Dijsselbloem bleibt standhaft

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Vor einem Jahr startete der Niederländer Dijsselbloem als Chef der Eurogruppe. Keine leichte Aufgabe, zumal die Krise nicht überwunden ist. In Brüssel setzte der Nachfolger des Luxemburgers Juncker an der Spitze der Eurogruppe einen neuen Stil durch.

Gegelte Locken, randlose Brille und flotte Sprüche: Mit Jeroen Dijsselbloem weht ein frischer Wind in der Eurogruppe. Der niederländische Finanzminister führt seit einem Jahr (21.1.) den exklusiven Club der Euro-Kassenhüter. EU-Diplomaten bescheinigen dem Sozialdemokraten, er habe bereits einige Erfolge erzielt. Doch ihm fehle eine dauerhafte Absicherung auf dem rutschigen EU-Parkett.

Die Euro-Schuldenkrise war in Dijsselbloems erstem Jahr die größte Herausforderung. Der 47-Jährige profitierte davon, dass Mario Draghi als mächtiger Patron der Europäischen Zentralbank (EZB) die Finanzmärkte beruhigte. So will die EZB unter bestimmten Bedingungen Staatsanleihen von Problemstaaten kaufen. Der Eurozone droht nun kein Auseinanderbrechen mehr.

Noch keine Entwarnung

„Irland hat im vergangenen Monat sein (Hilfs-)Programm nach drei Jahren verlassen, Spanien nach nur einem Jahr“, resümierte der Niederländer unlängst zufrieden in Hongkong. Doch für Entwarnung ist es zu früh. Die Krise ist nicht endgültig überwunden. Sorgen gibt es beispielsweise wegen der instabilen politischen Lage in Italien. Im Frühsommer wird es erneut Bankenstresstests geben, die für neue Turbulenzen sorgen könnten, meinen Experten.

Dijsselbloem gilt im Euro-Club zwar als ein Vertreter der reichen Länder, die auf Budgetdisziplin achten. Doch die Lage in der Heimat ist für den gelernten Agrarökonomen alles andere als einfach. In Den Haag steht er vor leeren Kassen und ist mit politischem Widerstand gegen die „Brüsseler Sparpolitik“ konfrontiert.

Mühsamer Kompromiss in den Niederlanden

Nur durch einen mühsam errungenen Kompromiss mit drei Oppositionsparteien bekam die große Koalition von Rechtsliberalen und Sozialdemokraten in den Niederlanden im Herbst eine Mehrheit für weitere Milliardeneinsparungen. Die EU-Partner zeigen sich großzügig und räumen mehr Zeit zum Sparen ein. Im laufenden Jahr wird das Defizit 3,3 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen und damit 0,3 Punkte über dem Maastrichter Grenzwert liegen.

Im November verloren die Niederlande bei der Ratingagentur Standard & Poor’s die Einsernote „AAA“ für besonders gute Kreditwürdigkeit. Einen Monat später kürten niederländische Journalisten Dijsselbloem trotz alledem zum „Politiker des Jahres“.

Der Erbe Junckers

Der – nach dem Luxemburger Jean-Claude Juncker – zweite Eurogruppenchef begann seinen Brüsseler Job mit einem schweren Patzer. Beim Hilfsprogramm für das kleine Zypern sollten zunächst auch dortige Kleinsparer bluten – nach massivem Protest wurde die Entscheidung im vergangenen Frühjahr revidiert. Ungeachtet des Rückschlages kann Dijsselbloem es als Erfolg verbuchen, dass seit der Zypern-Krise andere Prioritäten gelten. Bei Bankenkrisen werden künftig verstärkt Anteilseigner und Gläubiger zur Kasse gebeten – und nicht sofort die Steuerzahler.

Einen weiteren Dämpfer erlebte Dijsselbloem im vergangenen Mai. Die beiden Euro-Schwergewichte Deutschland und Frankreich schlugen gemeinsam einen Vollzeit-Präsidenten für die Eurogruppe vor. Einige fassten das als Misstrauensvotum gegen den Holländer auf. Hinter den Kulissen gab es aufgeregte Telefonate, denn die Amtszeit Dijsselbloems endet offiziell erst Mitte 2015. Der Betroffene gab sich nach außen hin gelassen. «Ach, das wird schon lange diskutiert», lautete sein Kommentar.

Dijsselbloems lockere Bemerkungen haben ihm aber auch schon Unmut eingebracht. In einer niederländischen Talkshow plauderte er unlängst über Amtsvorgänger Juncker (59) und sagte, bei den Eurogruppen-Treffen dürfe nun nicht mehr geraucht und getrunken werden. Der luxemburgische Ex-Premier reagierte postwendend in der Luxemburger Presse, er habe kein Alkoholproblem und auch nicht vor, auf Äußerungen „in einer humoristischen Sendung“ zu reagieren.