Im Streit mit dem Westen um die Entwicklung von Nuklearwaffen hat der Iran seine Botschaft in London geräumt. Das gesamte diplomatische Personal sei am Freitagnachmittag vom Flughafen Heathrow aus abgeflogen, sagte ein Sprecher des britischen Außenministers William Hague. Begleitet von Protesten von gut 20 iranischen Regime-Gegnern trugen Botschaftsmitarbeiter kistenweise Dokumente aus dem Gebäude.
Hague hatte dem Iran am Mittwoch ein Ultimatum von 48 Stunden gesetzt, nachdem am Tag zuvor mehrere hundert Demonstranten die britische Botschaft in Teheran verwüstet hatten. Zuvor hatte wiederum Großbritannien schärfere Sanktionen gegen den Iran wegen dessen Nuklearprogramm beschlossen. Auch Teheran verwies daraufhin die britischen Diplomaten des Landes. Die iranische Führung warnte zudem den Westen erneut vor einem Militärschlag.
Neue Sanktionen
Die diplomatische Krise zwischen Teheran und London war auch Thema des Treffens von Premier David Cameron mit Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy in Paris. Cameron dankte Sarkozy für die Unterstützung Frankreichs, das ebenso wie Deutschland und mehrere weitere Länder nach dem Angriff auf Großbritanniens Vertretung seinen Botschafter aus Teheran abgezogen hatte.
Kurz nach den Sanktionsbeschlüssen der europäischen Außenminister stimmte in der Nacht zum Freitag der US-Senat für neue Sanktionen gegen die Teheraner Zentralbank. Die von den regierenden Demokraten beherrschte Kongresskammer setzte sich damit über Bedenken des Weißen Hauses hinweg. Unternehmen oder Geldhäusern, die mit der Notenbank des Irans zusammenarbeiten, soll der Zugang zum US-Markt verwehrt werden.
„Verhalten inakzeptabel“
Das Weiße Haus hatte nach Informationen der „Los Angeles Times“ vor solchen Sanktionen gewarnt. Sie könnten Auswirkungen auf den Ölpreis und auf die US-Wirtschaft haben und die internationale Front gegen das iranische Atomprogramm schwächen. „Das Verhalten des Irans ist inakzeptabel und stellt eine Gefahr für die Vereinigten Staaten und die gesamte Welt dar“, begründete dagegen der demokratische Mehrheitsführer, Harry Reid, das Votum im Senat. Der Westen wirft dem Iran vor, heimlich Atombomben zu bauen.
Am Donnerstag hatten die EU-Außenminister deshalb beschlossen, massive Wirtschaftssanktionen vorzubereiten, darunter ein Einfuhrverbot für iranisches Öl. Auch soll das Finanzsystem des Landes von jenem des Westens abgeschnitten werden. Bisher war die EU vor einem Importstopp für Öl zurückgeschreckt, weil vor allem Griechenland und Italien stark von iranischen Einfuhren abhängig sind.
Angespannte Beziehungen
US-Vizepräsident Joe Biden rief die türkische Regierung im Atom-Streit mit dem Iran zu weiteren Sanktionen auf. Diese seien nötig, um den Weg zu einer Verhandlungslösung abzusichern, sagte Biden der türkischen Zeitung „Hürriyet“ vor einem Besuch in Ankara am Freitag. „Darum ermuntern wir unsere Partner, auch die Türkei, Schritte für neue Sanktionen gegen den Iran zu ergreifen“, sagte Biden.
Ungeachtet des sich zuspitzenden Atomstreits sind die bilateralen Beziehungen zwischen dem Iran und Großbritannien seit Jahrzehnten angespannt. 1989 beispielsweise hatte der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini zur Ermordung des britisch-indischen Schriftstellers und Koran-Kritikers Salman Rushdie aufgerufen. Dessen Roman „Die satanischen Verse“ war von islamischen Fundamentalisten als blasphemisch gebrandmarkt worden.
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