Die Retter der Menschheit – vielleicht

Die Retter der Menschheit – vielleicht
(Jean-christophe Verhaegen)

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Asteroiden sind eine feine Sache, vor allem wenn sie ihre Rohstoffe preisgeben. Doch wenn sie mit Mach 50 in Richtung Erde rasen, haben sie das Potenzial, die Menschheit auszurotten. Die Foundation 612 will unseren Planeten davor schützen.

Als der Astronaut Ed Lu in der Raumstation ISS aus dem Fenster schaute, sah er auf der einen Seite den von Kratern übersäten Mond und auf der anderen den blauen Planeten. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die Erde von Einschlägen verschont würde, doch auch sie „wurde schon sehr oft getroffen, Einschläge sind nicht so selten wie man glauben könnte.“

In der Geschichte der Erde gab es rund 5.000 Einschläge, die das Potenzial hatten, die ganze Menschheit auszurotten. „Es ist wie in einem Kasino“, meint Lu. „Man kann einmal gewinnen, doch das wird nicht immer der Fall sein.“ Jeden Augenblick könnte ein Milliarden Tonnen schwerer Brocken aus dem Himmel fallen und auf der Erde einschlagen. Dies war im Jahr 2013 in Russland der Fall. „Die NASA erfuhr von der Existenz des Meteors von Tscheljabinsk erst nach dessen Einschlag, als Zeugen über dieses Ereignis twitterten“, meinte der Weltraumstratege John Carrico. „Die Menschheit muss dieses Problem lösen“, so Lu.

NGO widmet sich den Lösungen

Die Lösung dieser Aufgabe hat sich die „Foundation 612“ auf die Fahnen geschrieben. Der Name dieser NGO geht auf den fiktiven Asteroiden B612 aus Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ zurück. „Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“: Dieses Zitat aus der Erzählung treffe wunderbar auf die Meteoroiden zu, sagt Lu, der CEO und Mitbegründer der Organisation. „Nur 0,25 Prozent aller Meteoroiden wurde bisher entdeckt.“

Heute würde die Technik es erlauben, den Planeten und alles, was sich darauf befindet, vor dieser Gefahr zu schützen. Der Erfolg von privaten Raumfahrtunternehmen wie SpaceX zeige, dass die Kosten für solche Missionen tragbar seien, meinte Jonny Dyer, Chefingenieur bei Terra Bella, einem Betreiber von Erdbeobachtungssatelliten.

Asteroiden auf Kollisionskurs aufspüren

Bisher seien Innovationen zuerst weit über den Wolken eingesetzt worden, um dann später den Weg zur Erde zu finden. Bei der „zweiten Welle“ privater Raumfahrunternehmen sei es genau umgekehrt.

In modernen Telefonen würden Bauteile stecken, die auch für Spacetechnik eingesetzt werden könnte. In jedem Smartphone stecken Trägheits- und Bildsensoren, die günstig in der Herstellung sind und sich für die Zwecke der NGO eignen. Auch leistungsfähige Computernetze können die notwendige Rechenleistung liefern. Diese werden gebraucht, um die, laut Lu, wichtigste Aufgabe zu lösen: das Finden und Katalogisieren von Asteroiden auf Kollisionskurs mit der Erde.

Es braucht viel Rechenleistung

Dies sei mit Abstand die schwierigste Aufgabe der „Planetary Defense“. „Asteroiden sind nicht sehr groß“, meint Lu. Wenn sie mit hoher Geschwindigkeit Zehntausende Meilen von der Erde entfernt durch das Weltall fliegen, sei es nicht einfach, sie zu entdecken, und noch schwieriger, ihre Laufbahn vorherzusehen. Schwierig, doch nicht unmöglich. „Kleine Satelliten mit Teleskopen schaffen dies.“ Eine weitere Herausforderung ist, dass nicht alle Asteroiden gleichzeitig gefunden werden können. „Es ist sehr schwierig, hinter die Sonne zu sehen“, so Lu. Außerdem sei es nicht offensichtlich, einen Asteroiden, der hinter dem Himmelskörper verschwand, zu identifizieren, wenn er wieder sichtbar ist.

Der zweite Schritt ist nicht weniger anspruchsvoll. Nachdem ein Asteroid gefunden und katalogisiert wurde, muss errechnet werden, ob sich dieser auf Kollisionskurs mit der Erde befindet. „Dazu braucht es viel Rechenleistung“, erklärt Lu. Es sei besonders wichtig, die Gefahr rechtzeitig zu entdecken, 20 Jahre vor dem Einschlag seien ideal. „Dann sind die Kosten für eine Ablenkung von der Laufbahn nicht so hoch.“ Die Foundation B612 arbeitet an der Erstellung einer Karte, auf der alle bisher entdeckten Asteroiden verzeichnet sind, und die sie der Menschheit gratis zur Verfügung stellen will.

Verschiedene Ablenkungsmanöver

Nachdem so ein Himmelskörper auf Kollisionskurs entdeckt wurde, muss entschieden werden, wie dieser am besten abgelenkt werden kann. Die Art, wie dieser vorletzte Schritt ausgeführt werden kann, hängt auch vom Zeitpunkt der Entdeckung ab. Im Idealfall reicht es aus, ein kleines Raumschiff hochzuschicken, das dann andockt und mit dem Asteroiden Manöver fliegt. Aber auch eine rabiatere Art ist vorstellbar, nämlich indem ein Projektil mit hoher Geschwindigkeit auf dem Asteroiden einschlägt und ihn so von seiner Laufbahn abbringt.

„Je früher man den Himmelskörper entdeckt, desto einfacher ist es, ihn aus seiner Laufbahn zu bringen“, so Lu. Dann würde ein Abweichen von nur ein paar Zentimetern ausreichen, um die Gefahr zu bannen. Die Kosten für eine solche Mission schätzt der ehemalige Astronaut relativ niedrig ein, mehrere 100.000 Dollar sollen dazu ausreichen.

Falls der Asteroid aber zu spät entdeckt wurde, müssen andere Geschütze her. „Dann könnte es notwendig werden, eine Atombombe hochzuschicken.“

Der letzte Schritt bei der Verteidigung ist die Überprüfung, ob das Himmelsobjekt dann auch wirklich von seinem Kollisionskurs abgelenkt wurde. Laut dem CEO sei die Menschheit schon in etwa zehn Jahren so weit, um den Planeten vor solchen Asteroiden zu schützen.