitung „The Guardian“ hatte von 80.000 Flüchtlingen gesprochen. Die Zahl bezieht sich auf ein Arbeitsdokument der Kommission vom März und ist eine Schätzung der 2015 eingetroffenen Menschen aus Afghanistan, die kein Asyl in der EU bekommen. Mit den 2016 und vor 2015 eingetroffenen Afghanen könnte die Rückkehrerzahl sogar deutlich über den 80.000 liegen.

Keine Bindung der Rücknahme an Entwicklungshilfe

In der Vereinbarung heißt es ausdrücklich, dass die Rückkehr- und Wiedereingliederungsprogramme der EU „losgelöst und unabhängig von der Afghanistan gewährten Entwicklungshilfe“ sind. Denn diese solle gerade Fluchtursachen wie Arbeitslosigkeit bekämpfen. Hilfsorganisationen werfen der EU jedoch vor, über ihre umfassende Finanzhilfe Druck auf Kabul ausgeübt zu haben, dem Rücknahmeabkommen zuzustimmen.

Abschiebeprüfung

Die EU sichert zu, dass Abschiebungen nur erfolgen, wenn Asylverfahren und Rechtsweg ausgeschöpft sind. Eine besondere Prüfung unter „humanitären Gesichtspunkten“ soll es bei alleinstehenden Frauen, alten und schwerkranken Menschen geben. Unbegleitete Minderjährige dürften nur zurückgebracht werden, wenn ihre Familien in der Heimat identifiziert und ihre Versorgung sichergestellt ist.

Reisedokumente

Viele Flüchtlinge haben keine gültigen Reisedokumente, ohne die sie nicht in ihre Heimat zurückgebracht werden können. Die afghanische Regierung verpflichtet sich, dafür Pässe oder sonstige Reisedokumente binnen vier Wochen auszustellen. Andernfalls kann ein EU-Ersatzdokument genutzt werden. Menschen, bei denen sich nach der Abschiebung herausstellt, dass sie keine afghanischen Staatsbürger sind, müssen durch den betroffenen EU-Staat zurückgenommen werden.

Abschiebeflüge

Die Rückführung kann mit „geplanten oder ungeplanten Flügen“ nach Kabul oder an andere vereinbarte afghanische Flughäfen erfolgen. Geprüft wird die Möglichkeit eines eigenen Terminals für Rückkehrer am Airport der afghanischen Hauptstadt. In den ersten sechs Monaten nach Start sollen pro Flug maximal 50 Afghanen zwangsweise abgeschoben werden. Alle Reisekosten „bis zum Endziel in Afghanistan“ trägt die EU.

Wiedereingliederungshilfe

Um die Wiedereingliederung in der Heimat zu erleichtern, entwickelt und finanziert die EU entsprechende Programme. Ein Teil soll dabei in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) organisiert werden. Die afghanische Regierung bekommt zudem Geld für Aus- und Fortbildung der Rückkehrer und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Konkrete Zahlen werden nicht genannt.

Abschreckung

Die EU und Afghanistan wollen auch verhindern, dass sich neue Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen oder Rückkehrer dies erneut versuchen. Die afghanische Regierung sagt deshalb Informationskampagnen zu, „um die Bevölkerung für die Gefahren irregulärer Migration zu sensibilisieren“. Die EU wird die Kampagnen mitfinanzieren. Sie unterstützt Kabul auch beim Vorgehen gegen Schlepper, etwa durch Hilfe bei Ausbildung der Sicherheitskräfte.