Die Versicherer sind wieder frei

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LUXEMBURG – Die seit Juli 2011 geltende Konvention bezüglich der Bonus-Malus-Skala ist Geschichte. Jede Versicherungsgesellschaft kann das System wieder nach eigenem Gutdünken anwenden. Die Verbraucherschützer sind zufrieden.

Die Bonus-Malus-Skala ist Teil der Autohaftpflichtversicherung und erlaubt es unfallfreien Autofahrern, ihre Versicherungsprämie bis auf 45 Prozent des normalen Betrags zu senken. Fahrer, die viele Unfälle bauen, müssen indes damit rechnen, dass ihre Prämie den Basisbetrag überschreitet. „Diese Versicherung (die normale Haftpflichtversicherung) ist kein Teil der Vollkasko und nicht sehr teuer“, betonte der Direktor der ACA, Paul Hammelmann gegenüber Tageblatt.lu.

Das Bonus-Malus-System ist jedoch umstritten. 2004 reichten belgische Verbraucher Klage gegen die Skala in Belgien und in Luxemburg ein. Luxemburg entging der Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof indem sie die Richter davon überzeugte, dass der Bonus-Malus im Allgemeininteresse sei und maßgeblich zu der Verbesserung der Verkehrssicherheit beitrage.

Einheitliches System

Am 1. Juli 2011 beschlossen neun große Versicherungsunternehmen eine Reform des Bonus-Malus-Systems. Es sollte vereinheitlicht werden. Sie argumentierten, das „Commissariat aux assurances“ hätte dies verlangt, weil die Gesellschaften „den Versicherten zu viele Geschenke machten“. „Das großherzogliche Reglement war klar, was das System anbelangt. Nur eines hatte der Gesetzgeber vergessen. Den Begriff „Versicherungsvertrag“ klar zu definieren. Die Folge war eine Grauzone bei den Verträgen. Zusammen mit dem Bonus resp. Malus wurden sie vererbt, geteilt, weitergegeben usw. So versicherte der Opa einen Zweitwagen auf sich, nutzte dabei sein günstiges Bonus-Malus, überließ jedoch dem Enkel und Fahrneuling den Wagen. Das System war nicht mehr transparent. „Die einheitliche Interpretation sollte dieses Problem lösen“, erklärte der Direktor der ACA.

Die Gesellschaften entschieden zum Beispiel, dass jeder zusätzliche Wagen eines Versicherten bei der Basisprämie anfangen soll, egal ob der Fahrzeughalter bei seinem ersten Wagen von einem Bonus profitiert oder nicht. Des Weiteren wurde die Übertragung des Bonus nur auf Fahrzeuge derselben Kategorie erlaubt. Seinen Bonus von dem Auto auf sein Motorrad zu übertragen war nicht mehr möglich. Personen, die von einem Leasing-Vertrag auf einen persönlichen Vertrag umstiegen mussten, wieder beim Basisbetrag anfangen. Schließlich durfte ein Bonus nicht mehr zwischen verschiedenen Versicherten, übertragen werden (Zum Beispiel zwischen Eheleuten oder Großeltern und ihren Enkeln). Der Bonus konnte auch nicht mehr „vererbt“ werden.

Erboste Verbraucherschützer

Verbraucherschützer stiegen jedoch auf die Barrikaden. Die ULC (Union luxembourgeoise des consommateurs) reichte am 21. September Beschwerde beim Wettbewerbsrat gegen die neue Regelung ein. Für die Verbraucherschützer schränken die neuen Regeln den Wettbewerb zwischen den Versicherungen ein. Es hagelte Kritik an der Reform.

Jetzt rudern die Versicherer zurück. In einer von der ACA (Association des compagnies d’assurances), dem Dachverband der Versicherungsgesellschaften, veröffentlichten Pressemitteilung betonen sie, dass aufgrund der Diskussionen, welche die einheitliche Interpretation des Bonus-Malus provozierte, die Gesellschaften beschlossen hätten, wieder ihre firmeneigenen Regeln anzuwenden.

Definitiv vom Tisch

„Die Konvention wurde gekündigt und wird auch nicht mehr wieder belebt Die Beschwerde beim Wettbewerbsrat ist jetzt gegenstandslos“, betonte Paul Hammelmann gegenüber Tageblatt.lu. Und erklärt: „Alles hat zwei Seiten. Alles regt sich auf, dass der Bonus nicht mehr übertragen werden soll. Aber was sagen die Menschen, die sich einen zweiten Wagen zugelegt haben, mit einem der Wagen einen Unfall verschulden, aber dann für beide Autos Malus erhalten. Sie sind sicherlich nicht froh“.

Die ACA erinnert daran, dass die Festlegung des Basisbetrags der Versicherungsprämie keinem Gesetz unterworfen ist. Lediglich die Funktionsweise des Bonus-Malus-Systems ist im großherzoglichen Reglement von 2003 festgelegt. Daran müssten sich alle Versicherer halten. Die Skala sei ein „neutrales und objektives“ Instrument, das die Transparenz der Prämien erhöhe, so der Dachverband. Im Falle einer Beanstandung der Prämie hätten die Fahrzeughalter immer noch die Möglichkeit, Klage beim paritätisch besetzten Vermittlungsausschuss der ACA-ULC einzureichen. Vorsitzender dieses Gremiums ist der ehemalige Präsident der Bezirksgerichts Luxemburg, Pierre Gehlen.

Das Hurra der Verbraucherschützer

Die ULC begrüßte in einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung die entscheidung der Versicherungsgesellschaften. Die Verbraucherschutzorganisation rät den betroffenen Verbrauchern von
ihrer Versicherungsgesellschaft zu verlangen, die Tarifstruktur neu zu berechnen.

Die ULC erinnert daran, dass durch das Wettbewerbsgesetz von 2004 die Preiskontrollen in Luxemburg abgeschafft wurden und seitdem die Preisbildung sich ausschließlich nach Angebot und Nachfrage gestaltet. Unabdingbare Bedingung ist dann
allerdings, dass die Wettbewerbsregeln in keiner Weise verzerrt werden.